Übersetzen ist Vertrauenssache

Im Rahmen der Solothurner Literaturtage sprach der Autor und Übersetzer Karl Rühmann mit Lana Bastasic und Rebekka Zeinzinger über das literarische Übersetzen.

Lana Bastasic schrieb 2020 den Roman «Fang den Hasen», für den sie den Literaturpreis der Europäischen Union bekam. Der Roman wurde inzwischen in 13 Sprachen übersetzt und von Rebekka Zeinzinger auch ins Deutsche. Es handelt sich um einen sehr schwierig zu übersetzenden Roman, da viele kulturelle Hintergründe beschrieben werden, welche man nicht wortwörtlich übersetzen kann.

Rebekka Zeinzinger studierte Germanistik, Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft und lebte 3 Jahre lang in Sarajevo, wo sie auch den bosnischen Dialekt lernte. Sie übersetzt Literatur aus dem Bosnischen. Durch Zufall las Zeinzinger in Sarajevo den Roman von Lana Bastasic und fand, dass man ihn unbedingt übersetzen sollte. Die Übersetzungsrechte waren bereits beim S. Fischer-Verlag, doch Bastasic wollte keinen «Verlagsübersetzer» für ihren Roman. Zeinzinger übersetzte ohne Auftrag das erste Kapitel und begeisterte Bastasic.

Sie trafen sich mehrmals in Sarajevo und konnten die kulturellen und intertextuellen Referenzen miteinander diskutieren.  

Zeinzinger versuchte die Stimmung des Romans einzufangen und auf Deutsch wiederzugeben, was nach ihrer Aussage aber nicht immer gelingt. In jeder Übersetzung fehlt etwas und dem Übersetzer muss immer bewusst sein, was erhalten bleiben muss, damit die Szenen Sinn machen. Zeinzinger sagt, dass man ein Verständnis für den kulturellen Hintergrund und die Umgangssprache haben muss und dieses nur erhält, wenn man vor Ort lebt. Fotografien können helfen, sich in die andere Kultur besser hineinzudenken und von daher wird es für den Übersetzer*innen leichter, sich diese Kultur übersetzbarer zu machen.

Es ist den Literaturkritiker*innen oft nicht bewusst, dass sie die Übersetzer *innen kritisieren und eigentlich die Autor*innen meinen.

Die heutige Veranstaltung in Solothurn hat sich dem Thema Übersetzen von Literatur angenommen und löst hoffentlich Denkanstösse für weitere Auseinandersetzungen aus. Karl Rühmann hat souverän moderiert und man merkt, dass er ein erfahrener Übersetzer ist. Er ist dank seinem kulturellen Hintergrund mit der serbischen und deutschen Kultur sehr vertraut und weiss, wo die schwierigen Klippen beim Übersetzen sind. Darauf konnte er im Gespräch mit Bastasic und Zeinzinger hinweisen.      

Marlène Baeriswyl

14.5.2021

Veröffentlicht von

Marlène Baeriswyl

Marlène Baeriswyl studierte 1984 - 1990 Germanistik und Anglistik an der Albert Ludwig Universität in Freiburg i. Br. Sie übt verschiedene Lehrtätigkeiten aus und absolvierte längere Auslandaufenthalte im englischen Sprachraum.

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