Mehr als 280 Zeichen Einsamkeit

Seit März diesen Jahres veröffentlichen Jugendliche und junge Erwachsene Kürzestgeschichten auf dem dafür eingerichteten Twitter-Account @JULLinderStadt. Die 280 Zeichen langen Texte, die dadurch bis September entstanden sind, kann man nun auch analog lesen. Vorgestellt wurde das Heft im Rahmen dieser Lesung, die aufgrund der aktuellen Lage nun notgedrungen als Instagram-Live auf dem JULL Instagram-Account stattgefunden hat.

Betreut werden die schreibenden Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren von der Autorin Gina Bucher. Sie ist der Schreibcoach in diesem Projekt und unterstützt die Jugendlichen in ihrem Schreibprozess.

Als JULL-Stadtbeobachter*innen haben die Jugendlichen in diesen Mini-Erzählungen die Zeit der Pandemie verarbeitet und literarisch begleitet. Vorgelesen werden die Kürzesttexte abwechselnd von drei Twitter-Poet*innen. Chronologisch, mit Datum, Ortsangabe und ohne Pause. Dadurch entsteht tatsächlich so etwas wie ein Twitter-Feeling auf Instagram, ausgelöst durch eine analoge Lesung. Tönt nach viel? Das ist es auch, denn die Texte sind mehr als ein paar flüchtige Zeilen auf Social Media. Es sind Zeitzeugen einer Zeit, die uns gerade wieder zu überrollen scheint.

Leider wurde die Lesung in den besten Zeiten nur von 11 Zuschauern verfolgt. Doch für alle, die nun doch noch reinhören möchten, ist der Live-Stream auf dem JULL Instagram-Account gespeichert und jederzeit abrufbar.

Für uns bei «Zürich liest»:
Katharina Alder

Katharina Alder studierte – nach kurzen Ausflügen in die Philosophie (UZH) und ins grafische Arbeiten in einer Werbeagentur – Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Hannover. Nach der Geburt ihres ersten Sohnes im Frühling 2010 nahm sie ihr früheres Studium an der Universität Zürich wieder auf und belegt dort momentan Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft im Master.

2014 gründete sie aus purem Idealismus ihre eigene Buchhandlung – den klappentext in Weinfelden – und organisiert regelmässig kulturelle Veranstaltungen, so beispielsweise die Reihe textkultur sowie die Weinfelder Buchtage.

Seit der Rückkehr in die Schweiz hat sie Theater gespielt, zahlreiche Lesungen gehalten, Live-Hörspiele aufgeführt und unter dem Label alles&nichts verschiedene Veranstaltungsgefässe gegründet und kuratiert. Mit 6 Jahren erhielt sie ihren ersten Geigenunterricht. Sie spielte mehrere Jahre im Kammerorchester Konstanz, bevor sie Mitgründerin des im Thurgau ansässigen Kammermusik-Ensembles camerata aperta wurde.

Katharina liebt Texte und Musik, Frank Zappa und guten Rotwein, den Regen, die Melancholie, sandige Haut in der Sommersonne, Christoph Marthaler-Stücke und Wechselbäder der Gefühle.

Literatur trifft Twitter

Wenn junge Menschen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren Mini-Erzählungen für Twitter verfassen, so scheint es dem Medium angemessen, dass diese – coronabedingt – bei «Zürich liest 2020» im Instagram-Livestream vorgelesen werden. Die Rede ist von den Stadtbeobachter*innen des Jungen Literaturlabors (JULL), die von der Buchautorin Gina Bucher begleitet werden. Seit Anfang Jahr tweeten sie Kurzerzählungen über das Leben in und ihre Sichten auf Zürich – natürlich mit maximal 280 Zeichen (inkl. Leerzeichen).

Wie gestaltet sich das nun konkret? So zum Beispiel: Arzije, Dorijan und Malin, drei der zahlreichen Stadtbeobachter*innen, lesen im Livestream in abwechselnder Reihenfolge die Kurztexte vor. Darunter mischt sich immer wieder ein etwas längerer Text, der nicht für Twitter geschrieben wurde. Die Lesung klingt wie ein kollektives Corona-Tagebuch aus Zürich und thematisiert, was viele – und nicht nur junge Menschen – beschäftigt: vom stressvollen Rückweg aus dem Ausland, als Covid-19 aufkam, vom Umgang mit Masken und Desinfektionsmitteln, von der Freude, Freunde wiederzusehen, – und vom ersten Clubbesuch nach dem Lockdown. Die Texte sind eingängig und wohlformuliert – und als die Lesung nach etwa 30 Minuten zuende ist, glaubt man kaum, dass gerade ein halbes Jahr im Miniaturformat an einem vorübergezogen ist.

Für uns bei «Zürich liest»:
Selina Widmer

Vieles ist möglich, wenn dieses Zürich liest, aber eines ist sicher: Selina geht «auf ein Glas mit Meral Kureyshi und Frédéric Zwicker». Sie freut sich, auch diesen Herbst Teil des Buchjahr-Blogger*innen-Teams zu sein und nach gefühlten hundert Online-Lesungen endlich wieder mal den Karl (den Grossen) unsicher zu machen.

Selina studiert Germanistik in Zürich und mag es, wenn Menschen, Blätter oder Wörter tanzen.

Für uns bei «Zürich liest»:
Livia Sutter

Die eigene Zukunft gestalten, und das auch noch spielerisch – dieser Gedanke mag einem im Jahr 2020 fremd vorkommen. Geradezu kämpferisch und verführerisch wirkt da der Titel «Design Your Future Playbook». Livia ist gespannt, ob sie nach einem Besuch in der Buchhandlung Nievergelt weiss, was das Leben von ihr will.

Ausserdem gehört «chüschele» zu ihrem Aktivwortschatz, seit sie Andreas Neesers Alpefisch gelesen hat. Sie hofft, an seiner Lesung noch mehr Aargauer Dialektwörter aufzuschnappen.

Für uns bei «Züri liest»:
Emanuele Jannibelli

«Bei falschen Tönen stürzt man nicht ab» – dies der Titel von Emanueles nicht existierendem Tagebuch. Davon abgesehen ist die gemeinsame Schnittmenge von Orgelspielen und Bergsteigen, seinen Hauptbeschäftigungen, erstaunlich gross. Seine dritte Leidenschaft, diejenige fürs Lesen und Schreiben, hat er seit kurzem auf etwas festeren Boden gestellt, indem er in hohem Alter ein Masterstudium in Musikwissenschaft mit Deutscher Literatur im Nebenfach in Angriff genommen hat. Bei der Germanistik ist er allerdings Wiederholungstäter, hat er doch auf diesem Gebiet ein Vorleben aus den frühen 80er-Jahren. Seine damaligen Favoriten Silvio Blatter, Peter Bichsel, Emil Zopfi, Franz Hohler, Peter Weber, Hermann Burger oder Gerold Späth sind etwas in die Jahre gekommen, verstummt oder bereits verschieden. Seither sind Autoren wie Robert Schneider (natürlich, der spielt ja auch Orgel), Peter Stamm, Lukas Bärfuss oder Tim Krohn in den Vordergrund gerückt. Umso mehr freut er sich auf die persönliche Begegnung mit der literarischen Aktualität der Jetztzeit.  

Für uns bei «Zürich liest»:
Philipp Vassalli

Von A wie „Anaïs Meier und Lukas Linder auf ein Glas“, bis Z wie „Zürich liest“ und zwar mit Gästen der Solothurner Literaturtage, interessiert ihn alles.

Er hofft, dass er mit seinen Beiträgen zur Verbreitung des Lesefiebers beitragen kann, das nicht nur ungefährlich, sondern auch kurzweilig ist. Damit nicht vergessen wird, dass man auch selbst aktiv werden kann, freut er sich zudem, die Leserinnen und Leser auf einen Selbstversuch in den Workshop „kreatives Schreiben“ mitzunehmen.

Philipp studiert allgemeine Geschichte und Deutsche Literaturwissenschaften an der Universität Zürich.

Für uns bei «Zürich liest»:
Mirjam Rusterholz

Wenn man im Jahr 2020 schon nicht gut verreisen kann, dann lasst uns in diesem Herbst wenigstens unseren Geist schweifen. Zum ersten Mal bei «Zürich liest» mit dabei, freut sich Mirjam, Literatur nicht nur mit den Augen, sondern mit allen Sinnen erleben zu dürfen. Angeregte Literaturgespräche und bildnerische Auseinandersetzungen mit dem geschriebenen Wort lassen erkennen, wie vielfältig, kritisch und gesellig Literatur sein kann.

Um diese Erfahrung für alle Interessierten einzufangen, wagt sich Mirjam hinter den Bücherbergen aus ihrem Literaturstudium an der UZH und ihrer Arbeit als Bibliothekarin hervor und begibt sich mit viel Vorfreude auf literarisch-journalistische Spurensuche in der Stadt Zürich.

Für uns bei «Zürich liest»:
Julia Sutter

Mit Wörtern jonglieren und in fiktiven Welten lustwandeln gefiel Julia schon immer. Deswegen freut sie sich unglaublich auf «Zürich liest» und die verschiedenen Anlässe, bei denen sie mit gezücktem Bleistift dasitzen wird. Im sogar theater lauscht die Sprachenliebhaberin dem «Zwitschern einer Dolmetscherin» und lässt sich am Sonntagmorgen während einer Frühstücksmatinee von den Erzählungen Iwan Bunins fesseln. In der GeschichtenBäckerei nimmt die junge Kunstfreundin für einmal nicht die Zuhörerrolle ein, sondern versucht sich selbst im kreativen Schreiben. Ob dieser Teig wohl schön aufgehen wird?

Julia studiert Germanistik und Anglistik an der Uni Zürich, liest für ihr Leben gern, musiziert mit Leidenschaft und ist sehr entdeckungsfreudig. Sie interessiert sich für Geschichten aller Art, Kommunikation, verschiedene Kulturen und den Menschen ganz allgemein.

Für uns bei «Zürich liest»:
Laura Barberio

Erzählungen mit 280 Zeichen. Laura freut sich darauf, am diesjährigen «Zürich liest» die Textsorte Twitter näher kennenzulernen und ist gespannt, was die Mini-Erzählungen auf @JULLinderStadt können und was nicht.

Laura studiert im Master Germanistik und Kommunikationswissenschaft & Medienforschung an der Universität Zürich. Momentan ist sie im Herbstrausch und erfreut sich an allem, was knistert, orangefarben leuchtet, kuschlig warm ist und nach Pumpkin Spice oder gebratenen Marroni duftet.