Unkonventionell lieben

Werner Rohner spricht mit Regula Walser über seinen Roman Was möglich ist.

Altersunterschiede, Fremdgehen und gleichgeschlechtliche Liebe: In Werner Rohners Roman Was möglich ist stehen diejenigen Liebesbeziehungen im Fokus, die in der Literatur ansonsten weniger beachtet werden. Das Spezielle daran: Ein männlicher Autor schreibt aus der Perspektive dreier Frauen.

Prompt stellt Regula Walser die Frage, die Werner Rohner wohl häufiger zu hören bekommt: «Wie kommen Sie darauf, als Mann über weibliche Hauptfiguren zu schreiben?» Lange überlegen muss Rohner nicht. Für ihn habe es sich stets natürlich angefühlt. Beim Schreiben fühle er sich nicht als geschlechtliches Wesen, sondern vielmehr bloss als Mensch. So brauche es auch keine Rechtfertigung dafür. Wie recht er doch hat!

Der Roman handelt von drei Geschichten. Von der Kellnerin Edith, die sich kurz vor ihrer Pensionierung in den viel jüngeren Chris verliebt. Von der schwangeren Vera, die der frisch geschiedenen Nathalie verfällt. Und von der Mutter Lena, die ihren Mann betrügt. Es sind drei ganz unterschiedliche Liebesgeschichten. Trotzdem weisen sie Gemeinsamkeiten auf: Sie überschreiten bestehende Konventionen und markieren einen Ausbruch aus dem früheren Leben.

Genau diesen Parallelen ist es geschuldet, dass die Perspektive ständig zwischen den drei Geschichten hin und her wechselt. Werner betont dabei, dass diese Perspektivenwechsel keineswegs Distanz schaffen sollten. Vielmehr würden dadurch die einzelnen Beziehungen noch näher erfahrbar gemacht. Ob das auch funktioniert, kann in der individuellen Lektüre geprüft werden.

Schon bald lenkt Regula Walser den Fokus weg von den Details der Liebesbeziehungen, um näher auf Werners Schreibstil einzugehen. Wie aus den vorgelesenen Textstellen ersichtlich wird, ist dieser geprägt durch eine detailgetreue Beschreibungen und einen einfühlsamen Klang. Dieser Klang entsteht nicht etwa von alleine. Harte Arbeit steckt dahinter, wenn Rohner sagt: «Ich arbeite an jedem Satz 1000 Mal.» Am Anfang stehe ein Grundton, den er weiterführe und verfeinere. «Ich wäre gerne Musiker geworden», sagt er. Und das sei er mit seiner Arbeit als Schriftsteller quasi auch geworden – einfach ohne Musikinstrument.

Auch wenn Regula Walser interessante Fragen stellt: So richtig schlau wird man aus Werners Antworten nicht. Das sei ihm verziehen. Sein Schreiben geschieht wohl zu intuitiv, um es in der mündlichen Sprache angemessen erklären zu können.

Titelbild: © Lenos Verlag