Von Männlichkeit und Klischees

Während die Teilnehmer*innen eintrudeln, erklärt Moderator Donat Blum die Spielregeln, wer sich in der Zoomsitzung wie und wann melden soll, um die eigenen Gedanken einzubringen. Nebenbei begrüsst er das Publikum. Ich bin bei der Textwerkstatt Skriptor Prosa, wo ein unveröffentlichter Text von Lukas Linder im Kreise anderer Autor*innen besprochen wird. Dazu gehören Annina Haab, Lukas Maisel, Ilia Vasella und Katja Brunner. Aufgeregt liest der Autor Lukas Linder seinen Text vor. Dieser ist voller Schwung. Ein Mann kehrt nach 25 Jahren zurück in seine Heimat, was er dort genau will, bleibt jedoch offen. Klar wird, dass dieser Mann 35 Jahre alt ist und in einer WG mit drei 20-jährigen Kerlen wohnt. Es folgen Ereignisse und Probleme, die sie gemeinsam in ihrer Wohnung erleben.

Die Leseeindrücke der anderen Autor*innen steuern schnell in eine gemeinsame Richtung: Männlichkeit und Klischees. Nach Ilia Vasella weist der Text einige Klischees auf. Diese bestünden in den Beobachtungen und Bildern, jedoch seien diese auch nötig, damit das Senkbeil der Tragödie – was den Mann in seine Heimat zurückbringt – gerechtfertigt sei. Katja Brunner nimmt daraufhin den Text in Schutz und die Kritik wird immer konkreter. Das Lieblingsbuch des Mannes ist von Hegel, obwohl er nichts vom Text versteht, oder er trinkt lieber Fencheltee und Milch statt Alkohol. Die Figur wird mit Klischees ausgestattet und sogar als plakativ bezeichnet. Dies in Bezug auf die Männlichkeit, welche den zweiten grossen Diskussionspunkt bietet.

Die anderen Autor*innen beschreiben diese als Persiflage oder als Überführung von Männlichkeit. Oder aber als Vergleich zwischen dem Protagonisten und seinen jüngeren Mitbewohnern. Dieser Vergleich basiert vornehmlich auf dem unterschiedlichen Sexualleben der beiden Generationen. Es folgt die Frage, was oder wer mit «der herkömmliche Mann» genau gemeint sei und schliesslich wird sogar die Glaubwürdigkeit der Figur angezweifelt. Diese Distanz zur Figur scheint aber genau dem Format der Textwerkstatt zu entsprechen, denn der Autor Lukas Linder befindet sich noch mitten im Schreibprozess. Wir sind gespannt auf das vollendete Werk!

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