Uetz ist schuld

+++ Das Unwetter der vergangenen Nacht wurde nachweislich durch Christian Uetz verursacht, der unbedingt um 22.30 Uhr auf der Aussenbühne seinen «Engel der Illusion» noch einmal zum Besten geben musste. (Unten: Archivaufnahmen vom Freitag.)

Uetz

Noch vor Beendigung der Strafpredigt zeichneten sich der Aare abwärts die ersten Blitze ab, kaum hatte Uetz die Bühne verlassen, wurde der Landhausquai dann von Stürmen heimgesucht, Regen setzte ein, der Glacéstand musste vorzeitig schliessen. Beifällige Anerkennung für die Performance kamen von Patti Basler („Gut, aber ich war schon besser“) und Judith Keller („Ja nu: Angeri sägeds angersch. De Levinas zum Byschpiel“). Damit aber nicht genug. Gerade hatten sich die Böen wieder gelegt und die Umstehenden sich zum Ausklang in die Stehbar No. 19 verzogen, um den letzten Runden von Urweiders Flaschendrehen beizuwohnen, sah sich Uetz genötigt – man war kaum angekommen – sich schnellstmöglich in die Runde der Drehenden zu mischen, um seine Stimme ein weiteres Mal zu erheben. Ariane von Graffenried ahnte auf der Gasse bereits augenrollend „Itzt chunnts de grad wider“ – et voilà, der Donner folgte ihm. ++++

Das Lachen bleibt im Hals stecken

Judith Keller schreibt kurze und sehr kurze Geschichten. An der Kurzlesung auf der Solothurner Aussenbühne Landhausquai trägt sie einige dieser Geschichten aus ihrem Buch Die Fragwürdigen vor. Mit einem schelmischen Leuchten in den Augen und wohlklingender Stimme.

Wir lernen dabei verschiedene Personen kennen. Zum Beispiel einen Einbrecher, der in der Wohnung, in die er eingebrochen ist, auf dem Sofa einschläft. Nicht, weil er dumm wäre, sondern weil er müde war. Dann ist da noch Kasimir, den nichts aufhält. Oder Géraldine, der alles bekannt vorkommt und die deshalb ihr Auto nicht mehr findet.

Mit Augenzwinkern belehrt Judith Keller ihr Publikum: „Geschenke beleben eine Beziehung, merken Sie sich das!“. Auch wissen wir nun, was das Problem ist, wenn jemand arbeitsscheu ist: Die Arbeit kommt nur zögerlich und geht dann gleich wieder.

Von lachenden, unsicher lächelnden bis hin zu tiefst nachdenklichen Gesichtern ist im Publikum alles zu beobachten. Das zu Recht, denn die Texte sind lustig und dann doch traurig, melancholisch und dann muss man plötzlich trotzdem schmunzeln. Der Herr hinten links hatte schon dazu angesetzt, laut loszulachen, doch das Lachen blieb ihm im Hals stecken. So geht es uns allen bei der Lesung. Wir lachen, und dann doch nicht. Von Texten berührt, die ankratzen, zum Glucksen anstiften und offensichtlich geliebt werden. Es gibt Texte, die dafür in Frage kommen: Die Fragwürdigen.

Selina Widmer