Augenbrauen inspirieren

Den Abschluss eines geistreichen Tages in der Welt der Literatur verbringen wir in der Kneipe und lassen uns von der Jukebox Littéraire berieseln. Schade nur, dass unsere Textwünsche nicht ausgespuckt wurden. 

Das Konzept ist einfach. Das Publikum tippt ein Wort in die Tasten, die Regie wählt aus der Fülle aus, die Autor*innen werden zu einer Lesung inspiriert und suchen so schnell wie möglich einen passenden Text. Dabei sind heute die Initiantinnen des Formats Odile Cornuz und Antoinette Rychner sowie Tanasgol Sabbagh und René Frauchiger. Für den musikalischen Teil zwischen den Lesungen sorgt Adrien Gygax.

Ein ausgewähltes Wort ist die Augenbraue. Dazu haben gleich drei Autor*innen einen Text zu bieten. Augenbrauen inspirieren anscheinend. Auf die Texte folgt wieder ein Lied und auf das Lied wieder ein Wort und auf das Wort die nächsten Texte.

Für zwanzig Minuten ist dieses Format lustig. Danach wird es aber trotz Ukulele-Intermezzo und bunter Grafik etwas langatmig. Monika kommentiert noch rege weiter und wirft Begriffe in die Runde. Rar, Laktose, Lachgas. Aber wir sind dann irgendwann doch am Schluss angelangt. Wurstsalat wurde nicht gewählt, aber das macht nichts. 

Den vielen lachenden Gesichtern auf dem Bildschirm nach zu schliessen, hatten die Autor*innen und Moderatoren Spass. Wir übrigens auch. Und der Spass, das ist doch das wichtigste bei so einer Jukebox, oder?

Laura Barberio und Selina Widmer

Lyrische Bildwelten

Vom lyrischen Illustrationsbattle zum lyrischen Illustrationsduett. Eine kurzfristige Namensänderung, die auf jeden Fall Sinn macht. Denn ohne lautstarkes Publikum kein richtiges Battle. Als stiller Beobachter, ohne Stress, seine Bewunderung ausdrücken zu müssen, wird die Veranstaltung zu einer komplett neuen Erfahrung.

In 6 Runden lassen die Illustrator*innen vom Bolo Klub – Vera Eggermann, Edi Ettlin, Fruzsina Korondi, Meret Landolt, Eva Rust und Martina Walther – ihrer Kreativität freien Lauf. Gedichte werden illustriert und in kreative Bildwelten verwandelt. Der Bolo Klub ist ein Förderungsprojekt für eine neue Generation von Bilderbuchmacher*innen in der Schweiz. Die Kinderbuchautorin und Lektorin Katja Alves führt durch den Abend.

Die drei anwesenden Autorinnen Johanna Lier, Simone Lappert und Ruth Loosli tragen je zwei Gedichte vor, die gleichzeitig von jeweils zwei Illustrator*innen auf dem Blatt zum Leben erweckt werden.

Das Publikum, das bei einem Battle normalerweise den lautesten Akteur darstellt, ist virtuell nun gar nicht mehr bemerkbar. Es ist still. Zu still. Die Gedanken schweifen ab, während man die Entstehung von kleinen Kunstwerken beobachten darf. Eine Stille, die immer mal wieder durch die Stimme einer Autorin unterbrochen wird, die ihr Gedicht erneut vorträgt und so den gestalterischen Akt akustisch unterstreicht.

Ein inspirierendes, entspannendes und die Sinne erweckendes Zusammenspiel von Bild und Ton. Unglaublich, wie viele tolle Illustrationen in nur 40 Minuten dabei entstanden sind.

«Alles kann übersetzt werden. Die Unübersetzbarkeit ist ein Mythos.»

Les informations envoyées au préalable pour la manifestation de «Gläserner Übersetzer» donnaient déjà une idée de la manifestation exclusive à laquelle j’allais pouvoir participer ce soir; dans ma boîte de réception se trouvaient un online ticket personnalisé, des instructions pour l’utilisation de zoom et d’autres instructions pour le comportement des spectateurs pendant la manifestation. Bref, mes attentes pour la manifestation de «Gläserner Übersetzer» étaient plutôt élevées.

Comme le stipulent les instructions, à 16h45 pile je suis devant mon ordinateur, prête à être immergée dans le monde de la traduction. Puis, à 17h00, «levée de rideau» (autrement dit, la modératrice Ruth Gantert laisse entrer les participants à la vidéo conférence). Pour donner une idée de Patricia Klobusiczky, Madame Gantert présente brièvement la professionnelle expérimentée: Klobusiczky est née à Berlin, mais elle a passé les premières années de sa vie à Paris où elle ne parlait que le français. A 8 ans, la famille retourne en Allemagne où Klobusickzy apprend l’allemand. Klobusiczky profite de ce bilinguisme et fait des études de littérature avant de devenir traductrice indépendante en 2016. Aujourd’hui elle occupe de nombreuses fonctions liées à la traduction littéraire et travaille avec des noms respectés de la scène littéraire. Le livre qui nous fait plonger dans le monde de la traduction ce soir, c’est le livre Quand le diable sortait de la salle de bain de Sophie Divry.

Klobusiczky avoue d’emblée qu’il s’agit là d’un livre qui rend difficile toute traduction «classique» ; c’est un livre plein de jeux de mots et qui contient de nombreuses références à la littérature française (par exemple Astérix qui est invoqué à travers de délicieux «sangliers rôtis») mais aussi à la littérature mondiale. Si ces éléments stylistiques étaient transposés tels quels depuis le français, ils ne provoqueraient pas le même sentiment chez un public germanophone. Le défi consiste alors à percevoir les idées de l’auteur, de l’autrice, et à les transformer, à les exprimer en allemand. Pour les besoins de la manifestation, Klobusiczky commence son travail de traduction de Quand le diable sortait de la salle de bain au premier tiers du roman. La traductrice évoque l’importance de la lecture à haute voix pour se faire une idée du ton et de l’ambiance générale de la scène ; et elle joint la voix à l’explication. À travers des noms, Klobusiczky montre à son auditoire la difficulté de la traduction : «Jeveux» ou «Geaidequoi» sont des noms éloquents qui sont typique pour l’époque féodale. Avec «Mehrwillich» et «Ichhabsja» elle trouve des noms équivalents en allemand qui sont censés transmettre ce même sentiment de la féodalité.

Au cours de toute la manifestation, Klobusiczky commente ses réflexions, inclut et incite le public à faire des remarques. Grâce à sa personnalité extrêmement sympathique, elle arrive facilement à fasciner son public et à l’engager avec elle sur le difficile chemin de la traduction – qu’il s’agisse de trouver le temps verbal le plus pertinent ou de se mettre en accord sur des nuances de ton.

Le temps passe sans qu’on se rende compte et l’heure arrive déjà de se dire adieu. Bien que mes attentes aient été élevées, la manifestation de «Gläserner Übersetzer» les a largement surpassées. Malgré les circonstances bizarres, Patricia Klobusiczky a bien réussi à captiver son auditoire et à rendre vivant et proche son métier de traductrice.

Erzählen im Bild und mit Bildern

Welche Fragen interessieren, wenn Jugend- und Kinderliteratur aus der Perspektive von Erwachsenen betrachtet wird? Im Gespräch mit den Illustrator*innen Anete Melece, Nando von Arb und Vera Eggermann sollten genau diese geklärt werden. Versprochen wurde ein Einblick in das kreative Handwerk und eine Auseinandersetzung mit den erzählerischen Möglichkeiten, die Bilder mit sich bringen.

Leider gelang dies während dem 40-minütigen Gespräch jedoch nur bedingt, dafür wurden die aktuellen Kinderbücher der Illustrator*innen vorgestellt. Melece und Eggermann blätterten virtuell durch ihre Geschichten, während sie den Zuhörer*innen die Handlung zusammenfassten. Bei dem 300 Seiten langen Comic von Nando von Arb hätte das offensichtlich den Rahmen gesprengt, weshalb er kleine Auszüge zeigte und Einblicke in seinen Arbeitsprozess bot. Katja Alves, Autorin und Kinderbuchlektorin, moderierte das Gespräch auf eine sehr sympathische Art und Weise.

Seit 25 Jahren schreibt und illustriert Vera Eggermann Bilderbücher, wofür sie mehrfach ausgezeichnet wurde. Nun lebt sie in London und Luzern. Ihr neues Buch Hugo und Kauz erzählt eine Vater-Sohn-Geschichte und thematisiert das Leben mit der Natur. Für Eggermann ist es ein eher ungewöhnliches Projekt, da sie normalerweise eher Tiere zeichnet. Das sei oft weniger verfänglich, da kein Schönheitsideal erwartet werde. Ihr grosser Wunsch sei es, durch ihre Bilderbücher in Kindern die Lust zum Lesen zu wecken.

Anete Melece ist in Riga, Lettland, geboren. Sie ist Illustratorin sowie Animationsfilmemacherin und gewann 2014 den Schweizer Filmpreis in der Kategorie Animationsfilm für The Kiosk. Nun lebt sie in Zürich und stellte das gleichnamige Buch, basierend auf dem Animationsfilm, vor. Ihre Bücher seien oft detailreicher als die Filme, denn Animation sei sehr aufwendig. So biete auch dieses Buch viel Neues zum entdecken. Als Melece von ihrer Hauptfigur Olga erzählt, die ihren Unfall als Chance betrachtet und sich anschliessend für einen Spaziergang entscheidet, drängt sich der Aktualitätsbezug zur gegenwärtigen Lage förmlich auf.

Nando von Arb, 1992 in Zürich geboren, arbeitet als freier Grafiker, Illustrator und Autor in Gent (Belgien), wo er zurzeit ein Masterstudium in Fine Arts absolviert. Er erzählt von seinem Comic 3 Väter, der dieses Jahr für den Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreis nominiert ist. Das autobiographische Werk, das als Bachelorarbeit angedacht war, erzählt von seiner Kindheit in einer Patchworkfamilie. Auch der Illustrationsstil ist von seinen eigenen Kinderzeichnungen inspiriert.

Insgesamt bot die Veranstaltung einen stark visuell akzentuierten Einblick in drei Erzählwelten, welche die vielseitigen Möglichkeiten des Erzählens mit Bildern aufzeigten und exemplarisch aufzeigten, wie viel Kreativität in aktuellen Bilderbüchern und Comics steckt. Im Zuge dessen wird es sehr spannend sein, morgen im Comic Workshop von Nando von Arb tiefer ins Handwerk einzutauchen und vielleicht sogar eine eigene Geschichte mit dem Buntstift zu erzählen.

Peter Bichsel im Gespräch:
Lob des langsamen Denkens

Online Literaturtage in Zeiten der Pandemie und ein Gespräch mit Peter Bichsel, das passt nicht leicht zusammen. Denn Bichsel wettert gegen die digitalen Medien und den Virus zugleich. Das Verschwinden der Öffentlichkeit, das durch den Fortschritt der Digitalisierung im Gange sei, werde durch den Virus weiter vorangetrieben, sagt er gleich zu Beginn.

Dennoch trifft er sich mit Livio Beyeler zum Gespräch und wird über Kamera in die Wohnzimmer der Zuschauenden übertragen. Diskutiert wird sein Text Die drei Niederlagen des Denkers. Publikumsfragen werden dem technologiekritischen Bichsel über die Instagram-Seite des «Resonanzraums» zugespeist. Der kurze Text ist eine seiner Kolumnen aus den 60er-Jahren, die nun im Rahmen des Buchs Auch der Esel hat eine Seele gemeinsam mit anderen Kolumnen und frühen Texten veröffentlicht wurden.

Das Verschwinden der Öffentlichkeit

Darin schildert Bichsel das Gespräch zwischen einem älteren Bahnarbeiter – dem Denker – und einem jungen Kunstschlosser in einer Beiz. Der junge Schnösel verpasst dem alten Denker im Gespräch drei Niederlagen, doch Bichsel schliesst mit dem Satz «[D]er Denker war dreimal unterlegen – dies sei zu des Denkers Ehre gesagt.» Etwas scheint ihn an der Langsamkeit des alten Denkers zu faszinieren, der seine Gedanken mühsam ausformuliert, aber auch dem jungen Schnösel zuzuhören vermag – und ihm sogar Recht gibt. «Ein Denkender und ein Wissender, das sind zwei verschiedene Dinge», betont er im Gespräch mit Livio Beyeler, und viele denken heute zu schnell, fügt er an. Er schwärmt von stundenlangen unnötigen Diskussionen, die es früher gegeben habe, und die heute durch das schnell gezückte Smartphone verunmöglicht würden. Und er beklagt das Verschwinden der Beizen und der «Höckeler», die in ihnen verweilen und das Sujet seiner Kolumne bilden. Mit ihnen verschwinde die Öffentlichkeit und ohne Öffentlichkeit könne eine Gesellschaft nicht funktionieren, sei auch die Demokratie in Gefahr. «Einen der letzten gesellschaftlichen Begegnungsorte stellt der öffentliche Verkehr dar», klagt er und schliesst an: «Wir sind zu einer Grill- und Partygesellschaft geworden.» Untrüglich hat sich mit der Zeit ein gewisser Kulturpessimismus, den bereits der Text aus den 60ern aufweist, bei Peter Bichsel verstärkt. Dies erkennt er im Gespräch selbst an und schickt prophylaktisch voraus: «Natürlich war früher nicht alles besser. Jeder weiss, dass das nicht stimmt.» Dennoch scheint er selbst einer verlorenen Vergangenheit nachzuhängen. Inzwischen hat der 85-jährige Peter Bichsel die Schriftstellerei aufgegeben. Auf die Frage Beyelers hin, ob mit dem Schreiben wirklich Schluss sei, antwortet er denn: «Ich möchte nicht in ein Altersgeleier hineinrutschen. Ich möchte nicht von mir hören, dass es früher besser war. Und wenn ich weiterschreibe, hören die Leute das von mir.» Erzählen sei ein sentimentales Geschäft, es sei romantisierend und nostalgisch. Das lässt sich für Bichsel nicht verhindern. Um nicht kulturpessimistisch zu schreiben, hört er mit dem Schreiben auf. Da drückt der Kulturpessimismus umso stärker durch, gleichzeitig zeugen seine Aussagen von erstaunlicher Selbstreflektion.

Alternde Denker

Es ist frappierend, wie die Erzählsituation seiner Kolumne «Die drei Niederlagen des Denkers» in seinem Gespräch mit Livio Beyeler gespiegelt wird. Der eine jung, agil und wortgewandt, der andere alt, weise, aber umständlich um Worte kämpfend. Fast so, als habe sich Bichsel in den 60er Jahren in der Figur des alternden Denkers vorweggenommen, der zwar wenig galant spricht, dessen Worte dennoch hängen bleiben und tiefe Auseinandersetzungen offenbaren. Genau so wie der von ihm beschriebene, ideale Denker spricht er langsam, formt seine Gedanken geduldig und schweigend aus, antwortet dann knapp, und beantwortet die Fragen indirekter, doch auch tiefgründiger als erwartet. Mit dieser Andacht verwehrt sich Bichsel den Ansprüchen eines einstündigen intellektuellen Schützenfests. Doch sein Gespräch ist keineswegs eine Niederlage, gekonnt bringt er seine gut überlegten Antworten in der knapp bemessenen Zeit unter. «Kunst ist eigentlich so schwer, dass man sie heute überhaupt nicht mehr lernen kann», sagt der alte Denker im Text. Auf Beyelers Frage an Bichsel, ob sich die Erzählkunst denn heute noch lernen lasse, antwortet dieser stoisch: «Um es mit Karl Valentin zu sagen: ‘Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit’.» Ein Grund mehr für ihn, sich aus der anstrengenden Künstlerarbeit zurück zu ziehen. «Jetzt lese ich halt wieder», fügt er zum Schluss schmunzelnd an.

Buchjahr TV:
Gespräch mit Nora Zukker, Mitglied der Programmkommission der Solothurner Literaturtage

Digitale Literaturfestivals – Notlösung oder Chance? Nora Zukker, Mitglied der Programmkommission der Solothurner Literaturtage, sprach mit Philipp Theisohn über Hintergründe, Umsetzung und Perspektiven des diesjährigen Festivals.

Skriptor Prosa
Oszillieren zwischen Schlaf und Tod

Beobachten zu dürfen, wie sich das Publikum leger im Liegestuhl fläzt oder auf dem heimischen Sofa thront, sei schon fast wie ein Buch zu lesen. Meint Donat Blum, Moderator des Skriptor prosa, Die Textwerkstatt geht dieses Mal mit 36 abgebrühten Zoom-Profis und einer Textprobe von Deborah Neininger an den Start.

Das Veranstaltungsgefäss Skriptor ist aus dem Bedürfnis entstanden, einen Begegnungsraum für Autor*innen zu schaffen. Diese Versuchsanordnung soll Schreibprozesse sichtbar zu machen, die Textentwicklung vorantreiben – und bleibt dabei immer ein Wagnis für die Diskutierenden und vor allem die Autor*in.

Erklärtermassen aufgeregt liest Deborah Neininger aus dem Basler Gundeli einen kleinen Teil vom Anfang ihres Textes.

Dieser ist packend. Vom erbarmungslosen Katzentod schwenkt die Erzählerin zum tagelangen Sterbeprozess ihres Vaters, der zu Lebzeiten ein guter Schläfer gewesen war. Geschickt baut sie gleich zu Beginn einen – wie Romana Ganzoni richtig beobachtet – enormen Topos auf: Hypnos und Thanatos, der Schlaf und der Tod. Dieser Anfang führt laut Pino Dietiker dazu, dass jedes weitere zitierte Schlafen im Text dadurch eine neue Konnotation bekommt. Du siehst überall den Tod, sagt eine Figur. Und genau damit spielt Deborah Neininger.

Ein Wechselbad nennt es Alexandra von Arx. Hinter jeder Banalität lauere der Tod, jedes Idyll, alle Schönheit drohe jederzeit in den Abgrund zu stürzen. Der Kontrast als starker Aspekt des Textes. Ein anderer ist für Franco Supino die Sprache, die ihn trotz weniger Widerstände mitzieht. Diese Widerstände sind schwierig zu bennenen, auch Benjamin Kevera hat sie, findet aber auch nicht eindeutige Worte dafür. Einig sind sie sich, dass der Text voller starker Elemente ist, die von der Autorin aber noch auf ihre Eindeutigkeit geprüft werden sollen. Welche Funktion haben Neiningers Assoziationsketten? Kreieren sie ein Postkartenidyll? Und wie viel davon verträgt ein Text? Oder trügt gar der Schein, wie Ganzoni proklamiert? Sind die Kindheitserinnerungen der Erzählerin singulär, oder sollen sie ein Allgemeines abbilden?

Gut, dass Donat Blum noch einmal in die essentielle Richtung kickt und konkrete Handhabung für Neininger fordert. Romana Ganzoni würde den Text fertig schreiben und dann anhand der Inputs bewusster an die Szenen gehen und diese verdeutlichen. Die starken Motive brauchen Bewusstsein. Alexandra von Arx möchte die Ich-Erzählerin in der jetzigen Gegenwart besser spüren. Die Erzählerin in den Rückblenden habe eine starke Beobachtungsgabe. Dadurch, dass die ihre Aufmerksamkeit nicht auf Grosses, sondern auf das Detail richtet, gewinne sie an Stärke. Auch Franco Supino spricht von einer Erzählerin, die über allem steht, deren Gegenwartsfigur aber noch zu blass sei.

Deborah Neininger profitiert zweifach von der gelungenen Veranstaltung. Die breite Zustimmung versichert ihr, auf gutem Weg zu sein, die ähnlich gelagerten Widerstände signalisieren einen klaren Fokus hinsichtlich der Textüberarbeitung. Wohlgefühlt und gut gerundet funktioniert zoom-Skriptor tadellos. Dissonanz hätte das Medium wohl schlecht ertragen.

Gläserner Übersetzer 1: Ulrich Blumenbach übersetzt «Witz»

Der Übersetzer Ulrich Blumenbach hat sich zum Auftakt der Solothurner Literaturtage eine denkbar schwere Aufgabe aufgebürdet. Im Gespräch mit Martin Zingg widmet sich der seit 1993 als Übersetzer aus dem Englischen tätige Blumenbach seinem derzeitigen Projekt, der Übersetzung von Joshua Cohens Werk Witz. Dabei soll er «gläsern» werden, also den Zuschauenden Einblicke und Interventionen in seine Tätigkeit gestatten.

Cohens Witz ist gespickt mit «puns», Wortspielen und Kalauern also, die sich nur schwer übertragen lassen. Blumbenbach muss den Stil und Duktus von Cohen in- und auswendig kennen, um ihn ins Deutsche übertragen zu können. Assonanzen, Binnenreime, Homonyme, Wortwiederholungen, kulturelle Assoziationen – jede literarische Raffinesse will beachtet werden. Der zu übersetzende Epilog des Werkes verzichtet zudem gänzlich auf Interpunktion und erinnert so an den chaotischen Monolog der Molly Bloom in Joyces Ulysses.

An der Übersetzung dieser anspruchsvollen Zeilen mit ihrem von Cohen bewusst gesetzten Klang bleibt Ulrich Blumenbach öfter hängen. «Ich verliere hier ein offenkundig bewusstes Gestaltungsprinzip des Originals», klagt er. Denn die Kette von englischen Nomen, die jeweils mit «Re-» beginnen, lässt sich nicht unmittelbar ins Deutsche übertragen. Übersetzen – das wird den Zuschauenden schnell bewusst – ist eine ständige Suche nach kreativen Lösungen, ein konstantes Abwägen zwischen sprachlichen Kompromissen. So erlaubt die englische Sprache Cohen beispielsweise viel mehr Homonyme als das Deutsche. «Fast immer gehen mir die Homonyme verloren», klagt Blumenbach und ist froh, als er dann doch erfolgreich eines in die Übersetzung einbauen kann.

Die Zuschauenden in der Zoom-Konferenz bringen sich schnell ein mit Fragen und Bemerkungen zu den Übersetzungen. Fast wünscht man sich stellenweise, sie würden dem Übersetzer mehr freie Hand lassen, denn ebenso spannend ist es, ihm beim aktiven Grübeln an einer vorläufigen Lösung zuzuschauen. Doch Ulrich Blumenbach sagt: «Ach, ich liebe das Übersetzen in der Gruppe, der Text wird dadurch immer besser!» Seinen Enthusiasmus kauft man ihm ab. Es ist faszinierend, wie spielerisch er auf die Vorschläge des Publikums reagiert und wie viele von ihnen er verwerten kann.

Brüsk wird das Zoom-Treffen nach einer knappen Stunde vom Moderator Martin Zingg beendet und statt in Cohens Roman schaut man wieder auf den eigenen Desktop. Zwölf Zeilen hat Ulrich Blumbenbach mit Hilfe der Beteiligten bis dahin übersetzen können. Das abrupte Ende war vielleicht nötig: Beim Übersetzen – das hat dieser Einblick gezeigt – könnte locker noch eine weitere Stunde vergehen.

Dominik Fischer, Lorenz Ruesch

Ed Wige ou l’ambiguïté poétique

Ed Wige ? Sous le mystère de ce pseudonyme se cache un auteur ou une autrice qui aurait voulu garder son genre dans le flou. Comme le veut l’atelier Skriptor, Ed Wige nous lit le chapitre 26 d’un projet commencé l’été 2019 et toujours en cours d’élaboration. Rappelons-le, car parfois nous l’oublions : un texte n’existe pas ex nihilo, mais il se construit, il se sculpte, il s’affine, et souvent par de longs combats de réécritures, de négociations, de rééquilibrages. Le premier jet d’un texte, incisif et brut, semble toujours porté par une force incantatoire, poétique, hypnotique, qu’un remaniement excessif finira par aplanir. Comme nous le savons, toute la finesse de cet art est là ; dans le dosage. Toutefois, à la demande des organisateurs, nous ne reproduirons aucune citation du texte. Comment alors parler d’un secret sans totalement le révéler ? Son intérêt se déploie justement dans ce qui l’entoure.

La lecture a convaincu l’auditoire et provoque aussitôt une discussion féconde. Le texte vibre, nous le voyons habité par son personnage qui performe I Want It All de Queen. L’énigme, c’est « iel », pronom inclusif neutre à l’entente duquel toutes les oreilles ont frémi. Ce personnage est-iel à la fois narrateur ou narratrice ? L’oscillation entre le sujet et l’objet qu’il représente nous trouble. Comment définir quelque chose qui ne veut aucune étiquette « binaire » ? Qu’imaginez-vous lorsque, par exemple, vous lisez « iel chante » ou « iel se regarde dans le miroir » ? Pour ma part, la question est à la fois ambiguë et vertigineuse ; tout d’abord, il y a la difficulté à discerner la matérialité de ce corps, ensuite l’amplitude de l’éclatement identitaire – multiplicité qui résonne avec Fernando Pessoa et ses fameux hétéronymes, comme le soulignera une spectatrice, conquise par la musicalité de la prose. Ed Wige contextualise succinctement sa fiction ; par les circonstances d’événements extérieurs, deux amants se détacheront des conceptions hétéro-normées du couple pour endosser graduellement des rôles queer dans leur quotidien.

Les intervenants partagent alors leur point de vue et interrogations, en vrac, comme le veut l’exercice. Henri-Michel Yeré se demande si nous pouvons réellement nous affranchir de cette dichotomie paradoxale qui définit l’individu, à savoir le regard qu’il porte sur lui-même juxtaposé au regard qu’il perçoit chez les autres. Pascal Janovjak apprécie le symbole d’ambiguïté et de sensualité que devient Freddie Mercury, sublimé dans le texte par l’incarnation du protagoniste, mais l’écrivain se demande si le pronom « iel » n’intellectualiserait pas un peu (trop ?) cette non-binarité assumée, ponctuant maladroitement l’élan d’une émotion fortissime. Pour Clara Molloy, au contraire, l’élégance du pronom se prête sans complexe à la volupté suggestive du passage, elle aimerait plutôt savoir pourquoi la deuxième partie du texte change de direction pour nous confronter à la rigidité sociale que sous-entend l’apparition de mots comme « fille » et « garçon ». Cléa Chopard et Marina Skalova échangent sur la tension à la fois politique et poétique qu’engendre ce pronom encore inhabituel dans la littérature, quoique sa présence soit de moins en moins timide.

Évidemment, les quelques lignes ci-dessus ne sont qu’un très bref aperçu des réflexions qui se sont tissées durant l’atelier entre intervenants, auteur et spectateurs. Deux d’entre elles, en particulier, auront retenu mon attention. La première ; bien que la littérature soit un terrain de jeu, combien de chocs peut subir un lecteur avant de se sentir désarçonné puis délaissé ? Aucune réponse quantifiable n’est possible, seulement une exploration des sensibilités individuelles. La deuxième : cet assouplissement de la binarité – si j’ose le dire ainsi – n’est-il pas voué à une frustration constamment exacerbée par l’instabilité – ou la fluidité – d’une identité non binaire ? Vous le voyez, je m’y perds un peu, puisque trop peu souvent confronté à la question ; de toute façon, là aussi, toute réponse serait prématurée. Ce qui est sûr, c’est que la littérature et la fiction sont aussi là pour remuer les codes de la psychologie humaine, et déranger les a priori de la société.