Ein Spiel «sous contrainte»

Ich betrete den Gemeinderatssaal, dessen stoffige Sitzpolster meine morgendliche Euphorie etwas dämpfen. Aus dieser Stimmung befördert mich das abwechslungsreiche Übersetzerinnenportrait aber schnell wieder heraus. Yla von Dach sei eine lustige und aufmerksame Übersetzerin, die für viele Schriftsteller*innen sehr wichtig sei, beginnt die Moderatorin Irene Weber Henking das Gespräch. Sie selbst ist Direktorin des Centre de traduction littéraire an der Universität Lausanne, dessen Gründung unter anderem Yla von Dach zu verdanken ist.

Die Leichtigkeit, mit der sich von Dach ans Werk macht, blitzt im Gespräch immer wieder durch. So zitiert sie Pessoa, dessen Werk sie zuerst auf Französisch begegnet sei: « Je ne suis rien. Je ne serais jamais rien. Je ne peu vouloir être rien. Cela dit, je porte en moin tous les rêves du monde. » In diesem Niemand-Sein tritt von Dach nicht primär eine selbstverneinende Tendenz entgegen, sondern eher eine grosse Leichtigkeit. Die Leichtigkeit derer, die sich nicht allzu ernst nehmen. Sie lacht kullernd. Auch sie nimmt sich selbst nicht allzu ernst. So wundere sie sich auch, dass sie 2018 den Spezialpreis Übersetzung des BAK bekommen habe.

Ich wundere mich nicht darüber, erst recht nicht, als sie uns eine Kostprobe ihrer eigenen Sprachkunst gibt. Sie zeigt an einem Ausschnitt aus Louis Soutter, probablement von Michel Layaz, wie sie mit Sätzen und Satzteilen ein Zusammensetzspiel vollführt. Auf Französisch kommt durch die verschachtelten Sätze eine Widerständigkeit ins Spiel. Diese Widerständigkeit muss man beibehalten, meint sie. Doch das gelinge im Deutschen nicht durch das Verschachteln – das klinge nur normal. Also  sucht sie nach anderen Möglichkeiten, die zähe Konsistenz der Sprache zu erfassen.

Das Übersetzen sei immer ein Schreiben «sous contrainte», merkt Weber Henking an. Das zeigt uns von Dach auch an ihrer Übersetzung von Marius Daniel Popescus Les Couleurs de l’hirondelle – Die Farben der Schwalbe. Hier glänzt die sprachliche Goldschmiedekunst noch stärker durch den Text hindurch. Die Übersetzerin beachtet den ganzen semantischen Raum der Wörter sowie die rhythmischen Elemente und die Reime. Im Übersetzen befinde sie sich in einem Zwischenraum: Sie bewegt sich vom Text weg, trotzdem versucht sie, in den Bildern zu bleiben. Und auch das tut sie mit einer spielerischen Leichtigkeit.