Weil Hirne wie Tauben sind

Matto Kämpf kennt man witzig und makaber. Der Berner Oberländer, der Märli-Onkel. Auch in seinem neusten Buch Tante Leguan ist der Humor spitzig, kitzelt also, wenn er sanft streicht und schmerzt bei jedem Stich. In Solothurn liest er aus seinem Roman und plaudert mit der Schriftstellerin Milena Moser. Das Kamishibai-Theater bebildert eines seiner Kinderbücher, und dann muss er sich auch noch ein Interview gefallen lassen. Er spricht über Humor, Tod und wieso seine Werke sind, wie sie sind. 

Ich hab Sie gestern beim SRF-Gespräch mit Milena Moser im Publikum gesichtet. Für heute war ein Schriftsteller-Dialog mit Ihnen geplant. Wollten Sie Ihr Gegenüber vorab ausspionieren?

Nein, aber ich habe gedacht, ich erfahre vielleicht noch etwas über das Buch. Man hat ja schon die Angst, dass so ein Gespräch komplett abstürzt. Dann hätte ich auf etwas zurückgreifen können.

Für das Gespräch sind Sie ja einander zugewiesen worden. Hat das funktioniert?

Es war angenehm, ich finde das Buch wirklich sehr gut. Sie ist routiniert darin, auf der Bühne über ihre Bücher zu reden und den Leuten zu erklären, wie sie denn schreibt. Daher eine angenehme Bühnenpartnerin.

Zu Beginn haben Sie aus Mosers Buch Land der Söhne und Moser aus Ihrem Buch Tante Leguan gelesen. Haben Sie in Ihrem Text etwas Neues gefunden durch die Weise, wie er von Moser gelesen wurde? Vielleicht ein wenig dem Text entgegen gelesen?

Man kann sich nicht vorstellen, wie Leute den Text lesen. Als ob er nicht von einem selber wäre. Man fragt sich: Ist das jetzt gut – oder schlecht? Es wird spontan ganz anders betont. Ich habe nach zwei-, dreimal lesen so einen Duktus, der bei allen Lesungen identisch bleibt. Heute dachte ich: Ah shit, Leute lesen es ja doch anders.

Als Erzähler haben Sie doch eine einprägsame Stimme. Wie war es, damit einen fremden Text zu lesen?

Ich hatte den Text am Nachmittag schon geübt – also nicht laut. Ich wollte ihn nicht in meinen Stil übertragen, nicht so lustig, so quirlig. Eher wie ein Schauspieler im Radio, sachdienlich gut lesen.

Zitate der Verlagswebsite. Kanton Afrika: «Ein erstaunlich langer Text von Matto Kämpf – fast schon Literatur.» Heute Ruhetag: «Ein erstaunlich dickes Buch von Matto Kämpf – fast schon ein Klassiker!» Jetzt also Tante Leguan, 152 Seiten, schon wieder ein Quasi-Epos. Schieben Sie bald die ruhige Kugel bei den Romanciers?

Das ist schon das Maximum. Satire erschöpft sich doch schnell mal und man hat verstanden, worum es geht. Man kann sie wegschicken und Kreise machen lassen, aber irgendwann ist dann auch gut. Es gibt Bücher, wie bei Moser, die könnte ich nie schreiben – unmöglich. Vielleicht müsste ich zu vier Jahren Haft verurteilt werden. Wenn ich frei bekommen würde und keine Mini-Kühe basteln müsste, dann vielleicht einen Berner-Oberland-Roman über 27 Generationen.

Sie schreiben Postkarten, Kinderbücher, Kolumnen, Erzählungen, machen Spoken-Word bis Film, Musik und Comedy. Wie entscheiden Sie sich für eine Form?

Ich bin so ein Ideenkünstler. Ein Dokument in meinem Compi, das heisst Lager, in das kommt alles rein. Ideen, Sätze, Situationen, Dialogstellen, Dialoge. Die haben erst noch keine Funktion. Und wenn ich mir etwas vornehme, schaue ich das durch und denke, dass der Satz doch die Lena sagen könnte. Meist ist es ein freies Sammeln, wenn ich unterwegs bin. Aber nur vor dem Compi kommt nichts, höchstens ein besseres Adjektiv. Und sobald man im Bus ist, einkaufen geht oder auf dem Weg zum Altglascontainer, dann passiert etwas. Das Hirn braucht Futter wie Tauben.

Viele Ihrer Ideen schöpfen Sie aus einem Fundus aus Sagen, Märli, auch geschichtlichen Ereignissen. Kennen Sie die einfach, oder wo sammeln Sie die ein?

Sagen und Märli sind eine faszinierende Form, um zu erfinden. Das hat etwas Altehrwührdiges, das in Stein gemeisselt ist. Ich behaupte dann, ein grosses Murmeli hat im Berner Oberland die Welt erschaffen. Ein grosses Gebiet sind auch die alten griechischen Sagen, die hab ich nie nachgelesen, aber die höre ich viel. Zum Abwaschen griechische Sagen.

Dem steht Tante Leguan mit einer beinahe schon alltäglichen Handlung entgegen. Wieso das?

Erst war da die Idee dieses Mittdreissiger-Gefühls. Dann hab ich plötzlich die drei Journalisten vor mir gesehen. Die reden über Sachen, die sie gesehen haben, ob sie es scheisse finden oder nicht. Ein lustiges Thema, aber eigentlich geht es mehr um den Groove. Alle, die über das Buch reden, sind Kulturjournalisten. Die fragen, wo mein Problem sei und bestehen darauf, dass es gar nicht so sei. Die drei könnten aber auch an einem anderen Ort arbeiten und wären genau gleich. Halbbatzig Schule geben oder schlechte, halbbeliebte Dozenten.

Zitat aus Tante Leguan: „faul, zynisch, melancholisch und scharfsinnig. – Wie wir.“ Sie mit Mitte dreissig?

Jaja, es ist doch einfach ein Groove, den man zelebriert. Viele Freunde haben mittlerweile seriöse Berufe und Familie, aber sobald man abends mit Bier auf dem Balkon sitzt, fällt man in diesen Groove zurück. Man schimpft über Politiker und findet eigentlich alles scheisse. Wie früher.

Auch bei Ihren Vortragsarten kann man von wirtschaftlicher Diversifikation sprechen. Diashow, Fake-Radiosendung, mit Musik und Film, heute auch als Bildtheater. Sind Wasserglaslesungen fade?

Jein. Bei Lesungen, wie in einer Kantonsbibliothek mit Neonlicht und ohne Bühnencharme, hatte ich nach einer halben Stunde oft das Gefühl, dass ich jetzt wieder nach Hause verschwinden möchte. Aber im Vertrag steht dann halt 60 Minuten. Und dann fand ich es super, einfach nach einer halben, dreiviertel Stunde das Licht auszuschalten und so Bilder anzuschauen. Dann kucken die Leute mich nicht mehr so an. So habe ich dann die erste Diashow-Lesung erfunden.
Früher, als ich vielleicht 20 war, konnte die meisten Autoren nur sehr schlecht lesen. Das war überhaupt kein Kriterium. Bei einer Max Frisch-Buchtaufe hat er irgendwie zehn Minuten gelesen, dann redete er noch sehr lange mit dem Verleger und dann gab’s Apéro. Heute liest man länger und besser, routinierter, weil es ein wichtiger Teil geworden ist.

Bei einer Diashow zeigen Sie ausgestopfte Giraffen, hobbymässig von Ihrem Vater. Nächstes Dia: Leichenkeller, auch vom Vater ausgestopft. Gibt es etwas, worüber Sie nur ernst schreiben würden?

Nein. Ich würde über etwas Ernstes schreiben. Es gibt nichts Lustigeres als den Tod. Ein grosser Erzeuger von Komik. Nicht, dass es lustig ist zu sterben, aber eine Beerdigung ist ja voller Komik. Alles so erhaben, wie man sich benimmt. Das hat so etwas Hilfloses im Verhalten. Man kann über alles mit Humor schreiben.

Und was ist so reizvoll am Humor?

Darunter liegt vielleicht eine Art Sinnsuche. An Konzepte von Lebenssinn oder Religion glaube ich nicht, aber wenn man eine amüsierte Grundstimmung hat, ist man doch einfach glücklich und zufrieden. Wenn mir etwas Lustiges in den Sinn kommt, bin ich wieder versöhnt mit der Welt.
Als ich vielleicht 17 war, lief Monty Python schon in der x-ten Wiederholung. Die haben eine 20-minütige Show gemacht, auf ORF mit deutschen Untertiteln. Jede Woche habe ich die gekuckt. Wenn man Kunst machen will, dachte ich, dann so. Lustig, aber auch absurd. Sketche hören mittendrin auf, dann kommt was komplett anderes, und wenn ihnen nichts mehr einfällt, fällt von oben ein grosses Gewicht herunter. So wollte ich Kunst auch machen; wenn schon.

Wie Monty Python arbeiten auch sie viel mit anderen. Als Die Eltern, als Gebirgspoeten. Unterscheidet es sich stark vom Arbeiten alleine?

Bei Gebirgspoeten sitzen wir alle zusammen vor einem Laptop, damit man nicht alleine zuhause rumsitzt. Es ist lustig, wie man auf andere Ideen kommt. Man schreibt was, das dann jemand falsch versteht. Auch schon Zugfahren ist alleine langweilig. So hat man Treffpunkt Bahnhof Bern und fährt irgendwo gemeinsam hin. Ist sozial einfach interessanter.

Also auch ein wenig wie Ihre drei Charaktere in Tante Leguan

Ein lustiges Reisegrüppli.

Wenn die drei hier sässen, würden Sie ihnen etwas raten?

Ob sie noch ein Bier wollen. Die wären in irgendeinem Sofa versunken, abgesunken. Am Rauchen und Tapas bestellen.

Abschlussfrage: Was ist der letzte Satzfetzen, der Ihnen geblieben ist, den Sie behalten haben?

Grad heute hat Milena Moser gesagt, mit meinem Buch hätte sie drei lustige Abende gehabt. Als ich darauf antworten wollte, haben Sie grade mein Mikrofon stumm geschaltet. Den Satz schreib ich mir noch auf, als kleines Bonmot:

Immer wenn man lacht, will man sich doch einfach kurz nicht umbringen.

 

 

Autorenfoto; (c) Der gesunde Menschenversand GmbH (ohne Sprechblase).

Pause, pose, ose

Une voix, sonnante, une harpe, absente, remplacée par une seconde voix, qui chante.

La première voix lit, rit, vit.

La seconde vibre, tout en échos et en harmoniques.

Parfois mélancolique, parfois comique.

De la musique dans la poésie.

Du récit dans la mélodie.

 

Meloe Gennai et Makeda Monnet,

Une performance qui met la réalité en pause.

 

Une pause sans aucun doute unique dans le sens où

Pause

Dans le sens où

Pause

Qui ne serait pas qu’une pause qui emporte tout sur son passage mais bien plus que ça

 

Une performance qui met la réalité en pose. Une pose de la voix, une voix de la pose.

Une performance qui met la réalité en « ose ». Ose être toi-même, ose partager.

 

Anthony Ramser

Solhora

Soleure. Au Solheure café. Ou sol hora en espagnol, c’est-à-dire l’heure, ou le temps du soleil. Car du soleil, il y en avait à Soleure ! Une atmosphère d’été rouge et bleu planait sur la petite ville alémanique en ce vendredi 31 mai 2019.

Bleu, d’abord, comme la couleur pure de l’Aar, fraîche et désaltérant la vue. Charme, et sans doute fierté de Soleure.

Rouge ensuite, comme le thermomètre ! Celui-ci s’est arraché au-dessus des 25, voire des 30 degrés Celsius, après un printemps très frais. Le premier vrai coup de chaud de la saison, et ça tombe à pic pour l’ouverture de cet heureux Festival des Journées littéraires de Soleure !

Orange aussi. Comme les lunettes d’Odile Cornuz qui, lors d’une brève lecture l’après-midi, en extérieur, nous a fait découvrir sa nouvelle prose poétique, Ma ralentie (2018). Fascinant ! Rythme et courbes de l’œuvre (déjà soulignés dans un autre article publié plus tôt) nous rappellent les méandres, les accélérations et les ralentis de la Sarine, qui nous ramène au fleuve sémantique et à la poésie de l’Aar. « Mais que chaud ! » comme disait ma grand-mère bédjuasse. Je ne pouvais m’empêcher de penser que, derrière leur regard vif et amusé, les yeux de la pauvre Odile devaient souffrir de parcourir des pages ultraviolettes, rendues telles par « la rigueur du soleil » – autre expression d’une arrière-grand-tante bédjuasse. Même les bras de l’une de mes collègues, pourtant habitués aux grandes chaleurs, devenaient comme deux toasts à point qu’elle tentait désespérément de cacher sous sa veste en boule.

Incolore encore – « Trop de transparence tue la transparence », nous confiera le lendemain Daniel Sangsue. Couleur sans couleur des spectres. Les spectres de Sangsue, ses compagnons de voyage, ses amis qu’il traîne partout avec lui, dans ses bagages comme dans ses livres, ces ectoplasmes qui le perturbent parfois, mais qui le suivent sans doute avec amusement. Et nous avons rencontré ce doux chasseur de fantômes à midi déjà, en partageant un repas avec lui, puis lors d’une lecture de son Journal d’un amateur de fantômes (2018) – à l’intérieur cette fois-ci. Mais les esprits n’étaient pas le seul atout que Sangsue avait dans sa manche ; il avait aussi l’esprit, celui de David Collin en l’occurrence, qui, dans un dialogue intelligemment construit, mais non moins improvisé, intervenait toujours au moment juste, à la seconde exacte, respectant les silences les plus éloquents, pour glisser une remarque ou une question pertinente et juteuse à souhait ! Expert de la radio, et ça se voit ; sacré malin, sacré Collin, va ! Aussi, au fil de ce dialogue très chaleureux, très amical, nous avons découvert que les histoires d’outre-tombe allaient bien souvent de pair avec la notion de fantastique, au sens de Todorov. Une histoire de fantômes, c’est avant tout l’histoire d’une hésitation entre une explication rationnelle – mais souvent insatisfaisante, comme l’a souligné David Collin – et une explication irrationnelle. Mais les histoires de revenants, ce sont aussi des histoires de rencontres avec des personnes connues de notre passé, avec Gilbert Sangsue par exemple, le père de Daniel, avec Madame Breton, la femme de l’écrivain célèbre, ou encore avec un ancien camarade chinois en mobilité à Rennes, retrouvé à la Fudan University de Shanghai, trente ans plus tard, et tout à fait par hasard !

Vert, comme le Bonsaï (2018) de Baptiste Gaillard, qui finalement non, n’est pas un livre de jardinage.

Vert jauni, comme l’argent de la surconsommation, qui nous épuise et s’épuise. Rinny Gremaud en connaît un rayon, et même plusieurs ! ayant parcouru de long en large des giant malls, centres commerciaux aux dimensions invraisemblables. L’écrivaine et journaliste suisse, aux origines sud-coréennes, nous en offre un aperçu critique dans Un monde en toc (2018).

Deep purple également. Comme la profonde réflexion qu’a menée Douna Loup. D’abord pour nous proposer son Déployer (2019) dans une forme originale en sept carnets. Ensuite pour nous le faire découvrir au travers de lectures revêtant elles aussi une forme peu commune, dans le monde littéraire. Quelle forme ? Aidée d’un looper – cet instrument électronique si chouchouté dans l’univers de la beatbox –, Douna Loup nous a donné une véritable performance, créant un univers de sons simples, mais si percutants, me rappelant des chants de gorge inuits.

Multicolore. Soleure, ou solhora, c’était tout ça à la fois, en ce vendredi 31 mai. Et les jours qui suivront ne s’annoncent pas des moindres ! En Valais, ce matin de 1er juin, j’ai entendu dire qu’aujourd’hui serait la journée la plus chaude depuis le début de l’année 2019, et on peut légitimement penser que ce sera aussi le cas à Soleure, où la température était déjà si élevée la veille ! Quelques heures plus tard, arrivé dans la cité du livre, j’observe des pigeons ramiers profitant des ombres d’un parc, deux corbeaux se désaltérant dans une fontaine, et un foulque macroule nageant seul dans l’Aar qui reflète les rayons du soleil. Ce sera décidément une chouette journée !

Je vous laisse, je vais écouter ma nouvelle amie Odile Cornuz, qui nous propose aujourd’hui une lecture plus approfondie de sa ralentie, cette fois-ci à l’intérieur, bouffée d’air frais !

 

Éric Bonvin

Sportarsch- und Katzengeschichten

Köstlich und leicht verdaulich war das Gespräch zwischen Matto Kämpf und Milena Moser zur Mittagszeit, wohlgemerkt «ohne störende Moderation» und auf Schweizerdeutsch. Moser las zum Einstieg die ersten beiden Seiten aus dem Buch Tante Leguan ihres Gegenübers vor – wobei sie vorausgeschickt hatte, zu verklemmt für seinen Text zu sein, die unschicklichen Wörter, welche für allgemeine Belustigung sorgten, dann aber doch auskostete. Nachdem Kämpf vice versa aus Mosers Buch Land der Söhne gelesen hatte, zeigte man sich für den Moment doch etwas verloren, so ganz ohne Wortführer. Man fing sich aber, unterhielt sich über die zuweilen problematische Liebe zu den eigenen Romanfiguren, liess sich über die hohen Papierpreise aus, schmiedete Pläne, Bäume pflanzen zu gehen, wurde zwischenzeitlich etwas ernster und sprach übers Seelezertrampeln, verweilte dann einige Zeit beim Thema Katzen (Moser machte deutlich, dass es schlimmer sei, eine fremde Katze zu füttern, als mit dem besten Freund seines Partners ins Bett zu gehen) und Kämpf gab ein scheinbar sinnloses, mit Gewalt endendes Grimm-Märchen zum Besten, bevor man schliesslich darauf zu sprechen kam, dass es eine Zumutung sei, sich nur mit einem Leben zufrieden geben zu müssen. Zum Glück kann die Literatur auch diese Grenze sprengen. Schliesslich wurde das Publikum zum Fragestellen ermutigt und Kämpf beharrte auch auf Nachfrage darauf, dass sein Buch keinen Sinn habe. Aber 25.- Franken kostete. Moser widersprach: Sein Buch beschere etwa drei schöne Abende, es habe also Sinn und sei es wert, gelesen zu werden.

Erheitert und gut gelaunt trat das Publikum in die Nachmittagssonne hinaus…

Stimme und Suche

Nach dem humorvollen, leichten Gespräch zwischen Milena Moser und Matto Kämpf – sein Buch mache keinen Sinn, insistierte Letzterer, Moser gelang es trotzdem, ihm einen unterzujubeln –  gab es einen Stimmungsumschwung in der Säulenhalle. «Verschattet» empfand Lukas Hartmann denn auch die Stimme Joseph Schmidts, Protagonist in seinem Roman Der Sänger. Gleichzeitig aber war es eine strahlende Stimme, welche dem begnadeten Tenor zu Zeiten des NS-Regimes zu grosser Berühmtheit verhalf, ihn aber nicht vor den Schrecken des KZ zu bewahren vermochte. Kein Leichtes sei es gewesen, genügend Hintergrundwissen und Fachkenntnisse aufzubauen, um es sich erlauben zu können, Schmitts Lebensgeschichte literarisch zu verarbeiten. Es sei letztlich aber nur als Angebot zu verstehen, wie es hätte sein können.
Die Stimme kann also als Transportmittel fungieren, um die Vergangenheit in die Gegenwart zu tragen; durch die Versprachlichung bleibt uns die Vergangenheit erst erhalten, wird sie uns überhaupt zugänglich. Die Stimme ist aber auch ein überaus bedeutsames Erkennungsmerkmal jedes Menschen. Und was erkennt man in der Stimme? Wer ich bin? Wer bin ich?

Die Suche nach der Identität ist auch zentrales Thema in Shelley Kästners Buch Jewish Roulette. Sie führte Gespräche mit rund zwanzig Jüdinnen und Juden und schrieb Nacherzählungen ihrer Geschichten, malte sie zuweilen ein wenig aus oder änderte sie vorsichtig ab. Dabei kamen ganz unterschiedliche Glaubensverständnisse zum Vorschein und beim einen oder anderen stellte sich bei der Konfrontation mit den eigenen Wurzeln Überforderung ein.

Beide Autoren berichten von einer Ambivalenz zwischen Nähe und Distanz zu ihren «wahren» Geschichten. Ein Wechselspiel, das den fremden Stimmen die Möglichkeit gab, sich im freien Raum zu entfalten, um schliesslich in die Sprache der Autorin/des Autors übersetzt und  wiedergegeben zu werden. So werden jene Stimmen, welche nicht verklingen dürfen, weitergetragen und erhalten Gehör, worin Hartmann denn auch die Aufgabe des Schriftstellers sieht.

Worte wider die Vergänglichkeit

Im Gespräch mit dem Schweizer Buchjahr erzählt Schriftsteller Rolf Hermann von der produktiven Kraft seiner Todesphobie, dem zwiespältigen Begriff der Heimat und der fragilen Grenze zwischen Realität und Fiktion.

In Deinem Prosadebüt Flüchtiges Zuhause versammelst Du Erzählungen rund um das Aufwachsen im Wallis. Das Wallis erscheint dabei immer wieder als Fixpunkt, als das heimelig Vertraute. Ist Flüchtiges Zuhause etwa ein Heimatroman?

„Heimatroman“ ist ein schwieriger Begriff. Ich würde sagen, es ist ein Herkunftstext, oder vielmehr ein Band, der Erzählungen zu Dingen versammelt, die mir sehr vertraut sind. Das Konzept „Heimat“ ist politisch aufgeladen. Ich hoffe, den Begriff mit meinen Erzählungen aus der unschönen Ecke herausziehen zu können, die Heimat als etwas Ausgrenzendes konzipiert. Ich halte es für absurd, diesen Begriff als Argument für das Ziehen von Grenzen in der politischen Debatte anzuführen. Für mich steht Heimat für etwas Grenzüberschreitendes, Pluralistisches. Vielleicht wäre es ohnehin sinnvoll, den Begriff der „Heimat“ mit dem Plural „Heimaten“ zu ersetzen. Ich selber habe mehrere Heimaten und die sind alle offen und laden Menschen zum Verweilen ein.

Bereits der Titel Deines Erzählbandes verweist auf das Flüchtige, sich Auflösende. Welche Rolle spielt das Motiv der Vergänglichkeit für Dein literarisches Schaffen?

Die Vergänglichkeit ist für mich ein wichtiger Impetus fürs Schreiben. Mit den Worten, mit dem Schreiben versuche ich diesem unaufhaltsamen Prozess etwas entgegenzusetzen. In meinen Texten kommen immer wieder Figuren vor, die von Menschen inspiriert wurden, die mir nahestehen oder nahegestanden sind. Durch meine Texte kann ich diesen Menschen ein längeres Leben verleihen und ihnen in einer unglaublichen Intensität nahekommen – auch wenn sie bereits verschwunden sind.

Wird das Schreiben als Versuch, der Erosion durch die Zeit etwas entgegenzusetzen, in Deinem Erzählband nicht auch demontiert in der Figur der Grossmutter? Grossmutter hängt das Schreiben mit dem Alter schliesslich an den Nagel, weil sie ihre eigene zittrige Schrift nicht mehr lesen kann. Wie endet dieses Kräftemessen zwischen Zeit und Literatur?

Das Schöne ist ja, dass die bereits geschriebenen Gedichte der Grossmutter bleiben und dass so in ihnen auch die Stimme der Grossmutter weiterlebt. Der Schreibprozess kommt unweigerlich irgendwann zu einem Ende, das Geschriebene aber überdauert – so ist zumindest meine Hoffnung.

Zurück zur Flüchtigkeit: Wie kann Flüchtigkeit literarisch eingefangen werden?

Ich versuche die Flüchtigkeit in meiner Literatur nicht zu benenne, sondern heraufzubeschwören. Zum Beispiel, indem ich eine Autofahrt beschreibe, in der man Dinge vorbeiflackern sieht. Sie leuchten auf und verschwinden sogleich wieder. Ein anderes Instrument, das ich einsetze, sind Zeitsprünge, welche den Alterungsprozess der Figuren sichtbar machen. Du hast das Gefühl, gestern noch hättest du im Juniorenteam Fussball gespielt – dabei liegt das schon dreissig Jahre zurück. Seitdem ich Vater bin, ist auch die eigene Kindheit wieder präsenter geworden – manchmal sogar beinahe physisch fassbar. Diese Momente wollte ich festhalten und schauen, was das mit mir macht.

Also schreibst Du auch in erster Linie für Dich selbst und gar nicht unbedingt für ein Publikum?

Nein, ich schreibe immer mit dem Gedanken an ein Publikum. Ich will, dass die Leute meine Texte lesen und sich darin zum Teil wiedererkennen können. Literatur soll einen Moment des Berührtseins herstellen. Schreiben nur für mich, das scheint mir undenkbar. Dass ich aber Sätze bewusst umformuliere, um den Erwartungen des Publikums gerecht zu werden, kommt nicht vor. Vielmehr versuche ich der Geschichte, die erzählt werden will, gerecht zu werden.

Um noch einmal auf das zentrale Motiv der Vergänglichkeit zu sprechen zu kommen: Woher rührt Deine intensive Beschäftigung mit dem sich Verflüchtigenden?

Aufgrund eines Schreibstipendiums wohnte ich während drei Monaten auf dem Tübinger Stadtfriedhof, im ehemaligen Friedhofswärterhäuschen. Dort war ich quasi permanent von Toten umzingelt, was prägend war. Die Thematik der Vergänglichkeit beschäftigt mich aber bereits viel länger: Seit ich fünf oder sechs Jahre alt bin, habe ich eine Art Todesphobie. Die Einsicht, dass alle Dinge endlich sind, ist für mich manchmal kaum auszuhalten.

Trotz diesem düsteren Aspekt der Vergänglichkeit, wird in Flüchtiges Zuhause aber auch ein unglaublich idyllisches Familienleben geschildert. Soll das die Leser*innen gar etwas neidisch machen?

Nein, überhaupt nicht. Ich hatte einfach das Glück, inmitten einer lieben Familie aufzuwachsen. Trotzdem gibt es in den vorliegenden Erzählungen Stellen, die schwierige, ungerechte Dinge leise problematisieren – etwa die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Meine Grossmutter hat feministische Manifeste gelesen und über Jahre hinweg das Fehlen des Frauenstimmrechts angeprangert. Nicht plakativ, aber immer wieder möchte ich solche Momente in meinen Erzählungen spürbar machen.

Die Grossmutter hat ja auch immer eine Sehnsucht nach der weiten Welt ausserhalb des Dorfes. Hat die Beschaulichkeit eines Bergdorfes bisweilen etwas Beengendes?

Für mich hatte sie das nicht, obwohl man im Wallis der 70er Jahre relativ abgeschlossen von der Aussenwelt war. Aber in diesem kleinen, von Bergen umschlossenen Raum war immer auch die Möglichkeit einer anderen Welt präsent: Ich bin direkt an der Sprachgrenze aufgewachsen. Nach einer Autofahrt von zehn Minuten haben die Leute französisch gesprochen und in diesen Stimmen rückte plötzlich sogar Paris ganz nahe.

Du selbst bist zum Studium nach Iowa gegangen, aber dann auch wieder zurückgekehrt – unter anderem sogar auf die Alm, um Schafe zu hüten.

Ja, das war ein völlig verrücktes Unterfangen damals, dieses Pendeln zwischen den Welten. Die Schafe waren wieder bei ihren Besitzern im Tal und zwei Tage später flog ich nach Iowa. Und dort wurde mir bewusst, dass einem eine Landschaft tatsächlich auch physisch fehlen kann. Iowa ist völlig flach. Diese Bewegung des steilen Hinauf- und Hinuntergehens, das ich als Schafhirt täglich stundenlang getan hatte, hat mir in Iowa gefehlt. Ich war glücklich, als ich dann etwas ausserhalb der Ortschaft, wo ich damals wohnte, einen kleinen Staudamm entdeckte, den ich von Zeit zu Zeit erklimmen konnte.

Der Erzählband macht ja auch das sinnlich Erfahrbare sehr stark: Als Leser*in sieht man etwa das Bergpanorama ganz plastisch vor sich.

Ja, diese visuelle Komponente ist mir wichtig. Ich versuche mit Worten einen Raum erfahrbar zu machen. Wenn meine Hörer*innen mich nach einer Lesung ansprechen und erzählen, dass sie das Gefühl hatten, direkt mit mir durch die Berge zu gehen, freut mich das enorm. Beim Schreiben versuche ich mich so genau zu erinnern, dass ich das Gefühl habe, ich könnte mich mit geschlossenen Augen durch die beschriebene Landschaft bewegen.

Du schreibst ja unter anderem auch Spoken Word Texte. Wie unterscheiden sich diese von Deinen Texten im vorliegenden Erzählband?

Der Unterschied liegt primär in der Länge. Ausserdem erscheinen meine Spoken Word Texte immer in einer zweisprachigen Fassung. Einerseits auf Walliserdeutsch, andererseits auf Hochdeutsch. Auch Leute, die das Walliserdeutsch nicht sprechen, sollen so einen Zugang dazu erhalten. Die Herausforderung ist aber unabhängig vom Genre immer dieselbe: Wie kann ich einen emotionalen Kurzschluss zwischen Text und Leser*innen herstellen?

Flüchtiges Zuhause enthält ja durchaus sehr autobiographische Einflüsse. Während der Lesung hier in Solothurn, im Landhaussaal, wurde das ja bereits angesprochen. Du hast aber auch betont, dass es immer ein fiktionales Element gebe. Wie spielt das ineinander hinein?

Man kann bei meinen Erzählungen nie genau sagen, was erfunden ist und was sich wirklich zugetragen hat. Ich habe beim Schreiben auch plötzlich gemerkt, dass das eigentlich gar keine Rolle spielt. Hin und wieder bin ich geliebten Menschen in der Fiktion näher gekommen, als es mir in der Realität möglich war. Das Schreiben bot mir auch die Möglichkeit, mich von Menschen, die ich geliebt habe und die bereits verschwunden sind, noch einmal zu verabschieden. So lande ich automatisch in der Fiktion. Und in dieser Fiktion entsteht für mich auch jene Nähe, die vielleicht unter die Haut geht.

Douna Loup, Douna Loup, Douna Loup, Douna Loup.

Une note. Une voix. Répétées. Répétées en boucle alors que Douna Loup commence sa lecture.

Le looper qu’elle utilise pour maintenir ce cycle sonore rappelle la forme du texte avec ses sept cahiers sans ordre prédéfini, forme reposant sur un morcellement : morceler le texte pour morceler les voix, laisser une place au lecteur et lui offrir de construire sa propre histoire. Cette exploration du fragment initie la rencontre à l’autre, aux autres.

Car Déployer réfléchit à la foule intérieure, à notre boule-facette intrinsèque et nous invite à ne pas être figés dans une personnalité établie mais à demeurer en perpétuel mouvement. Mouvement sur le regard que l’on se porte : Je m’invente des autres qui font partie de moi et ça me met en vacances des autres moi qui font partie de moi. Mais aussi sur celui que l’on porte à l’autre du dehors :

Désaccord. Des accords. Des à corps. Des sac or. Désaccord.

Un et Une face à face qui ne sont pas d’accord. Une et Un face à face qui ne sont pas d’accord mais qui se tiennent la main et qui avancent. Et le défi va être de se tenir la main et de garder en soi chacun son accord avec soi.

Douna Loup appelle à une relativité du regard et explique que l’on ne pourra jamais connaître l’autre, notamment parce que celui-ci est oscillant : Je ne connais pas l’intérieur de ton monde, ta perception unique fragmentaire et diffuse de la vie.

De là on découvre deux sortes d’autres : les autres en soi qui émergent de nous, et cet autre extérieur, qui ne sera jamais connu que par bribes. Ce dernier se vit parfois à deux, s’augmente dans l’amour : « oser au point d’être en intimité, au point de faire l’amour et qui mène à quelque chose de plus grand que soi » développe Douna Loup dans l’après-midi.

Mais cette rencontre avec l’autre se fait aussi plus politique lorsqu’Elly visite un camp de réfugiés et qu’elle explore l’altérité dans une dimension plus globale. Il s’agit alors de s’interroger sur la différence, sur « comment respecter la liberté », sur « comment accueillir cet autre avec toutes les questions que cela soulève ».

Et Douna Loup insiste sur l’amour, qu’elle décrit comme un arbre qui pousse, une énergie de vie, un lien avec la nature. C’est, nous dit-elle, « être émerveillé et laisser l’autre dans sa liberté et dans sa beauté ». C’est pourquoi Déployer est une ode au féminin comme au masculin, formes pourtant floues qui ne devraient pas être fixées dans des cases. Une ode qui exhorte à s’aimer, à regarder les différentes parties de notre être et à les accepter. Déployer est un cri murmuré de tolérance et de liberté.

Nous sommes tous un. Nous sommes tous faits de la même matière.

 

Velia Ferracini

(H)ar(t)monie

Soleure, quatorze heures, une voix, répétée par un looper, la lecture de Douna Loup commence.

Soleure, quinze heures, rencontre avec Baptiste Gaillard, en réflexion sur la matière.

Soleure, dix-sept heures, Meloe Gennai et la soprano Makeda Monnet s’unissent, exploration.

Zurich, dix-neuf heures, récital de musique classique : « D’après Victor Hugo … des brumes diffuses des souvenirs d’enfance ».

Des villes différentes, des lumières différentes, des arts différents. Et pourtant, une forme de communion semble unir musique et lettres dans un même chemin indétectable. Éphémère.

Baptiste Gaillard m’a aujourd’hui convaincu que le poète ne manipule pas que les mots : il se fait à la fois architecte, plasticien, peintre et « compositeur » me dira-t-il dans l’après-midi en référence à Pierre Guyotat. Une connivence se crée alors entre les lettres qui rejoignent aussi bien les taches de peinture que les notes de musique. Connivence pourtant temporaire : Le mot structuré vient qualifier ce qui peut mieux perdurer. Pourtant, son pouvoir de recouvrement n’est que partiel. Tout comme l’est notre capacité à se maintenir dans la sphère nébuleuse où nous mènent les arts.

Baptiste Gaillard explore dans son laboratoire littéraire une brique infime de l’immensité des potentialités, et l’homme paraît soudainement minuscule face à cette infinité des possibles. Les arts planent alors sur nos têtes, immenses albatros que l’on ne peut rattraper dans les airs, malgré nos faibles tentatives pour battre de nos petits bras empêtrés.

Et l’on souhaiterait que le temps ralentisse, ralentisse, et s’arrête un instant : La frontière du solide et des eaux s’évanouit. La vase où d’un éclairage pauvre scintillent des chatoiements remugle entre les pierres. Tout ralentit, s’enlise ou fonte ou flotte, comme des feuilles recouvrant le bain. En grande confusion de reflets. Les sons mêmes sont à l’étouffée, sinon les piaillements aux branches, des grenouilles et des grillons dans les tiges, extraits des êtres à leur mesure.

En contemplant ce travail de la matière chez Baptise Gaillard, on désire alors que la poésie se fige en mouvement dans ce moment impalpable entre les états de fusion, dans ce degré précis où l’eau devient cristal de glace ; tout comme nous souhaitons avidement parvenir à nous maintenir en contact avec les mots ou les notes. Comme si notre corps pouvait cesser d’être et disparaître pour nous permettre de rester accrocher hors de nous. « On ne sait plus si on écoute, ou si on ne fait qu’entendre, mais c’est quelque chose qui nous touche ».

Mais que nous soyons minuscules ou non face à cette immensité des possibles, les œuvres demeurent humaines et le génie se construit dans la collectivité. Aujourd’hui, Soleure et Zurich se donnent inconsciemment la main dans cette création artistique : Des mailles sont lâches et des filaments disjoints flottent en arabesques. De légères oscillations valent ici pour un vibratoire plus général.

Finalement, le texte est une musique qui vit, qui veut s’élever à voix haute pour sortir de sa prison d’encre et de papier. Il veut chanter, flotter, vivre. Alors la musique devient une poésie et la poésie se fait musique.

Les gouttes résonnent les unes après les autres, puis toutes ensemble avant de se perdre à nouveau. Des rythmes différents se récupèrent.

 

Velia Ferracini

La Croc’Odile Cornuz de l’Aar (dialogue platonéric)

– Ô, dis-le, Éric, dis-le ! Odile Cornuz est une écrivaine hors pair ! Et c’est sur un flanc follement ensoleillé de l’Aar que tu as rencontré cette Neuchâteloise joviale, aux lunettes colorées et aux textes pétillants !

– Oui, je le dis, mon gros Platon ! Et c’était même le vendredi 31 mai 2019, aux Journées littéraires de Soleure.

– Mais qui est Odile ? Est-elle Conuz ? (sans vouloir écoRner son nom)

– Oui, la Grande Odadile est sans doute Cornuz dans tout le monde littéraire suisse romand. C’est un nom qui revient, encore et encore, avec des sourires heureux sur toutes les lèvres, un nom qui mériterait cependant d’être davantage Conuz encore ! Ayant fait ses débuts à la radio, puis dans le monde du théâtre, elle est notamment l’autrice de plusieurs pièces, romans, proses poétiques, œuvres collectives. Elle se prête aussi volontiers aux lectures publiques, aux jukebox littéraires faisant intervenir les lecteur-trice-s, ou encore aux bals littéraires, mêlant textes et chansons dansantes. En solo, elle a entre autres écrit Biseaux (2009), qui est selon ses mots « un patchwork de discours qui nous constituent et nous parasitent », comme le font notamment les « utopies ».

– Oh oui, ces jolis textes qu’elle a également mis en paroles et en musique avec l’artiste Maurizio Peretti, à la demande de celui-ci ?

– Exactement, sous le nom Biseaux reloaded, dont des extraits sont disponibles sur la toile. Et l’effet est en effet surprenant ! Mélange de répliques quotidiennes, monotones ou empressées, ralenties ou apaisantes, toujours prononcées avec sublime par la voix mélodieuse d’Odile Cornuz, dansant avec les sons décalés, électroniques ou naturels, d’un Maurizio Peretti étrangement hypnotisant. Un artiste qui occupera toujours une place particulière dans le cœur enchanté d’Odile.

– Mais ce n’est pas tout ?

– Non, point guère ! Odile Cornuz est également l’autrice de Pourquoi veux-tu que ça rime ? (2014) et surtout de Ma ralentie (2018), le livre que nous avons croqué d’une croque !

– Sacrée croquette, va ! On l’a bien Croc’Odilé ce bouquin ! Cette « prose poétique », même, selon ses mots !

– Et selon les nôtres ! Eh alors, si j’ai parlé de Biseaux reloaded, c’est bien parce que, dans Ma ralentie, j’ai à nouveau ressenti cette charmante incompréhension. Odile Cornuz prend la structure traditionnelle, la déconstruit puis, quand nous croyons que nous allons nous y perdre, la reconstruit autrement et nous permet de nous y retrouver facilement. Elle prend l’ordre, en fait du chaos et restructure le tout dans un ordre nouveau, très accessible, très plaisant pour les papilles visuelles, qui pépitent et crépitent de plaisir ! Elle travaille la langue au corps, la modèle comme de l’argile.

– Oui, enfin, ça c’était avant ?

– Ne casse pas toute la magie, mon Platounet. C’est vrai, c’est vrai. C’était avant de la rencontrer. C’était comme ça que nous l’avions lue. Mais en la rencontrant, elle nous a apporté un éclairage nouveau !

– Lequel ?

Tu ne l’as donc pas écoutée ?! Comme elle l’explique à la fin de Ma ralentie, celle-ci s’inspire, transgresse, développe, réadapte un poème d’Henri Michaux au nom proche, « La ralentie », poème qui « nourrit » l’écrivaine « depuis longtemps ». Et voilà toute la subtilité, que le bouquin tient secrète : ce long poème de Michaux, elle l’avait découpé, faisant de chaque vers un « intertitre ». Et en dessous de chacun de ces « intertitres », elle avait développé sa propre perception de la chose, son univers de pensées ramifié à partir d’un seul vers ; et ce, sur un paragraphe entier, parfois court, parfois plus long. Aussi Ma ralentie répond-il, paragraphe après paragraphe, à chacun des vers de Michaux, dans un écho joliment déformé par la plume d’Odile Cornuz. Seulement, pour des raisons de droits d’auteur, voilà qu’Odile a dû retirer de sa prose poétique les vers de son âme amie Henri. Et le chaos que nous avions perçu initialement n’était pas réellement un chaos : Odile ne faisait que répondre à Henri, les répliques de celui-ci ayant par la suite été supprimées, formant un chaos aussi involontaire qu’imprévu ! Ou, pour la citer : cette suppression des vers « intertitres introduit une sorte d’énigme qui n’était pas censée être là ! »

– Mais chaos tout de même ? Si je me souviens bien, Odile nous avait dit se retrouver dans notre lecture de la structure rendue chaotique, puis réordonnée, n’est-ce pas ?

– Oui, tout à fait ! Pour elle, il s’agit d’un rythme, s’accélérant, plantant les freins, ralentissant, puis s’emballant à nouveau comme un fringant poulain ! Un rythme auquel nous nous étions attachés dans Biseaux et sa version reloaded, et que nous avons retrouvé avec ô, dis-le ! combien de joie ! dans Ma ralentie.

– C’est marrant, Éric, mais depuis tout à l’heure tu me tutoies, n’est-ce pas ?

– Oui, mais toi aussi.

– Eh bien, n’est-ce pas là le petit bonbon orange et rose qui explose en bouche, la saveur toute particulière de Ma ralentie ?

– J’en ai l’impression. La deuxième personne du singulier qui se répète inlassablement, anaphores de château fort, « Tu », « Tu », « Tu », « toi » et « Tu » éclate en une multitude absolument déconcertante, rassurante, englobante, n’excluant personne. « Tu », c’est l’autrice. « Tu », c’est la narratrice. « Tu », c’est le lecteur, et puis la lectrice. « Tu », c’est le céréalier du coin. « Tu », surtout, c’est le « double fantasmé » par le « Je », la béquille rassurante qui s’occupe du « Je » lorsque celui-ci a besoin de souffler un peu. Le « Tu » est orange, le « Tu » est rose ; il est coloré et ça nous plaît ! Et puis le « Tu », pour Odile Cornuz, c’est une manière d’inclure constamment son lectorat actif – auquel elle croit –, une manière de l’impliquer et de le faire réfléchir avant tout, une façon de « n’écrire un livre qu’avec des questions ». Finalement un peu comme toi, avec ta maïeutique, n’est-ce pas Platon ?

– Puis-je répondre autrement que par une question ?

– Tu es minimaliste, Platon. Et justement, si Odile aime écrire abondamment, selon l’une de ses confidences, elle réduit ensuite systématiquement. Elle élague tout ce qui est de trop. Elle élague beaucoup. Pour elle, « écrire, c’est rendre réel ce qu’on a ressenti » ; puis « retravailler l’écriture vers le moins », vers « l’acéré, le pointu » ; faire du « sombre ou non, mais tranchant ». L’écriture a pour elle quelque chose de « très artisanal », peut-être à l’instar d’un Edgar Allan Poe. Et elle insiste : « le travail le plus laborieux est sans doute la écriture ; il faut du temps ».

– La rythmicité, le temps. Radio et théâtre ?

– Tu pourrais tout de même faire l’effort de formuler tes phrases en entier ! Soigne ton plat ton, Platon ! C’est évident ; Odile Cornuz fait le grand écart en posant un pied dans le monde du théâtre, l’autre dans celui de la radio. Et ce, tout en plaçant ses mains de façon stable dans le monde littéraire ! Pour elle, le rythme se construit donc également en disant le texte, en le faisant vivre par l’oralité ou en le jouant. En le répétant à voix haute, c’est ainsi qu’on l’écrit mieux. Et le « Tu », c’est aussi « une forme d’adresse, une voix, une prise de parole » héritée de la radio et du théâtre, Odile ondulant entre les genres, à travers les arts et les sens.

– Ne finirions-nous pas ce bref exposé par un retour sur l’helvétisme présent dans Ma ralentie, ce qui nous permettrait du même coup de revenir au cadre général de Soleure ?

– Très bonne idée, mon cher Platon. Sous sa plume pleine de poésie, de bruit de flux et de reflux de coquillage, de renard et de trèfles à quatre feuilles, Odile nous raconte des choses peu plaisantes et nous ferait manger à peu près n’importe quoi avec plaisir ! Car elle parle aussi, avant tout, de la fatigue du quotidien, de la peur d’ignorer des choses supposées connues, de la honte qui en découle, du temps qui manque, et j’en passe ! Elle cristallise toutes ces notions négatives et leur donne la forme d’insectes, d’arachnides, de myriapodes. Et ces petites bêtes, c’est pour elle « l’empêchement de la méditation ». Car Odile nous a avoué être « plus félin que martinet », c’est-à-dire, plutôt que d’être en permanence active et surexcitée, vouloir au contraire « vivre des moments posés, avec l’esprit libre, pour avoir de la détente ». Et la « détente », a-t-elle ajouté, est autant à prendre dans le sens de « détente » du félin, impulsion la permettant d’être prête à rebondir, que dans le sens de moment de quiétude, de « calme ». C’est sa « métaphysique », son « côté animal ». Rectifions donc notre titre : Odile ne nous croque pas tel un crocodile ; elle nous détend et nous offre à rebondir, à l’instar d’un félin. Féline Odile.

– Mais le lien avec la Suisse et Soleure ?

– J’y viens ! La ralentie d’Odile Cornuz, c’est une certaine forme de passivité contenant de l’action, un peu comme un joli yin noir contenant une pointe de yang blanc. Laisser faire le monde et les choses comme elles doivent advenir. Mais « choisir l’inaction… ou l’action ». Pour elle, nous sommes toujours « en état de choisir », d’où une certaine action tout de même. En fin de compte, une pensée très proche de celle d’Épictète, qu’Odile ne lit pourtant pas. Et là peut-être réside une caractéristique un tant soit peu helvétique, s’il en est : une forme d’inaction, de passivité face aux choses – là où nos voisins français, tant aimés, s’embraseraient peut-être parfois, tels des martinets. Passivité, mais avec une pointe d’action tout de même, une liberté démocratique si propre à la Suisse. Et l’autrice neuchâteloise ne s’en cache pas : se détacher totalement d’un contexte lui semble impossible. Dans un monde littéraire francophone centré sur Paris, et un contexte romand minoritaire, dur de ne pas être marquée par son cadre helvétique ! Aussi essaie-t-elle de ne jamais gommer ses helvétismes, et notamment son ouverture aux autres langues. Mischungsalat typiquement suisse, avec ses quatre langues nationales version quatre saisons, que nous avons dégustées en pourléchant nos félines babines, dans une ville de Soleure aussi ensoleillée qu’ouverte au multiculturalisme, si propre à la Suisse !

 

Éric Bonvin

 

À croquer sans plus tarder : Odile Cornuz, ma ralentie, Genève, éditions d’autre part, 2018, 154 pages, 25 CHF.

Ce qui reste quand tout précipite

Le reste est ce dont le tout n’a pas voulu ; dans Bonsaï, le tout est ce dont le reste s’est passé. « Où vient l’idée d’une lecture de la chose autre, dans son manque. »

Pour son dernier recueil, Baptiste Gaillard mite sa tapisserie textuelle de phrases inachevées, à la syntaxe délibérément bancale. La poésie fait vibrer les textures et se déploie en de courtes compositions qui donnent à l’inerte un mouvement et rendent l’inanimé vivant. Le tout, difficilement perméable, flotte, lourd et léger, entre les pages et nos yeux qui se demandent ce qu’ils comprennent en regardant sans voir, mais en voyant aussi peut-être ce qu’ils ne regardent pas.

Bonsaï renverse la logique de l’économie qui veut que l’on se prive du prétendu superflu pour mieux appréhender l’essentiel. « La mise au net peut se faire au contraire, avec élimination du principal et conservation des traces en périphérie. Des formes lacunaires à considérer comme une autre manière de voir le même. »

Pour Baptiste Gaillard, rencontré à l’ombre d’un arbre entre l’Aar et les vélomoteurs, ces poèmes en prose sont aussi des essais, au sens de tentatives, où le texte parle du monde tout en parlant de lui-même et se contorsionne au gré d’exigences impérieuses : l’observateur s’efface au contact de la matière en mutation que convoque une plume précise jusqu’à l’indécision.

Ambivalent, mal ajusté, indénouable, Bonsaï est un livre exigeant qui trouve son générateur – et l’origine de son déploiement – à sa toute fin : il est une forme contrainte qui rend une image miniature d’une espèce naturelle ; « de nouvelles impulsions non jugulées rendent au spécimen son naturel. » C’est ainsi que l’art déborde la forme, que l’agitation l’épuise.

Et puis l’agitation passe ; les restes sont constellés de fulgurances. On peut enfin le comprendre. « Comment quelque chose advient de l’abandon. »

Baptiste Colombara