Von Siegern und Besiegten

Es gibt SiegerInnen und Besiegte. Eine der Siegerinnen ist Karen Duve. Sie hat nämlich den diesjährigen Solothurner Literaturpreis abgeräumt. Und das, obwohl – oder vielleicht auch gerade weil – sie eine Frau ist.

Duve arbeitet seit über zwanzig Jahren als freie Schriftstellerin, nachdem sie für 13 Jahre als Taxifahrerin unterwegs war. Die deutsche Autorin befasst sich mit Machtstrukturen, Geschlechterrollen, Umweltpolitik und schwarzmalerischen Zukunftsvisionen. Ihre Werke sind laut Jury-Mitglied und Laudatorin Nicola Steiner überraschend, schonungslos und scharfzüngig. Duve provoziert, protestiert, polarisiert und probiert Neues. So wird sie zum Beispiel schrittweise zur Veganerin oder adoptiert ein Huhn. Weil es doch einfach nicht sein kann, dass ein Brathähnchenteller weniger als drei Franken kostet. Duve hält uns einen Spiegel vor Augen, dessen Anblick uns gezielt zu schmerzen versucht. Mit kritischem, streitbarem und humorvollem Blick aber auch mit viel Fingerspitzengefühl fordert sie gekonnt zum Widerspruch auf.

Eindeutig affirmativ verhält sich die Preisträgerin indessen zum Preis und zum Lob ihres literarischen Schaffens. Ihre Freude ist gar so gross, dass sie zu früh auf die Bühne stürmt, um den Preis entgegenzunehmen. Im Gegenzug würde sie nach eigener Aussage am liebsten anschliessend gleich rauslaufen und zu schreiben beginnen, zuerst muss sie jedoch noch ein bisschen lesen. Und zwar aus ihrem neuen Werk „Fräulein Nette’s kurzer Sommer“, einem historischen Roman über Annette von Droste-Hülshoff. Fräulein Nette ist aber nicht nur nett, denn sie schreibt lieber, statt sich im Haushalt zu betätigen. Damit setzt sie ihre Weiblichkeit aufs Spiel. Zum Glück befinden wir uns im 21. Jahrhundert, wo Frauen wie Karen Duve im Literaturbetrieb nicht mehr verschmäht, sondern ab und zu auch ausgezeichnet werden.