Flucht oder Angriff?

Mit dem Versprechen «next year in presence» verabschiedet sich der libanesische Autor Mazen Maarouf von seiner Lesung. Die Zusicherung seines Besuches in der Schweiz ergab sich aus der Frage nach seiner Heimat. Der Schriftsteller lebt und arbeitet heute in Island, wuchs jedoch als Sohn palästinensischer Flüchtlinge im Libanon auf. Dorthin würde er auch gerne irgendwann wieder zurückkehren. An den Ort seiner Kindheit, wo die Kurzgeschichten seines Buches Ein Witz für ein Leben spielen.

Das Buch erschien im Original auf Arabisch und deshalb wird im Hörbeitrag der Literaturtage auch in Maaroufs Muttersprache vorgelesen. Der Autor präsentiert zwei bis drei Absätze auf Arabisch und Sabine Haupt fährt in der Textstelle auf Deutsch fort. Auch ohne Arabisch zu verstehen, fühlt man sich während der Lesung in Originalsprache in die Heimat des Schriftstellers versetzt.

Patriarchale Strukturen, Macht und Krieg prägen die Kurzgeschichten, doch man sieht alles mit dem Blick eines unschuldigen Kindes. Dieses Kind verletzt sich selbst, damit es in der Schule angeben kann, wie heftig es vom eigenen Vater verprügelt wird. Je brutaler die Strafen eines Vaters gegenüber der Kinder sind, desto angsteinflössender wirkt dieser in der Gesellschaft und entspricht damit dem männlichen Ideal. Kein Mann möchte als «Grashüpfer» bezeichnet werden, denn dies bedeutet, dass man lieber die Flucht ergreift, anstatt anzugreifen. Auch wenn die Geschichten von heldenhaften Männern geprägt sind, berichtet der Schriftsteller auch von starken Frauen. Eine von ihnen sei die eigene Mutter, so berichtet er im Gespräch. Sie zog ihn und seine Geschwister auf und sorgte dafür, dass sie eine Ausbildung erhielten, doch die Anerkennung erhielten immer nur die Männer.

Maaroufs Kurzgeschichten sind voller realer Erlebnisse, handeln von traumatisierten Familien, die alle eine eigene Geschichte haben. So vermischen sich die allgemeinen Familiengeschichten mit seinen persönlichen Erlebnissen. Jedoch behalten die Geschichten immer die Perspektive des Kindes. Maaroufs Ziel ist eine Vermischung zwischen unterschiedlichen Kulturen, dass diese mehr miteinander geteilt werden. Dieses Ziel wird in der Lesung definitiv erreicht, indem auf Arabisch und Deutsch gelesen wird.

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