Weil Hirne wie Tauben sind

Matto Kämpf kennt man witzig und makaber. Der Berner Oberländer, der Märli-Onkel. Auch in seinem neusten Buch Tante Leguan ist der Humor spitzig, kitzelt also, wenn er sanft streicht und schmerzt bei jedem Stich. In Solothurn liest er aus seinem Roman und plaudert mit der Schriftstellerin Milena Moser. Das Kamishibai-Theater bebildert eines seiner Kinderbücher, und dann muss er sich auch noch ein Interview gefallen lassen. Er spricht über Humor, Tod und wieso seine Werke sind, wie sie sind. 

Ich hab Sie gestern beim SRF-Gespräch mit Milena Moser im Publikum gesichtet. Für heute war ein Schriftsteller-Dialog mit Ihnen geplant. Wollten Sie Ihr Gegenüber vorab ausspionieren?

Nein, aber ich habe gedacht, ich erfahre vielleicht noch etwas über das Buch. Man hat ja schon die Angst, dass so ein Gespräch komplett abstürzt. Dann hätte ich auf etwas zurückgreifen können.

Für das Gespräch sind Sie ja einander zugewiesen worden. Hat das funktioniert?

Es war angenehm, ich finde das Buch wirklich sehr gut. Sie ist routiniert darin, auf der Bühne über ihre Bücher zu reden und den Leuten zu erklären, wie sie denn schreibt. Daher eine angenehme Bühnenpartnerin.

Zu Beginn haben Sie aus Mosers Buch Land der Söhne und Moser aus Ihrem Buch Tante Leguan gelesen. Haben Sie in Ihrem Text etwas Neues gefunden durch die Weise, wie er von Moser gelesen wurde? Vielleicht ein wenig dem Text entgegen gelesen?

Man kann sich nicht vorstellen, wie Leute den Text lesen. Als ob er nicht von einem selber wäre. Man fragt sich: Ist das jetzt gut – oder schlecht? Es wird spontan ganz anders betont. Ich habe nach zwei-, dreimal lesen so einen Duktus, der bei allen Lesungen identisch bleibt. Heute dachte ich: Ah shit, Leute lesen es ja doch anders.

Als Erzähler haben Sie doch eine einprägsame Stimme. Wie war es, damit einen fremden Text zu lesen?

Ich hatte den Text am Nachmittag schon geübt – also nicht laut. Ich wollte ihn nicht in meinen Stil übertragen, nicht so lustig, so quirlig. Eher wie ein Schauspieler im Radio, sachdienlich gut lesen.

Zitate der Verlagswebsite. Kanton Afrika: «Ein erstaunlich langer Text von Matto Kämpf – fast schon Literatur.» Heute Ruhetag: «Ein erstaunlich dickes Buch von Matto Kämpf – fast schon ein Klassiker!» Jetzt also Tante Leguan, 152 Seiten, schon wieder ein Quasi-Epos. Schieben Sie bald die ruhige Kugel bei den Romanciers?

Das ist schon das Maximum. Satire erschöpft sich doch schnell mal und man hat verstanden, worum es geht. Man kann sie wegschicken und Kreise machen lassen, aber irgendwann ist dann auch gut. Es gibt Bücher, wie bei Moser, die könnte ich nie schreiben – unmöglich. Vielleicht müsste ich zu vier Jahren Haft verurteilt werden. Wenn ich frei bekommen würde und keine Mini-Kühe basteln müsste, dann vielleicht einen Berner-Oberland-Roman über 27 Generationen.

Sie schreiben Postkarten, Kinderbücher, Kolumnen, Erzählungen, machen Spoken-Word bis Film, Musik und Comedy. Wie entscheiden Sie sich für eine Form?

Ich bin so ein Ideenkünstler. Ein Dokument in meinem Compi, das heisst Lager, in das kommt alles rein. Ideen, Sätze, Situationen, Dialogstellen, Dialoge. Die haben erst noch keine Funktion. Und wenn ich mir etwas vornehme, schaue ich das durch und denke, dass der Satz doch die Lena sagen könnte. Meist ist es ein freies Sammeln, wenn ich unterwegs bin. Aber nur vor dem Compi kommt nichts, höchstens ein besseres Adjektiv. Und sobald man im Bus ist, einkaufen geht oder auf dem Weg zum Altglascontainer, dann passiert etwas. Das Hirn braucht Futter wie Tauben.

Viele Ihrer Ideen schöpfen Sie aus einem Fundus aus Sagen, Märli, auch geschichtlichen Ereignissen. Kennen Sie die einfach, oder wo sammeln Sie die ein?

Sagen und Märli sind eine faszinierende Form, um zu erfinden. Das hat etwas Altehrwührdiges, das in Stein gemeisselt ist. Ich behaupte dann, ein grosses Murmeli hat im Berner Oberland die Welt erschaffen. Ein grosses Gebiet sind auch die alten griechischen Sagen, die hab ich nie nachgelesen, aber die höre ich viel. Zum Abwaschen griechische Sagen.

Dem steht Tante Leguan mit einer beinahe schon alltäglichen Handlung entgegen. Wieso das?

Erst war da die Idee dieses Mittdreissiger-Gefühls. Dann hab ich plötzlich die drei Journalisten vor mir gesehen. Die reden über Sachen, die sie gesehen haben, ob sie es scheisse finden oder nicht. Ein lustiges Thema, aber eigentlich geht es mehr um den Groove. Alle, die über das Buch reden, sind Kulturjournalisten. Die fragen, wo mein Problem sei und bestehen darauf, dass es gar nicht so sei. Die drei könnten aber auch an einem anderen Ort arbeiten und wären genau gleich. Halbbatzig Schule geben oder schlechte, halbbeliebte Dozenten.

Zitat aus Tante Leguan: „faul, zynisch, melancholisch und scharfsinnig. – Wie wir.“ Sie mit Mitte dreissig?

Jaja, es ist doch einfach ein Groove, den man zelebriert. Viele Freunde haben mittlerweile seriöse Berufe und Familie, aber sobald man abends mit Bier auf dem Balkon sitzt, fällt man in diesen Groove zurück. Man schimpft über Politiker und findet eigentlich alles scheisse. Wie früher.

Auch bei Ihren Vortragsarten kann man von wirtschaftlicher Diversifikation sprechen. Diashow, Fake-Radiosendung, mit Musik und Film, heute auch als Bildtheater. Sind Wasserglaslesungen fade?

Jein. Bei Lesungen, wie in einer Kantonsbibliothek mit Neonlicht und ohne Bühnencharme, hatte ich nach einer halben Stunde oft das Gefühl, dass ich jetzt wieder nach Hause verschwinden möchte. Aber im Vertrag steht dann halt 60 Minuten. Und dann fand ich es super, einfach nach einer halben, dreiviertel Stunde das Licht auszuschalten und so Bilder anzuschauen. Dann kucken die Leute mich nicht mehr so an. So habe ich dann die erste Diashow-Lesung erfunden.
Früher, als ich vielleicht 20 war, konnte die meisten Autoren nur sehr schlecht lesen. Das war überhaupt kein Kriterium. Bei einer Max Frisch-Buchtaufe hat er irgendwie zehn Minuten gelesen, dann redete er noch sehr lange mit dem Verleger und dann gab’s Apéro. Heute liest man länger und besser, routinierter, weil es ein wichtiger Teil geworden ist.

Bei einer Diashow zeigen Sie ausgestopfte Giraffen, hobbymässig von Ihrem Vater. Nächstes Dia: Leichenkeller, auch vom Vater ausgestopft. Gibt es etwas, worüber Sie nur ernst schreiben würden?

Nein. Ich würde über etwas Ernstes schreiben. Es gibt nichts Lustigeres als den Tod. Ein grosser Erzeuger von Komik. Nicht, dass es lustig ist zu sterben, aber eine Beerdigung ist ja voller Komik. Alles so erhaben, wie man sich benimmt. Das hat so etwas Hilfloses im Verhalten. Man kann über alles mit Humor schreiben.

Und was ist so reizvoll am Humor?

Darunter liegt vielleicht eine Art Sinnsuche. An Konzepte von Lebenssinn oder Religion glaube ich nicht, aber wenn man eine amüsierte Grundstimmung hat, ist man doch einfach glücklich und zufrieden. Wenn mir etwas Lustiges in den Sinn kommt, bin ich wieder versöhnt mit der Welt.
Als ich vielleicht 17 war, lief Monty Python schon in der x-ten Wiederholung. Die haben eine 20-minütige Show gemacht, auf ORF mit deutschen Untertiteln. Jede Woche habe ich die gekuckt. Wenn man Kunst machen will, dachte ich, dann so. Lustig, aber auch absurd. Sketche hören mittendrin auf, dann kommt was komplett anderes, und wenn ihnen nichts mehr einfällt, fällt von oben ein grosses Gewicht herunter. So wollte ich Kunst auch machen; wenn schon.

Wie Monty Python arbeiten auch sie viel mit anderen. Als Die Eltern, als Gebirgspoeten. Unterscheidet es sich stark vom Arbeiten alleine?

Bei Gebirgspoeten sitzen wir alle zusammen vor einem Laptop, damit man nicht alleine zuhause rumsitzt. Es ist lustig, wie man auf andere Ideen kommt. Man schreibt was, das dann jemand falsch versteht. Auch schon Zugfahren ist alleine langweilig. So hat man Treffpunkt Bahnhof Bern und fährt irgendwo gemeinsam hin. Ist sozial einfach interessanter.

Also auch ein wenig wie Ihre drei Charaktere in Tante Leguan

Ein lustiges Reisegrüppli.

Wenn die drei hier sässen, würden Sie ihnen etwas raten?

Ob sie noch ein Bier wollen. Die wären in irgendeinem Sofa versunken, abgesunken. Am Rauchen und Tapas bestellen.

Abschlussfrage: Was ist der letzte Satzfetzen, der Ihnen geblieben ist, den Sie behalten haben?

Grad heute hat Milena Moser gesagt, mit meinem Buch hätte sie drei lustige Abende gehabt. Als ich darauf antworten wollte, haben Sie grade mein Mikrofon stumm geschaltet. Den Satz schreib ich mir noch auf, als kleines Bonmot:

Immer wenn man lacht, will man sich doch einfach kurz nicht umbringen.

 

 

Autorenfoto; (c) Der gesunde Menschenversand GmbH (ohne Sprechblase).

Kreativ im Kollektiv

Der Wal ist ein grosses Tier. Ruhig. Langsam. Faszinierend.

Und bei Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger kann er sogar fliegen. Die  Illustratorin und der Grafiker haben mit Ida und der fliegende Wal ein ganz besonderes Kinderbuch geschaffen, das definitiv auch Erwachsene in seinen farbintensiven Bann zieht.

Der Eintritt in diese anderen Welten beginnt um 16 Uhr in der Säulenhalle. Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger lesen im Wechsel aus ihrem Kinderbuch vor, im Hintergrund ziehen die Illustrationen als Präsentation auf Leinwand vorbei. Die kleine Ida mit gelben Gummistiefeln und roten Haaren begibt sich eines Nachts mit dem fliegenden Wal-Koloss auf eine Reise der ganz besonderen Art. Sie erkunden Welten, in denen oben unten und unten oben ist, Welten des Nichts, in denen ein Sturm tobt, in denen Einsamkeit herrscht und in denen Ida Freunde fürs Leben findet.

Doch bis Ida auf ihre zauberhafte Reise gehen konnte, war es ein langer Weg, wie Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger Schritt für Schritt erläutern. „Ein Herzenswunsch“ sei das Veröffentlichen eines eigenen Kinderbuches schon lange gewesen. Der Prozess habe viele Diskussionen, Nächte, Grübelstunden und eine zweiwöchige, in der Toskana abgeschottete Zeichenphase gefordert. Das Ergebnis kann sich eindeutig sehen lassen. Die wasserfarbenen Bilder wirken leicht und weisen dennoch eine beeindruckende Tiefe auf.

Die Rezeption von Kindergartengruppen sei stets überwältigend gewesen, erzählen sie, und auch wenn das Publikum in der Säulenhalle nicht vor schierem Unglauben ausgerufen hat, so waren die Augen mindestens genau so gross wie bei den Kindern. Faszinierend.

Wotsch mit scharf?

Der Kopf ist voll mit Worten, Impressionen und Erinnerungen – und der Magen?

Eine schnelle, unkomplizierte Gelegenheit zu finden, um sich den Bauch vollzuschlagen, ist in Solothurn gar nicht so einfach. Es gibt genügend Restaurants, die zum Verweilen einladen. Schnelle Verpflegungen zum mitnehmen, die sich während dem Flanieren durch die Solothurner Innenstadt verspeisen lassen, sind hingegen rar. Dennoch, eine kleine Nische zwischen Stadttheater und Landhausquai scheint sich eindeutig einen Namen gemacht zu haben.

Die Pittaria hat sich spezialisiert auf Take-Away-Bestellungen (einige wenige Sitzplätze gibt es zwar auch, aber die sind grundsätzlich besetzt) und bietet während dem Schlangestehen Entertainment in der Form zweier aufgestellten Pitta-Meister. Die Besucher der Literaturtage strömen in Scharen durch die Eingangstür und schauen gebannt zu, wie die beiden hinter dem Tresen hin und her wirbeln, füllen, bestreichen, backen und kassieren, als gäbe es kein Morgen (gibt es doch – der letzte Tag der 41. Solothurner Literaturtage steht bevor).

Auch im Angebot der Pittaria findet sich für jeden und jede etwas: Von Hummus über Halloumi bis zu Falafel, Spiessen und Burgern wird alles zwischen zwei Brothälften gelegt und randvoll gefüllt – und mit randvoll meinen wir randvoll; eine Extraserviette ist dringend empfehlenswert.

Die Portionen sind stattlich – dafür ist die Pittaria auch nicht die preisgünstigste Option, die man finden kann. Trotzdem ist sie eine der besten Adressen während der Solothurner Literaturtage. Nur nicht vom Mittagsansturm einschüchtern lassen.

Intervista a Zerocalcare: tra parole e immagini

Michele Rech, in arte Zerocalcare: forse uno dei personaggi più attesi alle Giornate Letterarie di Soletta. Anche senza il forse.

Giovane fumettista italiano, nasce nel 1983 a Cortona, ma vive a Roma. Il suo talento è riconosciuto da numerosissimi premi e la sua notorietà si estende ben oltre i confini italiani. Lo stesso vale per il suo blog, su cui vengono pubblicati racconti brevi di natura autobiografica: https://www.zerocalcare.it/.

Il numero delle persone sedute nella Landhaussaal del Landhaus conferma le aspettative. Dopo la presentazione di Macerie prime – Sei mesi dopo (2018), graphic novel che fa seguito a Macerie prime (2017), Zerocalcare prende posto al tavolo degli autografi. Nessuno demorde: né le persone in fila in attesa di una dedica, né la mano dell’artista che ne confeziona una sempre personalizzata.

   
Il suo pennarello nero scorre su tutte le superficie che gli vengono sottoposte – pagine, borse, magliette – con tratto veloce e sicuro, per tre ore e mezzo, senza pausa.

Le domande che si potrebbero e si vorrebbero fare a Zerocalcare sono moltissime e diverse tra loro. Ma si scelgono due aspetti su cui concentrarsi: la lingua del fumetto e il rapporto tra l’immagine e la parola.

Come usi il dialetto e che ruolo ha nei tuoi fumetti? Hai già preso in considerazione l’idea di fare un fumetto solo in romanesco?

Alterno il dialetto all’italiano o in una stessa frase o in una didascalia in alto, come contrappunto al dialogo. A me interessa soprattutto lo switch tra l’italiano, quello definibile aulico, e l’italiano regionale, cioè il dialetto, romanesco nel mio caso. È proprio questa alternanza dei registri linguistici che permette di ottenere la comicità. La comicità, infatti, nasce proprio da questa opposizione linguistica. Fare un fumetto solo in dialetto, quindi, impedirebbe di ottenere, secondo me, questo effetto e farebbe sparire tutta la comicità.

Quale rapporto c’è per te e nei tuoi fumetti tra l’immagine e la parola? L’immagine traduce esattamente la parola, sottrae o aggiunge informazioni?

Partiamo dal fatto che anche le immagini, da sole, sanno raccontare una storia. Infatti, secondo me, un buon fumetto riesce ad essere letto e capito anche solo seguendo le immagini. Senza doverci pensare, mi sento di dire che la parola aggiunge informazioni, racconta sempre qualcosa in più. Non sono un virtuoso del disegno, ma posso dire che ho cura nelle recitazioni. I gesti, i movimenti del corpo – per esempio una mano che afferra un oggetto – le espressioni facciali dei personaggi, tutte cose queste, insomma, servono a far recitare i personaggi. Questa mia cura, cui tengo moltissimo, nella recitazione su carta si avvicina al modo di pensare e di fare del e nel cinema.

Visto che è emersa la parola „cinema“, la prossima domanda sorge spontanea. Nel 2017 è uscito il film La profezia dell’armadillo, tratto proprio dal tuo fumetto omonimo. Quale differenza c’è tra l’immagine su carta, apparentemente statica, dei tuoi fumetti e l’immagine dinamica e, soprattutto, cinematografica?

Sono due tipi diversi di immagini o, meglio, sono tipi di immagini con due visioni diverse. In ogni immagine c’è più di un punto di vista: dipende da chi scrive, da quale prospettiva si guarda, da quale angolazione è fatta l’inquadratura, da chi è la voce narrante, eccetera. La parola dei miei fumetti ha la mia visione, quella di Zerocalcare; la parola del film ha la visione di Emanuele Scaringi, il regista, che ha messo la sua visione sia sul piano narrativo, sia sul piano estetico. E va bene così, perché è lui il registra del film, io ho scritto solo la sceneggiatura. Ma se io facessi un cartone animato, sicuramente le immagini sarebbero più simili a me e alla mia voce.

La curiosità fa venire subito un’altra domanda legata all’esempio che hai fatto con il „se io facessi…“. Tra i tuoi progetti c’è anche quello di fare un film tutto tuo o un cartone animato?

Oh, hai voglia! (risponde in romanesco). Questo progetto c’è eccome, già da un po’ di tempo. Se tutto va bene, il cartone animato arriverà l’anno prossimo. I miei fumetti hanno sempre una colonna sonora, ma il cartone animato mi permetterebbe di inserire ancora più elementi: fare avvicinare, ancora di più, il mio punto di vista al pubblico e di dare la mia voce. Nel fumetto c’è spazio per l’interpretazione: il lettore, per esempio, può immaginare cosa succede tra una scena e l’altra, quali siano i passaggi, eccetera; nel cartone animato, invece, tutto è già fornito, da me. Sono molto curioso di vedere cosa uscirà e come verrà recepito dal pubblico.

Si ringrazia Michele Foschini, editore della BAO Publishing, e si fa un ringraziamento speciale a Zerocalcare per aver reso possibile questa intervista!

Paradiesvögel auf der Suche nach dem Paradies

Unkonventionelles Styling, unkonventionelle Texte, unkonventionelle Musik und ein unkonventioneller Auftritt. Das ist das erfrischende Sprechkonzert des Duos Loretta Shapiro, bestehend aus Katja Brunner und Sophie Aeberli. Katja Brunner studierte literarisches Schreiben in Biel und szenisches Schreiben in Berlin. Ihre Kollegin Sophie Aeberli ist Pianistin und Performerin. Die beiden stechen heraus, heben sich von der Masse ab, lassen sich schwer kategorisieren und sind darüber hinaus sehr sympathisch. Aeberli trägt blauen Lippenstift und eher alternative Kleidung. Brunner eine knallrote Merida-Mähne und mehrere Statement-Ketten. Ein Statement ist auch ihr Sprechkonzert. 

Es ist ein buntes, wildes und ziemlich schräges Gesamtkunstwerk, das uns die Beiden präsentieren. Sie sprengen die Erwartungen gleich zu Beginn und brechen bereits beim Eintreten in den Kinosaal das erste Tabu. Die Gäste werden nämlich am Eingang mit einer Blume ausgestattet und mit den Worten „mis herzliche Biileid“ begrüsst. Es folgt der Abstieg in makabere Thematiken. Richtig traurig wird’s dann aber doch nicht. Eher lustig und warmherzig. Mit viel Witz, starker Sprache und einnehmender Performance unterhalten sie auf allen Ebenen und regen zum Nachdenken an. 

Der Tod ist ein wiederkehrendes Motiv in den jeweils etwa 2-6 minütigen Stücken, deren Reihenfolge der Zufall bestimmt. Das nächste Stück wird nämlich jeweils von jemandem aus dem Publikum aus einer Wollmütze gezogen. Es geht um Mütter, die sich fragen, aus welchem „hässlichen Teil der Gehirnlandschaft“ ihrem jugendlichen Sohn die Idee zugelaufen ist, sich umzubringen. Um hungrige Maden, die sich darüber beschweren, dass Menschen einfach nicht mehr sterben. Oder um die Frage, wie so ein grosser Opa in so eine kleine Urne passt. 

So allgegenwärtig wie der Tod ist auch die Frage nach der Zukunft. Was kann man denn unseren Kindern noch bieten, in einer Welt mit „schäbigen Perspektiven“ wo uns bald „nur noch die Schaben bleiben“? In einer digitalisierten, rationalisierten, oberflächlichen, schein-harmonischen Welt, in der es Sex-Roboter gibt, die lernen wollen, was Liebe heisst. Und in der man sich die Genitalien chirurgisch verschönern kann: Es gibt vierzehn verschiedene Typen von Schamlippen zur Auswahl. Hinter den oft konfusen Geschichten steckt nicht nur viel Galgenhumor, sondern auch eine grosse Portion Gesellschaftskritik.

Die Texte von Loretta Shapiro sind teilweise derb, sie strotzen vor Ehrlichkeit und Unverblümtheit und machen die Sprache spürbar. Durch die experimentelle musikalische Untermalung wird sie noch fassbarer. Die verschiedenen Stücke könnten nicht unterschiedlicher sein. Von lateinischer Gregorianik über stimmverzerrte Roboter-Philosophie zu derartig schnell vorgetragenem Sprechgesang, dass man ihn kaum versteht. Man muss auch nicht alles sofort verstehen. Loretta Shapiro gehen einem definitiv nicht so schnell aus dem Sinn.

Das Wort «Eskapismus» hat sie schon mit 7 gelernt

Nell Zink spricht richtig gut Deutsch mit nur leichtem Akzent. Die Amerikanerin ist schon viel in der Welt herumgekommen, momentan lebt sie in Deutschland. Trotzdem liest an diesem Morgen ein Profi für sie die Textpassagen. Günther Baumgarten erweckt mit seiner sonoren Stimme die Geschichte zum Leben, die an einem College in Virginia in den 60er Jahren spielt. Bereits im ersten Textauszug geht es mit den Protagonisten richtig zur Sache: Der schwule Literaturprofessor und Dichter Lee begibt sich mit der Studentin Peggy ins Kanu. Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte bzw. «Sexgeschichte», wie Zink sogleich präzisiert, beginnt.

Ich frage mich, wie die anzüglichen Beschreibungen aus Zinks Mund wohl klingen würden, in ihrem melodiösen kalifornischen Englisch. Gewiss wäre dies eine ganz andere Lese- bzw. Zuhörererfahrung. Die verschwundene Welt der 60er Jahre wieder aufleben zu lassen, das sei Zinks Absicht gewesen. Die Gesellschaft sei damals noch ganz anders gewesen. Sie selbst sei absolut nonkonformistisch erzogen worden und habe das Wort «Eskapismus» bereits mit Sieben gelernt. Das kann man fast nicht glauben, wenn man sich solche Textpassagen anhört.

Schade, dass das Gespräch allzu oft in Biographisches abdriftet; gerne hätte ich noch etwas mehr über Peggys Geschichte erfahren. Interessant ist auch die Frage, wieso der Deutsche Rohwolt Verlag den ursprünglichen Titel von Zinks Roman «Mislaid» mit «Virginia» übersetzt hat. «Mislaid» bedeutet auf Deutsch schliesslich so viel wie «verlegt (werden)». Schade, dass die vielen Bedeutungsmöglichkeiten, die in diesem Titel mitschwingen, nicht in die deutsche Übersetzung mit eingeflossen sind.  Ist Peggy wohl die vom Leben «Verlegte» und im Leben «verloren gegangene» Figur dieser schwierigen Familiengeschichte?

Solhora

Soleure. Au Solheure café. Ou sol hora en espagnol, c’est-à-dire l’heure, ou le temps du soleil. Car du soleil, il y en avait à Soleure ! Une atmosphère d’été rouge et bleu planait sur la petite ville alémanique en ce vendredi 31 mai 2019.

Bleu, d’abord, comme la couleur pure de l’Aar, fraîche et désaltérant la vue. Charme, et sans doute fierté de Soleure.

Rouge ensuite, comme le thermomètre ! Celui-ci s’est arraché au-dessus des 25, voire des 30 degrés Celsius, après un printemps très frais. Le premier vrai coup de chaud de la saison, et ça tombe à pic pour l’ouverture de cet heureux Festival des Journées littéraires de Soleure !

Orange aussi. Comme les lunettes d’Odile Cornuz qui, lors d’une brève lecture l’après-midi, en extérieur, nous a fait découvrir sa nouvelle prose poétique, Ma ralentie (2018). Fascinant ! Rythme et courbes de l’œuvre (déjà soulignés dans un autre article publié plus tôt) nous rappellent les méandres, les accélérations et les ralentis de la Sarine, qui nous ramène au fleuve sémantique et à la poésie de l’Aar. « Mais que chaud ! » comme disait ma grand-mère bédjuasse. Je ne pouvais m’empêcher de penser que, derrière leur regard vif et amusé, les yeux de la pauvre Odile devaient souffrir de parcourir des pages ultraviolettes, rendues telles par « la rigueur du soleil » – autre expression d’une arrière-grand-tante bédjuasse. Même les bras de l’une de mes collègues, pourtant habitués aux grandes chaleurs, devenaient comme deux toasts à point qu’elle tentait désespérément de cacher sous sa veste en boule.

Incolore encore – « Trop de transparence tue la transparence », nous confiera le lendemain Daniel Sangsue. Couleur sans couleur des spectres. Les spectres de Sangsue, ses compagnons de voyage, ses amis qu’il traîne partout avec lui, dans ses bagages comme dans ses livres, ces ectoplasmes qui le perturbent parfois, mais qui le suivent sans doute avec amusement. Et nous avons rencontré ce doux chasseur de fantômes à midi déjà, en partageant un repas avec lui, puis lors d’une lecture de son Journal d’un amateur de fantômes (2018) – à l’intérieur cette fois-ci. Mais les esprits n’étaient pas le seul atout que Sangsue avait dans sa manche ; il avait aussi l’esprit, celui de David Collin en l’occurrence, qui, dans un dialogue intelligemment construit, mais non moins improvisé, intervenait toujours au moment juste, à la seconde exacte, respectant les silences les plus éloquents, pour glisser une remarque ou une question pertinente et juteuse à souhait ! Expert de la radio, et ça se voit ; sacré malin, sacré Collin, va ! Aussi, au fil de ce dialogue très chaleureux, très amical, nous avons découvert que les histoires d’outre-tombe allaient bien souvent de pair avec la notion de fantastique, au sens de Todorov. Une histoire de fantômes, c’est avant tout l’histoire d’une hésitation entre une explication rationnelle – mais souvent insatisfaisante, comme l’a souligné David Collin – et une explication irrationnelle. Mais les histoires de revenants, ce sont aussi des histoires de rencontres avec des personnes connues de notre passé, avec Gilbert Sangsue par exemple, le père de Daniel, avec Madame Breton, la femme de l’écrivain célèbre, ou encore avec un ancien camarade chinois en mobilité à Rennes, retrouvé à la Fudan University de Shanghai, trente ans plus tard, et tout à fait par hasard !

Vert, comme le Bonsaï (2018) de Baptiste Gaillard, qui finalement non, n’est pas un livre de jardinage.

Vert jauni, comme l’argent de la surconsommation, qui nous épuise et s’épuise. Rinny Gremaud en connaît un rayon, et même plusieurs ! ayant parcouru de long en large des giant malls, centres commerciaux aux dimensions invraisemblables. L’écrivaine et journaliste suisse, aux origines sud-coréennes, nous en offre un aperçu critique dans Un monde en toc (2018).

Deep purple également. Comme la profonde réflexion qu’a menée Douna Loup. D’abord pour nous proposer son Déployer (2019) dans une forme originale en sept carnets. Ensuite pour nous le faire découvrir au travers de lectures revêtant elles aussi une forme peu commune, dans le monde littéraire. Quelle forme ? Aidée d’un looper – cet instrument électronique si chouchouté dans l’univers de la beatbox –, Douna Loup nous a donné une véritable performance, créant un univers de sons simples, mais si percutants, me rappelant des chants de gorge inuits.

Multicolore. Soleure, ou solhora, c’était tout ça à la fois, en ce vendredi 31 mai. Et les jours qui suivront ne s’annoncent pas des moindres ! En Valais, ce matin de 1er juin, j’ai entendu dire qu’aujourd’hui serait la journée la plus chaude depuis le début de l’année 2019, et on peut légitimement penser que ce sera aussi le cas à Soleure, où la température était déjà si élevée la veille ! Quelques heures plus tard, arrivé dans la cité du livre, j’observe des pigeons ramiers profitant des ombres d’un parc, deux corbeaux se désaltérant dans une fontaine, et un foulque macroule nageant seul dans l’Aar qui reflète les rayons du soleil. Ce sera décidément une chouette journée !

Je vous laisse, je vais écouter ma nouvelle amie Odile Cornuz, qui nous propose aujourd’hui une lecture plus approfondie de sa ralentie, cette fois-ci à l’intérieur, bouffée d’air frais !

 

Éric Bonvin

Lust am Weltuntergang

Die Hauptfrage des Nachmittags ist ziemlich klar: Haben wir Spass an der Katastrophe? Würde man diese Frage an der Zuschauerzahl des Podiumsgesprächs über «Dystopisches Schreiben» messen, erhielte man eine eindeutige Antwort: Ja. Der grosse Andrang im Theater zeigt, dass die Leute ein bemerkenswertes Interesse für dieses brisante Thema hegen. Und gewiss gibt es da eine Tendenz zum Masochismus: Wer steigt bei diesem strahlenden Wetter mit blauem Himmel und Sonnenschein schon freiwillig in ein überfülltes, stickiges und dunkles Theater?

Unter den Diskussionsteilnehmenden scheinen die jeweiligen Positionen eine klare Tendenz anzuzeigen: Die drei Autoren/-innen Karen Duve, Heinz Helle und Julia von Lucadou, die alle dystopische Texte geschrieben haben, erklären ziemlich einig, dass das literarische Schreiben ihnen die Möglichkeit bot, um mit ihren eigenen Zukunftsängsten und den verstörenden Gegenwartstendenzen umzugehen. Ein Mittel zur Selbsttherapie sozusagen. Der Literaturwissenschaftler Philipp Theisohn sieht das etwas anders: Muss man solche Texte denn immer gleich als «Negativbeispiele» für die Zukunft abstempeln? Er sehe eine Dystopie eigentlich eher als «eigentliche Utopie mit Gesellschaft». Wenn keine Faszination, kein Spass an solchen Welten vorhanden wäre, würden sie sich schliesslich nicht verkaufen.

Worin sich alle dann jedoch wieder ziemlich einig sind, ist, dass es praktisch unmöglich ist, utopische Literatur zu schreiben. Das sei erstens extrem langweilig – niemand will schliesslich ein Buch kaufen, in dem alles immer super läuft – , zweitens würde die Utopie vermutlich in einem einfachen Wahlprogramm enden (AHV 2020 lässt grüssen), und drittens sei der Mensch so gemacht, dass er aus allen Dingen einen doppelten Boden lesen könne. In anderen Worten: Wir sind von Natur aus Pessimisten/-innen und erkennen stets den Haken an der Sache. Doch vermutlich ist das auch der Grund, weshalb wir im Laufe der Evolution überhaupt so lange überlebt haben. In dieser Hinsicht hat unsere Lust an der Katastrophe also durchaus einen Sinn und der Gang ins stickige Theater sich gelohnt.

À Soleure, des rescapés ?

Dépossédée de ses bagages après un transit malheureux, Rinny Gremaud échoue à Edmonton, comme « une rescapée » écrit-elle. Pourquoi avoir choisi cette ville américaine comme première escale à son tour du monde ? (tour dont il faut préciser le but : parcourir les malls de notre société de consommation, ces nouveaux temples de béton et de verre, reproduits en série, où se concentrent partout les mêmes franchises). En fait, c’est dans cette ville de l’Alberta que se situe le plus vieux de ces mégacentres commerciaux, grand comme 68 terrains de football.

Ce mot, « rescapé » revient à deux fois dans l’extrait que nous lit Rinny Gremaud. Elle ne le dit pas, mais l’histoire de ce terme n’est pas sans lien avec ce monde dont elle parle et qu’elle accuse, le nôtre, « qui se rétrécit par son uniformisation » : il apparaît dans la presse dans les premières années du 20ème siècle, lorsque la catastrophe minière de Courrières fait plus d’un millier de victimes dans le nord de la France. Ce sont donc ceux qui s’en sont sortis qui sont les premiers rescapés des ravages de l’industrialisation.

Rinny Gremaud déconstruit ensuite le voyage et ses raisons. On ne voyagerait plus pour se confronter à une altérité : dans un monde globalisé où l’information est à portée de clics, toutes ces images de l’inconnu, on les a déjà rencontrées. Le voyage consisterait plutôt pour elle en un moyen de « disparaître ». Rescapée à la faveur d’une disparition ? Serait-ce que cet éloignement spatial lui permettrait au moins de s’éloigner de l’œil du cyclone où elle vit au quotidien ?

Prendre cette distance et réaliser la difficulté toujours plus grande de se projeter physiquement dans un ailleurs qui s’abîme irrémédiablement, c’est prendre conscience à quel point l’on a été délestés de nos bagages et livrés nus à des structures urbanistiques qui cachent de moins en moins une ordonnance régie par les lois économiques. C’est être conscient, au moins un instant, de son statut de rescapé, avant de replonger dans l’œil du monstre. Combien de rescapés dans cette foule venue écouter Rinny Gremaud ?

Il restera néanmoins toujours ces thuriféraires du développement économique, à la vue étroite, défendant qu’on ne meurt plus dans les mines, grâce au progrès, aujourd’hui. – « Chez nous, vous dites ? »

 

Jonas Widmer

Sportarsch- und Katzengeschichten

Köstlich und leicht verdaulich war das Gespräch zwischen Matto Kämpf und Milena Moser zur Mittagszeit, wohlgemerkt «ohne störende Moderation» und auf Schweizerdeutsch. Moser las zum Einstieg die ersten beiden Seiten aus dem Buch Tante Leguan ihres Gegenübers vor – wobei sie vorausgeschickt hatte, zu verklemmt für seinen Text zu sein, die unschicklichen Wörter, welche für allgemeine Belustigung sorgten, dann aber doch auskostete. Nachdem Kämpf vice versa aus Mosers Buch Land der Söhne gelesen hatte, zeigte man sich für den Moment doch etwas verloren, so ganz ohne Wortführer. Man fing sich aber, unterhielt sich über die zuweilen problematische Liebe zu den eigenen Romanfiguren, liess sich über die hohen Papierpreise aus, schmiedete Pläne, Bäume pflanzen zu gehen, wurde zwischenzeitlich etwas ernster und sprach übers Seelezertrampeln, verweilte dann einige Zeit beim Thema Katzen (Moser machte deutlich, dass es schlimmer sei, eine fremde Katze zu füttern, als mit dem besten Freund seines Partners ins Bett zu gehen) und Kämpf gab ein scheinbar sinnloses, mit Gewalt endendes Grimm-Märchen zum Besten, bevor man schliesslich darauf zu sprechen kam, dass es eine Zumutung sei, sich nur mit einem Leben zufrieden geben zu müssen. Zum Glück kann die Literatur auch diese Grenze sprengen. Schliesslich wurde das Publikum zum Fragestellen ermutigt und Kämpf beharrte auch auf Nachfrage darauf, dass sein Buch keinen Sinn habe. Aber 25.- Franken kostete. Moser widersprach: Sein Buch beschere etwa drei schöne Abende, es habe also Sinn und sei es wert, gelesen zu werden.

Erheitert und gut gelaunt trat das Publikum in die Nachmittagssonne hinaus…