Blumen wachsen aus dem Kopf

Der Platz vor der Aussenbühne Landhausquai füllt sich, Menschen reihen sich in die Sitzreihen ein und bilden stehend weitere Reihen um die bereits bestehenden herum. Gespannt schauen alle in Richtung Rednerpult, noch ist niemand da. Dann kommt sie und liest. Melinda Nadj Abonji trägt aus ihrem neuen Buch Schildkrötensoldat vor.

Sie entführt uns in eine andere Welt – in vielerlei Hinsicht. Einerseits ist es die Welt von Serbien im Jahr 1991. Andererseits ist es die Welt des wunderbar phantasievollen jungen Mannes Zoli, der so gar nicht zum Militärdienst passt, den er absolvieren sollte. Er spricht von seinem Unfall, als er vom Motorrad seines Vaters gefallen ist. In Worten, die nur so sprudeln vor Poesie. Er spricht von Blumen, die aus seiner Wunde im Kopf herauswachsen und die dann plötzlich doch keine Blumen mehr sind, sondern Vögel. Er sieht die Welt auf seine ganz eigene Art. Blumen, Vögel, Farben, alles scheint er stärker wahrzunehmen als seine Mitmenschen, vor allem als seine Eltern.

Die grobe Sprache des Vaters steht im krassen Kontrast zu Zolis feiner Wahrnehmung. Zoli erzählt sehr assoziativ und unruhig. Als ob alles raus müsste, mit einem Schwall. Nadj Abonji betont den Rhythmus dieser drängenden Sprache mit unterstreichenden Handbewegungen auf dem Tisch. Das Publikum ist gebannt. Für zwanzig Minuten sind wir dank Melinda Nadj Abonjis farbenstarken Worten in einer anderen Welt.

Sackgassen oder existenzielle Schleudertraumata

18 Uhr. Das Foyer des Stadttheaters ist zum Bersten gefüllt. Ungeduldig warten die Besucher auf den Einlass. Mit einigen Minuten Verspätung beginnt schliesslich die Lesung von David Signer aus seinem neusten Werk Dead End – so glauben wir zumindest. Was dann aber folgt, ist eine euphorische Lobrede des Moderators Florian Vetsch auf den Autor, die kein Ende zu nehmen scheint. Dabei stellen wir uns die Frage, ob Signer diesen Vorschusslorbeeren gerecht werden kann.

Mit ruhiger Stimme liest Signer Ausschnitte aus drei seiner acht Erzählungen von Dead End vor. Sie alle weisen gewisse Gemeinsamkeiten auf: Alle Protagonisten sind männlich, weiss und um die 40 Jahre alt. Durch seltsame Zufälle geraten sie in vertrackte Situationen, aus denen sie nicht wieder herauskommen – Sackgassen, oder auf Englisch Dead Ends. Wer dabei die grosse Tragik erwartet, irrt gewaltig: Die Geschichten triefen vor Humor, der genauso düster ist, wie die Milieus, in denen die Handlungen spielen.

Ein ominöses Erbe wartet darauf, in Empfang genommen zu werden und der Einzige, der dafür in Frage kommt, ist Christian Hartmann, Mathematiker und chronisch misstrauisch. Trotzdem rutscht er Schritt für Schritt in sein Verderben. Dies passiert auch Fred, der ein verlängertes Wochenende in Berlin verbringt unter dem Motto „to have a walk on the wild side“. Die Sinne von Drogen vernebelt, trifft er auf die viel jüngere Juliane und verliebt sich auf Anhieb. In absurden Zufällen glaubt er einen tieferen Sinn zu erkennen. Ihre blauen Augen erinnern ihn an den Bodensee – was für eine glückliche Fügung des Schicksals für den Schweizer! Am nächsten Tag versucht er sie anhand von Erinnerungsfetzen wieder aufzuspüren, wobei er ebenso in sein Verderben rennt, wie Christian Hartmann zuvor.

Der schwarze Humor kommt beim Publikum ebenso gut an wie beim Moderator, der die Augen während der Lesung nicht vom Text lassen und sich vor Lachen kaum halten kann. Zu Recht, denn die beschriebenen Situationen sind in ihrer witzigen Absurdität kaum zu überbieten.

Im anschliessenden Gespräch gesteht Signer seine Vorliebe für amerikanische Literatur. Die deutschsprachige Literatur weise für Signer einen zu grossen Fokus auf die Innerlichkeit auf, während in der amerikanischen Literatur die Figuren in die Handlung herausgeschleudert würden. Letzteres will auch Signer in seinen Texten erreichen. Dies ist ihm gelungen. In Dead End werden die Figuren der Handlung hilflos ausgesetzt, trotz vergeblicher Versuche, diese selbst zu bestimmen. Glaubt man Signers eigenen Worten im Gespräch, erleben die Figuren in Dead End ein „existenzielles Schleudertrauma“.

18:50 Uhr. Die Zeit drängt. Bis um 22 Uhr hätte die Lesung weitergehen können, findet der Moderator. Das finden wir auch.

Simon Härtner und Fabienne Suter

„Die Dinge, die mich umgeben.“ – Anja Kampmann und Thilo Krause im Gespräch

Naturlyrik. Der schlichte Veranstaltungstitel hält, was er verspricht und scheint im ersten Moment das Klischee einer verstaubten Gattung zu bestätigen: Beim Betreten des Säulensaals fühlen wir uns sehr jung.

Das Gespräch beginnt mit einer theoretischen Verortung: Anja Kampmann beschreibt Naturlyrik als Auseinandersetzung mit der sinnlich erfahrbaren, vielschichtig gemachten Welt. Thilo Krause, ganz unironisch als „Lyriker und Wirtschaftsingenieur“ vorgestellt, antwortet auf die Frage nach einer Begriffsbestimmung der Naturlyrik mit einem Abriss der ganzen Tradition und bemängelt im Scherz die Kürze des Wikipedia-Eintrags dazu, den er zur Vorbereitung auf das Gespräch konsultiert habe.

Die Veranstaltung soll dem Eindruck des Altbackenen trotzen, der dem Genre anhaftet. Naturlyrik müsse eben nicht eskapistisch sein. Wir verbrächten ohnehin den Grossteil unserer Zeit in menschgemachten Landschaften. Lyrik über solche könne gerade zeit- und ortsspezifische Ordnungen von einer konkreten, sinnlichen Erfahrung her reflektieren. Was findet also heute in der Naturlyrik alles Platz? Vieles. Und eben nicht nur Natur, zumindest nicht im engen Sinn. In Kampmanns und Krauses vorgetragenen Gedichten werden keine blühenden Schäfchenwiesen beschrieben, sondern der Great Pacific Garbage Patch – ein Abfallfeld im Pazifik so gross wie Eurasien – und Tauben, die unter Autobahnbrücken nisten.

Das Prinzip des Gesprächs, die Autoren Gedichte des jeweils anderen auswählen und kommentieren zu lassen, hätte Potential, erweist sich aber in diesem Fall als etwas repetitiv. Beider Gedichte sind mit einem aufmerksamen Blick für das häufig nur beiläufig Registrierte der alltäglichen Umwelt geschrieben. Sie sind aber wegen ihrer sprachlichen Dichte auch sperrig, und wenn man sie – im Gegensatz zu den Vortragenden – nicht ohnehin schon kennt, fühlt man sich, als belausche man nur zufällig eine Diskussion unter Freunden, der man nur halb folgen kann.

Das Ping-Pong-Spiel von Lesen und Kommentieren kommt zu einem Ende, als Anja Kampmann kurz vor Ablauf der Zeit den „Gleichstand“ verkündet. Unser Fazit fällt durchzogen aus: Die Texte haben gezeigt, dass die Gattung auch im Zeitalter von Umweltproblemen durchaus noch Relevanz hat, über das passende Format zur Vermittlung dieser lässt sich streiten.

Simon Härtner, Marco Neuhaus, Julia Sjöberg

Flaniermeile – Färöer-Inseln 1:0

Wie unpassend die Szenerie einer Kurzlesung doch sein kann. Die Solothurner Sonne lässt das Publikum vor der Aussenbühne am Landhausquai schwitzen. Verena Stössinger jedoch liest in ihrem Roman Die Gespenstersammlerin von einem kalten Ort. Von Astrid nämlich, die sich für eine Auszeit in den hohen Norden zurückgezogen hat, wo Nebel, Kälte und Dunkelheit die Szenerie bestimmen.

Astrid sammelt Geschichten. Geschichten von Trollen, Meerfrauen und Selbstmördern, die sich in Seehunde verwandeln. Sie will diese Sagen in einem Buch vereinen, deshalb hat sich in einem historischen Haus auf den Färöer-Inseln eingenistet. Auf die Gespenster und ihre Sagen, die im Roman immer wieder auftauchen, wartet man bei Stössingers Lesung jedoch vergeblich. Sie liest den Romananfang, der zwar Einblick gewährt in ihren feinen, unaufdringlichen und atmosphärischen Schreibstil, mit dem es ihr aber nicht gelingt, das Publikum zu fesseln, das zahlreich erschienen ist.

Vielleicht ist die lebendige Altstadtgasse, an der sich Festivalbesucher wie Einheimische tummeln und für einen Geräuschpegel sorgen, bei dem Stössingers leise Stimme fast untergeht, der falsche Ort für einen ersten Eindruck. Die Lesung im Stadttheater am Samstag um 10.00 Uhr wäre womöglich eine bessere Möglichkeit, diese Autorin und ihren gelungenen Roman kennenzulernen …

 

Gefiederte Delphine

Ein Läufer sei der Lyriker, meint Moderator Florian Vetsch, und ja: Man sieht das Levin Westermann bei der morgendlichen Lesung auch durchaus an. Überpräsent sind die leuchtenden Laufschuhe unter dem Tisch, aber es gibt hier keinen Bruch zwischen Körper und Wort. Das Laufen nämlich, so stellt sich im Gespräch heraus, ist die Grundlage von Westermanns Lyrik. Im Laufen, am Fuss des Jura, filtern sich ihm die Textstellen heraus, die im Gedächtnis bleiben, die fremden wie die eigenen; im Durchgang durch die Natur zeigt sich dem Lyriker die Zeit als formatives Element. (Und durch diesen Duchgang angeheizt wurde es metaphorisch dann doch einmal wild, als Vetsch in Westermanns «Exerzitien der Krähen» «gefiederte Delphine» zu entdecken hoffte.)

Die divergenten Konzeptionen von Zeit – zehn an der Zahl – bilden das Gerüst des Tschechow-Zyklus, den Westermann in Solothurn liest und der sich in seinem Gedichtband 3511 Zwetajewa findet, den das «Buchjahr» im vergangenen Jahr bereits extensiv besprochen hat. Zeit ist ihm der Prüfstein des Literarischen; Literatur, so führt er aus, vermag «die Grenzen der Zeit in einem Gespräch zu überschreiten» – ganz konkret die Grenzen zwischen einem in Biel ansässigen Autor der Gegenwart und einer 1941 in Jelabuga in den Freitod gegangenen Lyrikerin, deren Sätze den Kern des dritten Teils des Buches bilden. Dass die Kritik bemängelte, neben Zwetjewas Prosa kämen «die daran angelagerten Textpartien des Autors kaum zur Geltung», will Westermann so nicht gelten lassen. Für ihn ist Dichtung keine Frage von Erfindung, sondern eben von «Verdichtung»: Die vergangenen Stimmen mit der eigenen zu verweben, darum geht es – und eben hierin wird die Lyrik dann eben auch zur Trauerrede, zum Dokument eines die Zeit überdauernden Bewusstseins. Der Gehalt von Westermanns Texten ist, schön ist das formuliert, der des «Palimpsestes»: unsere eigene kurzlebige Existenz vor dem Hintergrund einer Landschaft, die immer gleich bleibt.

Das Lachen bleibt im Hals stecken

Judith Keller schreibt kurze und sehr kurze Geschichten. An der Kurzlesung auf der Solothurner Aussenbühne Landhausquai trägt sie einige dieser Geschichten aus ihrem Buch Die Fragwürdigen vor. Mit einem schelmischen Leuchten in den Augen und wohlklingender Stimme.

Wir lernen dabei verschiedene Personen kennen. Zum Beispiel einen Einbrecher, der in der Wohnung, in die er eingebrochen ist, auf dem Sofa einschläft. Nicht, weil er dumm wäre, sondern weil er müde war. Dann ist da noch Kasimir, den nichts aufhält. Oder Géraldine, der alles bekannt vorkommt und die deshalb ihr Auto nicht mehr findet.

Mit Augenzwinkern belehrt Judith Keller ihr Publikum: „Geschenke beleben eine Beziehung, merken Sie sich das!“. Auch wissen wir nun, was das Problem ist, wenn jemand arbeitsscheu ist: Die Arbeit kommt nur zögerlich und geht dann gleich wieder.

Von lachenden, unsicher lächelnden bis hin zu tiefst nachdenklichen Gesichtern ist im Publikum alles zu beobachten. Das zu Recht, denn die Texte sind lustig und dann doch traurig, melancholisch und dann muss man plötzlich trotzdem schmunzeln. Der Herr hinten links hatte schon dazu angesetzt, laut loszulachen, doch das Lachen blieb ihm im Hals stecken. So geht es uns allen bei der Lesung. Wir lachen, und dann doch nicht. Von Texten berührt, die ankratzen, zum Glucksen anstiften und offensichtlich geliebt werden. Es gibt Texte, die dafür in Frage kommen: Die Fragwürdigen.

Selina Widmer

„Litter à tour“ – Einwegtexte über die Menopause der Madame Montagne

Nachmittag in Solothurn. Es ist heiss, eine gewisse Mittagsmüdigkeit stellt sich ein. Und dann kommt Patti Basler. Scheinbar in einem Atemzug gibt sie eine Ode an die Komposita im Kontext der zeitgenössischen nominalen Bindungsängste von Jugendlichen, liefert ein Requiem an eine berühmte Legehenne – die (oder das?) Eier-leg-ende – und eine Antwort auf Kreneks Liederzyklus über die österreichischen Alpen. „Madame Montagne: Das Ende des Zyklus‘ in den Sprachen der sieben Alpenländern.“ Und die Alpen als Frau in den Wechseljahren, gebeutelt von Wanderzecken und iPhone-Trägern, wo doch ihr eigener iSprung schon lange vorbei sei. Die Tage des jungfräulich von Wolken verdeckten Hauptes werden von Zeiten der Enthüllungspflicht abgelöst, wie auch die Sprachen und Dialekte der Alpenländer in der Performance der Vize-Schweizermeisterin im Poetry Slam 2018 fliessend ineinander übergehen.

Littering, das sei ja das grösste Problem bei diesem Wetter. Und davon habe Patti Basler in Form von Einwegtexten auch gleich etwas mitgebracht. An Müll erinnern die temporeichen Texte jedoch keineswegs – eher an einen Sturm an Andeutungen und Wortspielen: Überraschend, erfrischend und vor allem direkt.

Literatur-Unterhaltung auf zwei Beinen

Beim Schlendern durch die Solothurner Gassen bleiben wir an einem Autor hängen. Wobei Autor untertrieben ist – dieser Marko Miladinovic ist ein wahrer Performer.

Trotz zweisemestrigem Italienischkurs verstehe ich abgesehen von einzelnen Wörtern zwar nur wenig. Das ist aber scheinbar überhaupt nicht nötig. Von Miladinovics Stimme, seiner ganzen One-Man-Show wird man automatisch in den Bann gezogen. Sein sonorer Klang, dazu das musikalisch anmutende Italienisch – das hat eine hypnotisierende Wirkung und verleitet viele Schaulustige zum Verweilen, obwohl sich wohl mancher fragt, was uns dieser Auftritt denn genau sagen soll.

Miladinovic selbst verstummt zum Schluss. Eine computererzeugte Frauenstimme ertönt aus einem unterm Tisch versteckten Radio und lässt uns wissen, dass der Autor nicht mehr sprechen könne, der Fuss eines Pfarrers verstopfe seinen Mund. Tatsächlich: Der Künstler dreht sich zum Publikum, zwischen seinen Zähnen blitzen nur noch die Zehen eines Plastikfusses hervor. In diesem Sinne: Buon appetito!

Nicht nur ein Nicaragua-Buch

Der Saal des Stadttheaters ist voll – hektisch werden noch die letzten Plätze gesucht und Menschen drängeln sich entschuldigend in die Reihen. Der Erstling der Solothurnerin Regula Portillo mit dem poetischen Namen Schwirrflug interessiert. Sei es, weil sie gerade ein Heimspiel hat oder aber auch, weil ihr Roman Nicaragua behandelt. Nicaragua – eines dieser mittelamerikanischen Länder, das weit entfernt ist, wovon man wenig weiss und wo seit Wochen News generiert werden: Die Rentenreform des neuen alten Präsidenten Daniel Ortega wird nicht goutiert.

Daniel Ortega sei ein Bindeglied in ihrem Roman, meint Portillo, die selber einige Zeit in Nicaragua gelebt hat. Schwirrflug braucht ein solches Bindeglied, denn er spielt zu zwei verschiedenen Zeiten. Im Imperfekt werden die Erlebnisse von Ruth und Markus in den 80er Jahren in Nicaragua geschildert. Im Präsens das Wandeln der Töchter Alma und Judith auf den Spuren ihrer Eltern damals. Die Bindeglieder finden die Kinder nach dem Tod ihrer Eltern in Dokumentationen vom Dachboden und durch die Befragung von Bewohner_innen eines nicaraguanischen Dorfes.

Ohne grosse Effekthascherei liest Portillo aus ihrem Buch. Ihre Sprache und Wortwahl sind klar, die Dialoge bestechen durch ihre Alltäglichkeit und die Figurenzeichnung offenbart eine respektvolle Annäherung an die Thematiken des Romans. Die Falle der pathetischen Revolutionsdarstellung oder deren Bashing umgeht sie geschickt.

„Dies ist ja nicht nur ein Nicaragua-Buch“, sagt sie, womit sie den Nagel auf den Kopf trifft. Während ihrer Lesung wird klar, dass sie es schafft, in einem Band unaufgeregt Themen wie Gleichberechtigung, gut gemeinten Kolonialismus und den Verlust der Eltern respektvoll zu thematisieren.

Nach der schnellen Lesungsstunde ist klar: Die Lust zum Weiterlesen wurde bei vielen von uns aus dem Publikum geweckt.

Mia Jenni

Ostwald : Élargir les failles du monde

Il est un peu plus de onze heures sur la Kreuzackerplatz de Soleure. Les cloches d’une église, de l’autre côté de l’Aar, résonnent encore. C’est dans ce cadre idyllique que Thomas Flahaut s’apprête à répondre à mes questions relatives à la catastrophe nucléaire dépeinte dans Ostwald.

Le récit s’ouvre sur les paroles d’Iggy Pop – I am the passenger, I stay under glass. Tout le programme poétique d’Ostwald, me dit Thomas Flahaut, réside dans cette citation. Noël – le narrateur – est le passager de sa propre vie, désaffecté comme l’est l’usine d’Alstom dans le prologue. Vidé par le monde, il porte en lui l’héritage de sa classe sociale, la classe ouvrière. Peuplé d’écrans en tous genres, Ostwald prend littéralement place under glass. Thomas Flahaut a d’ailleurs voulu son texte plat comme un écran de cinéma, composé de courts chapitres qui composent autant de plans.

Je continue en évoquant la symétrie du récit entre l’avant et l’après catastrophe. Serait-elle déjà présente avant même d’avoir eu lieu ?

“ La catastrophe est déjà là, on a déjà les pieds dedans.“

C’est celle de la désindustrialisation, qu’on a tendance à oublier et que vient raviver l’explosion de la centrale de Fessenheim, dont le rôle est en réalité secondaire. Il s’agit plutôt de parler de la destruction d’une famille par la société.

La question suivante porte sur le titre. Pourquoi Ostwald ? Thomas Flahaut m’avoue n’y être jamais allé.

„Je voulais qu’elle reste rien pour moi.“

Ostwald doit rester un mystère, comme l’est le père. Et l’histoire tourne autour d’espaces vides, un vide autour duquel gravite le monde. Ostwald, c’est aussi la « forêt de l’Est », puisque le roman raconte comment la ville, et par extension le monde, devient forêt.

L’entretien se poursuit sur une citation : l’usine Alstom, abandonnée, pourrit dans Belfort « comme un fantôme du passé ou un avant-goût de l’avenir ». C’est l’occasion pour moi d’aborder la temporalité du récit. Initialement, Thomas Flahaut l’avait rédigé au passé composé, laissant le présent s’imaginer et se dessiner en creux.

„Le présent est d’abord une astuce stylistique et littéraire.“

D’un autre côté, le récit est tourné vers un avenir que Noël est en mesure de prédire. La catastrophe déjoue ainsi le paradoxe temporel. Aussi bien passée que future, elle devient omniprésente.

J’essaie d’ancrer Ostwald dans le paysage littéraire contemporain. Il y a peu, Alexandre Gefen publiait Réparer le monde, un essai dans lequel il développe l’aspect « thérapeutique » de la littérature. Y-a-t-il, dans Ostwald, une volonté de réparation, de remédiation d’un mal déjà commis ?

„C’est pas un texte qui répare, c’est plutôt un texte qui regarde les failles et qui tente de les creuser, de les élargir. C’est un texte qui met du sel dans les plaies, qui fait mal au monde à défaut de le réparer.“

L’entretien touche bientôt à sa fin ; quelques ultimes questions s’enchaînent. Ostwald décrit un univers marginal, celui de la friche industrielle, celui du Bas-Rhin et de la ruralité ; est-ce qu’un Parisien aurait pu l’écrire ?

„Non, ou alors ça aurait été une imposture de le faire. Je n’aurais pas lu avec beaucoup de bienveillance un texte écrit par un Parisien. J’ai peut-être tort, mais je crois que ça a un sens d’écrire ce type de texte quand on vient d’où je viens.“

Ce sera le mot de la fin. Nos chemins se séparent sous un soleil toujours de plomb. Je rejoins le bureau de presse tandis que Thomas Flahaut se dirige vers le Landhausquai où il lira, à midi, un extrait de son magnifique Herbier d’usine, jamais paru en librairie.

Thomas Flahaut, Ostwald, Éditions de l’Olivier, 2017.