Sehnsucht nach dem Unbekannten

Lukas Maisel sinniert in seinem Debütroman Buch der geträumten Inseln über die Faszination des Entdeckens.

Entdecker sein, wenn es nichts mehr zu entdecken gibt: Ein schwieriges Unterfangen. Doch genau davon handelt Lukas Maisels Debütroman Buch der geträumten Inseln. Robert Akeret – so heisst die Hauptfigur des Romans – macht sich auf, um ein Lebewesen zu entdecken, das nicht ganz Mensch und nicht ganz Tier ist. Ein Zentaur also? Diese Frage bleibt leider unbeantwortet. Im Gespräch mit Lukas Gloor sinniert der Jungautor Lukaus Maisel aber über anderes. Wie etwa über den schmalen Grat zwischen Wahnsinn und Genialität.

Meine Internetverbindung streikt erst. Deshalb verpasse ich die ersten fünf Minuten des Gesprächs – und damit wohl die Vorstellung und Kurzbiographie von Lukas Maisel. Nicht weiter schlimm, da ich mich zuvor bereits über den Jungautor informiert habe. Er studierte am Literaturinstitut in Biel und erhielt für seinen Roman Fördergelder der Kantone Aargau und Solothurn.

Als auch ich mich in das virtuelle Gespräch einklinken kann, liest Maisel bereits seine erste Textstelle vor. Darin befindet sich die Hauptfigur Robert Akeret mit drei Gefährten auf einem Boot in Papua-Neuguinea, genauer auf dem Fluss namens Fly. Auf dieser Reise will Akeret das besagte Fabelwesen aufspüren. Dieses will er in der Wissenschaft schliesslich unter dem Namen «Homo Akereti» bekannt machen.

Was zu Akerets Vorhaben führte, ein Fabelwesen zu entdecken, wird in der zweiten Textstelle klar, die Maisel vorliest. In einem Rückblick in seine Kindheit erfährt man, dass er auch schon Gold herstellen wollte, indem er seinen Urin einkochte. Ein Indiz dafür, dass Akerets Geist wohl doch näher beim Wahnsinn als bei der Genialität zu verorten ist.

So, wie sich das Fabelwesen zwischen Mensch und Tier bewegt, ist auch Robert Akeret selber alles andere als ein normaler Mensch. Durch seine autistische Veranlagung sind ihm klare Ordnungen und Systematiken besonders wichtig. Nicht nur für ihn, sondern – wie Maisel kritisch anfügt – auch für die Wissenschaft an und für sich. Denn die Wissenschaft sei zahlenfixiert. Lediglich Phänomene, die sich quantifizieren lassen, seien auch greifbar. Andere Themenbereiche, die sich nicht so einfach fassen lassen, würden weniger beachtet – so etwa die Geisteswissenschaften.

Maisel sprudelt nicht gerade vor Erzählwut. Auf die Fragen von Lukas Gloor antwortet er stets knapp und mit wenig Begeisterung. Das ist schade, denn die Geschichte strotzt gerade von einer Vielfalt an Themen und Motiven. Trotzdem schimmert im Gespräch durch, dass der Roman das ungemütliche Gefühl aufzeigt, dass die Zeit der grossen Entdeckungen zwar endgültig vorbei ist, der Drang danach aber in uns allen weiterlebt.

Titelbild: © Rowohlt Verlag