„Sonst noch Wünsche, Sir?“

„Guten Morgen, Sir. Es ist Zeit aufzustehen.“ Weich und verführerisch haucht eine angenehme Frauenstimme diese Sätze dem noch vom Schlaf benebelten Protagonisten von The Andromeda Stream ins Ohr. Ende der 60er-Jahre schreibt Michael Crichton diese Zeilen, die von einem fernen Zukunftstraum erzählen, den mann sich in Pastell ausmalt und jäh platzt, als die Hauptfigur darüber in Kenntnis gesetzt wird, dass die Sprecherin stattliche 63 Jahre zählt.

Es ist Kathrin Passig, Autorin und Chatbot-Aktivistin, die in Solothurn am letzten Workshop des Zukunftsateliers zu Chatbots endlich auf den Elefanten im Raum hinweist: Westworld. Wenn es ein Stück zeitgenössische Popkultur gibt, dem der Diskurs zum Thema „Mensch und Maschine“ nicht mehr entgehen kann, ist es dieses dystopisch-visionäre Serien-Meisterwerk der Science-Fiction, das auf der Romanvorlage von Crichton basiert. Die Frage, die gleichermassen den Drehpunkt der Zukunftsatelier-Seminare wie auch der Serie bildet, lautet: Wie viel Mensch steckt in der Maschine?

Antworten auf diese Frage ziehen Konsequenzen nach sich, deren Tragweite nur im Ansatz ermessen werden kann. Das Seminar zur „Genderfrage“ beleuchtet den Einfluss von Genderstereotypen auf die Entwicklung von Chatbots und gewährt Einblicke in die aktuellen Debatten und Forschungsstände. Vor Ort ist Kristina Kutke, Botautorin und Akademikerin mit Forschungsschwerpunkt „Interaktion Mensch – Maschine“, die sich mit dem Geschlecht von Digital Assistants auseinandersetzt. Was sie berichtet, gibt zu denken: Alexa, Siri, Cortana und eine weitere bestechenden Mehrheit der digitalen Helferlein sind weiblich. Ihre Weiblichkeit spiegelt ein einziges Klischee, das der servilen, sorgenden und stets hilfsbereiten Frau. Der Chatbot als Mutterersatz? Da hätte sich Freud selbstgefällig die Hände gerieben.

Doch die klischiert weibliche Charakterisierung von Digital Assistants ist nicht nur im Hinblick auf ihre Reproduktion von Gender-Stereotypen und mütterlichen Männerfantasien bedenklich. Wenig überrascht es, dass jene menschlichen Begehren nach Wärme, Zuneigung und Geborgenheit von ökonomischen Interessen ausgebeutet werden: Frauenstimmen bringen mehr Geld ein. Ausserdem spiegeln sie den Nutzer_innen Souveränität und Kontrolle vor: „We want our technology to help us, but we want to be the boss of it.“

Spätestens wenn man durch die Praxis über die Möglichkeit von sexuell belästigendem Verhalten gegenüber Digitalen Assistentinnen nachzudenken gezwungen wird, kommt man an ethischen Fragen nicht mehr vorbei. Auf anzügliche Sprüche reagieren Alexa und Co. ihrem Profil gemäss geschmeichelt bis neckisch tadelnd. Einen #MeToo-Post darf man von ihnen nicht erwarten. In der Folge drängt sich die Frage auf, wie sich der Rückkoppelungseffekt der virtuellen Interaktion auf die analoge soziale Interaktion auswirkt. Eine Übertragung und Legitimierung sexistischen Verhaltens auf den Alltag liegt quasi auf der Hand. Dies lässt sich besonders bei Jugendlichen nachweisen, bemerkt Katkute, da diese Chatbots vorallem als Begleiter_innen ihrer Entwicklung erleben.

An dieser Stelle endet jedoch der dystopische Tunnelgang. Engagiert und begeistert diskutieren Katkute, Passig und der Moderator Roland Fischer, wie Gender von Bots richtig eingesetzt auch positive Auswirkungen haben und sogar dazu dienen können, Klischees aufzudecken und den Diskurs umzuprägen. Oder aber auch, wie damit lustvoll herumgespielt werden kann. Gegen Ende der Diskussion verdüsterten sich die Aussichten dann aber doch wieder. Nicht nur, weil die Ausbeutung von Sexrobotern und autarke Künstliche Intelligenzen problematisierte, sondern weil immer mehr Fragen unbeantwortet blieben: Gibt es eine ethische Pflicht gegenüber Robotern? Inwiefern kann man von der Identität eines Roboters sprechen? Was ist so bedrohlich an der Tatsache, dass manche User_innen Chatbots nicht als solche erkennen, sondern sie für Menschen halten?

Mit rauchenden Köpfen schreiten wir über die Kreuzackerbrücke zurück zum Redaktionsbüro und sind uns einig: das war ein wirklich gelungenes Podium.

Shantala Hummler, Mia Jenni

Ce que peut la littérature face à notre présent

Exploration du flux de Marina Skalova, c’est une grosse vague qui vient à la fois balayer l’actualité politique, sociale et littéraire. En traitant de la migration et de la manière dont les médias transmettent les informations, il ne s’agit pas uniquement d’interroger le présent mais également d’expérimenter l’«écrire maintenant» : comment user habilement du langage et questionner les mots que l’on met sur les événements lorsqu’on est soi-même soumis à ce réel ?

Une œuvre littéraire avant tout

Lorsqu’on demande à Marina Skalova si son texte possède une dimension pamphlétaire, elle nous répond que tout travail sur la langue se veut autant artistique que socio-culturel : «Bien sûr qu’il y a un point de vue à partir duquel j’écris», affirme-t-elle, mais c’est la forme qui sert au propos et non l’inverse. La forme tente de répondre à la question qu’elle pose, à introduire le trouble en mélangeant les voix, en laissant dériver les phrases jusque vers l’absurde. Le texte glisse, dérape et traduit le flux car «la vie est flux», elle est mouvement, écoulement et il faut tenter de lutter contre le tarissement, il faut empêcher que la verve s’assèche.

Pas seulement le langage, aussi le corps

Au-delà du flux médiatique ou migratoire, il y a avant tout le flux sanguin, première source de vie. Lorsqu’une artère se bouche, on peut soit constater l’obstacle, soit dévier la course. Avec les mots c’est pareil, on peut figer un sens, remobiliser toujours la même lecture des termes ou on peut réinventer un langage et montrer que l’on se sent concerné : (se) mettre des frontières, explique Marina Skalova, c’est en quelque sorte «signer un arrêt de mort». Les médias ont cette tendance à hiérarchiser les informations, à choisir la proximité comme critère d’intérêt et à évacuer les eaux qui ne nous concernent pas directement. Exploration du flux tente de remettre du corps dans les mots, de décristalliser le langage en appelant à l’empathie puisque la détresse de l’autre nous renvoie à nos propres limites : «La colère se transforme en paralysie». Lorsque la singularité se dissout, annihilée par l’afflux des propos sur les réseaux sociaux, par la langue, c’est le corps qui la fait resurgir et engendre une nécessité personnelle de dire.

Prendre la parole

Lorsqu’on aborde le rôle de l’art, de la littérature, c’est le mythe de l’intellectuel engagé, celui qui éveille les foules à la simple force de ses mots, qu’évoque l’auteure. On croit souvent – on veut y croire en tout cas – qu’il «suffit de prendre la parole» pour faire changer les choses mais ce n’est jamais aussi simple que ça. «Les mots ne seront jamais assez forts pour être à la hauteur de ce qui est en train de se passer aujourd’hui». La configuration du texte en deux parties prend tout son sens et reflète les différentes phases de création : l’une pour parler et pour renvoyer le lecteur à ses propres responsabilités, et l’autre – séparée par le silence et la prise de recul – pour constater «l’incapacité de poursuivre ce texte en raison de la violence de ce qui est arrivé, l’impuissance des mots».

Florine de Torrenté

Die Kritik der kritischen Literaturkritik. So halb in eigener Sache.

Diese Veranstaltung zielt gleichsam close to home. Philipp Theisohn und Thomas Hunkeler führen, von Beat Mazenauer launig moderiert, in der Säulenhalle des Landhauses ein angenehm differenziertes Gespräch über die Lage der Literaturkritik.

Dabei geht es auch ganz explizit um die Rahmenbedingungen dieses Blogs. Einige von uns reden nämlich mit, erfahren wir vor Ort, als wir in die vorderste Reihe bugsiert werden. So be it! Wir bemühen uns, die eigene Schreiberfahrung auf halbwegs aussagekräftige Beobachtungen über das Verhältnis von Kritik und Wissenschaft hin zu schröpfen. Die Eindrücke kontrastieren die beiden Pole: Es ist ein schnelleres Schreiben; es muss angesichts viel engerer Zeithorizonte auch mal einfach mit einem Text zufrieden sein. Auch das spontane Reagieren jenseits des sicheren Hafens schon längst kanonisierter Literatur fordert heraus. Das sind ganz andere Druckverhältnisse. Genug Nabelschau aber, denn es geht um Literaturkritik auch im viel weiteren Kontext.

Nachdem eine störende Vase aus dem Sichtfeld genommen wird, darf es auch ein wenig unverblümt hergehen. Die Zeiten der strahlkräftigen Literaturbeilagen scheinen passé. Ein Grossteil der Neuerscheinungen verteilt sich auf «kleine, sehr kleine und winzige Verlage». Die Aufmerksamkeit für Literatur schwindet.  Nostalgische Loblieder auf die gute alte Zeit kommen zum Glück trotzdem nicht auf, sind auch ohnehin nicht erwünscht, «Ich werd’ sonst so pathetisch», so Philipp Theisohn. Erfreulich klischeefern werden dementsprechend Problemfelder durchquert, von grossen Markteinbrüchen bis zu den Details regionalspezifischer Literaturszenen. Affektlagen und Selbstbilder einer zeitgenössischen Kritik sind da ebenso relevant wie Tücken und Möglichkeiten sozialer Medien. Dabei kommt mehr Abwägen als Programmatisches raus. Ganz düster schaut es ja auch nicht aus. Literaturkritisches Schreiben, so hofft man hier, kann auch eine neue Perspektive auf’s literaturwissenschaftliche Schreiben generieren, und umgekehrt. Potentiale habe die Literaturkritik allemal; ihr kommt es unter anderem zu, neue Bücher zu selektionieren und  einen gut informierten breiteren Diskurs herzustellen.

Gut informiert sind aber nicht nur die beiden Männer auf dem Podium, auch das Publikum bringt kenntnisreiche und kluge Wortmeldungen mit ein – es setzt sich aus gut informierten Laien, aber auch vielen Medienschaffenden zusammen. Podium und Publikum scheinen sich einig in ihrer Liebe zu zeitgenössischer Literatur. Das stimmt milde optimistisch.

L’art de traduire

J’ai eu le privilège d’interviewer Luzius Keller à l’ombre d’un arbre, assis sur un banc au bord de l’Aar. Luzius Keller est de langue maternelle allemande. Il a étudié les langues romanes à l’université. Dès son plus jeune âge il était en contact avec plusieurs langues, le romanche et l’italien notamment. Passionné par les langues, il choisit de s’orienter vers la littérature.

Luzius Keller arrive à la traduction à travers l’enseignement. Souvent il demande aux étudiants de traduire un texte avant de l’interpréter. Il faut rentrer en profondeur dans le texte, être précis, analyser la syntaxe et s’arrêter sur chaque mot et être sûr de les comprendre. Pour traduire, il ne faut pas se fier à sa seule compétence linguistique mais au contraire user et abuser du dictionnaire pour éviter tout malentendu, pour tout vérifier afin de saisir le plus correctement possible l’intention de l’auteur.

Nous discutons ensuite du processus de traduction. Il faut lire et relire, même lire à voix haute pour entendre la musicalité et le rythme du texte, que ce soit en poésie ou en prose. La traduction est avant tout un travail de lecture en profondeur du texte. Il est nécessaire de capter l’intention de l’auteur dans un premier temps avant de pouvoir s’attaquer à la traduction.

Nous abordons ensuite la traduction de Proust. Il y a de grandes difficultés de vocabulaire et de syntaxe. Les phrases sont très longues et commencent souvent par plusieurs subordonnées avant que la principale apparaisse. C’est une possibilité que la langue allemande n’offre pas. Il faut trouver des astuces pour respecter ce type de syntaxe. Chez Proust, la pointe, généralement un nom, est à la fin de la phrase. Dans les propositions en allemand, c’est le verbe qui est à la fin, il est donc très difficile de retranscrire exactement la même chose. Luzius Keller veut traduire tout en respectant la langue allemande et c’est un point qui lui tient à cœur. Il essaie de rendre au lecteur germanophone ce que le lecteur francophone ressent lors de sa lecture. C’est une impression générale qu’il faut faire ressentir, un tout.

Luzius Keller s’est intéressé à Proust un peu par hasard. Ce sont d’abord ses professeurs qui lui l’ont enseigné. Plus tard, il fait de même avec ses étudiants, il leur propose des exercices de traduction de Proust qu’il publie dans la NZZ. L’éditeur Suhrkamp lui demande de continuer ce projet et Luzius Keller s’attaque à cette entreprise de grande envergure. Il apprécie Proust mais n’aurait pas forcément voulu le rencontrer en personne. « Pourquoi le rencontrer ? » me demande-t-il. Le texte doit se suffire à lui-même, c’est de la littérature.

Luzius Keller me parle ensuite d’un recueil de Chappuis auquel il a participé en traduisant ses poèmes, qui ressemblent à des haïkus, en allemand. La forme est complexe à respecter car en allemand il est difficile d’être aussi bref qu’en français. Il y a donc un problème visuel qui s’ajoute pour le traducteur. Selon Keller l’œil lit aussi et le visuel est important, que ce soit en poésie ou en prose.

Je trouve son approche de la traduction fascinante car il s’intéresse réellement à la langue et non à  l’auteur. Il la traite avec beaucoup de soin et affirme que la traduction est bien plus qu’un simple texte traduit ; elle apporte une ouverture sur la façon de penser. Proust lui a ouvert les yeux sur des choses humaines et esthétiques. La psychologie proustienne est un vrai univers auquel on adhère ou pas, mais qui nous force à réfléchir.

Tobie Quartenoud

Le poème est un jet de pavé (1/2)

Extraits d’entretien avec Jean-Christophe Bailly (1ère partie)

Un arbre en mai est une publication de 2018 sur Mai 68. Pourtant, ce livre  n’a rien de commun avec les centaines de publications qui doivent marquer la commémoration des événements de Mai 68. « On a une manie stupide de la commémoration en France, on fête une déclaration de guerre, c’est absurde, s’il y a bien une chose à ne pas fêter c’est ça. » Pas de commémoration donc dans ce texte, mais quelque chose de Mai 68 dans ce texte tout de même. Un décor, un moment, une couleur, des odeurs qui accueillent les souvenirs d’un Jean-Christophe Bailly de 19 ans, étudiant à Nanterre. « C’est étonnant, on se souvient de certaines choses avec une extraordinaire précision, des noms, des visages, des lieux, parfois insignifiants, comme une entrée d’immeuble ; et d’autres sont totalement oubliés. » Initialement, ce texte devait être la suite d’un récit autobiographique, le tome 2 des Tuiles détachées (Mercure de France, 2004). Mais il l’a arrêté net, « par lassitude, sans doute ».

Rêver penser agir sont trois verbes qui ne se recoupent que dans une certaine période comme celle de Mai 68.

En 2017, à l’occasion du Banquet du Livre, un festival littéraire dans un village de l’Aude (près de Narbonne, en France), on l’invite à écrire un texte sur le thème Rêver penser agir. Il décide de reprendre ce texte. «Rêver penser agir sont trois verbes qui ne se recoupent que dans une certaine période comme celle de Mai 68.» Ces années 60 et 70, pour Jean-Christophe Bailly, c’était aussi un moment d’expérimentation et d’ouverture artistique et culturelle très important : « Le free jazz, le Pop art étaient deux exemples de cette ouverture. » L’art en premier pour Bailly qui rejette l’anticulture aveugle des maoïstes, qui fréquente les galeries, étudie le monde par flânerie, n’aime pas l’université : « Je me suis senti étudiant en Mai 68 et c’est tout, d’ailleurs j’ai eu un engagement politique fort à ce moment-là, mais cela prenait du temps et j’ai fait un choix : avant tout, il y avait la lecture. » Ce choix a conditionné l’écrivain qu’il est devenu. Comme Deleuze quelques années plus tard, comme Breton quelques années plus tôt. Et Apollinaire bien sûr. « Apollinaire aurait pu écrire des poèmes sur la courbe esthétique que fait le pavé lancé par une jolie jeune femme » s’amuse Bailly lorsque je lui propose d’imaginer Apollinaire en 68. Cela lui rappelle un texte, un de ses premiers poèmes, écrit en 73, qu’il aurait préféré oublier mais qu’il accepte de me réciter de mémoire : « Le poème a conçu la suprématie de sa forme dans le jet d’un pavé ». Le poème est un jet de pavé, Mai 68 fut un festival poétique.

(2ème partie de l’entretien à propos de L’élargissement du poème et de l’état de la poésie)

Comme un air d’apocalypse

« Si, comme le Vésuve à Pompéi, Fessenheim avait été un volcan, c’est dans cette frénésie immobile que la nuée nous aurait tous saisis. » Les cendres auraient matérialisé l’ampleur de la radioactivité, invisible conséquence de la catastrophe nucléaire.

C’est d’une certaine manière ce qui s’est produit aujourd’hui midi, au Stadttheater de Soleure. Le programme annonçait « Thomas Flahaut – Lecture musicale ».

La solitude habituelle de la lecture a fait place à la multitude, et le silence au bruit : la voix de Thomas, la guitare d’Antoine, son frère, et les spectateurs réunis pour les écouter. Ostwald, pour l’occasion, devient Quitter Pompéi, plus poétique, plus musical dirons-nous. Les répétitions, les reprises que l’écrit a tendance à condamner y sont mises à l’honneur. La lecture de Thomas les appuie et les nuance, leur donne une dimension nouvelle, déconstruit par moments la phrase pour la reconstruire plus tard, au rythme de sa main qui – comme un chef d’orchestre – ne cesse de battre la mesure.

En plus de se matérialiser sur la scène, le texte se transforme en dialogue. La guitare s’arrête par instants et laisse résonner les mots, seuls. D’autres fois, c’est l’inverse. D’autres fois encore, les deux coexistent et composent un texte inédit, renforcé par la collaboration des mots et des notes.

Les mains d’Antoine courent sur le manche de sa guitare électrique. Elles l’abandonnent parfois un instant et s’approchent du sol, bidouillent l’une des nombreuses pédales d’effet qui jonchent les pieds du musicien, puis regagnent les cordes. Ce va-et-vient est loin d’être anodin. Mieux que ça, il est essentiel. Tantôt il mime le monde, reproduisant le hurlement de l’alarme annonçant l’évacuation de Belfort ; tantôt il construit l’espace, prend le relais de l’imagination du lecteur et figure, musicalement, l’ambiance apocalyptique d’un Est français catastrophé.

Quelques incidents techniques ponctuent la performance des frères Flahaut. La balance des volumes n’est pas optimale, des interférences venues d’on ne sait où perturbent l’uniformité du son, quelques larsens se font entendre. Thomas s’arrête, énervé, la tension est palpable. Il demande à l’ingénieur du son de faire quelque chose, reprend sa lecture ; la tension demeure. C’est alors que je me rends compte de ce qui vient de se passer. Dans le microcosme du Stadttheater de Soleure, la micro-catastrophe technique vient de reproduire, toutes proportions gardées, la catastrophe de Fessenheim. Le public est irradié et c’est dans un climat post-apocalyptique – le meilleur possible – que retentiront désormais les mots de Thomas Flahaut.

Die Blätterteigzeitung und weitere Gemälde

Die sommerlichen Temperaturen sind bereits spürbar und die Aussenbühne beim Solothurner Landhausquai wird kräftig bestrahlt. Trotzdem sind die Sitzplätze restlos besetzt und Menschentrauben bilden sich um das kleine Leser_innenpodest. Denn, es lohnt sich. Vor allem wenn der Vorleser Christian Haller heisst. Mit unaufgeregter, warmer Stimme liest er zwei Kurzgeschichten aus dem 2010 erscheinen Werk Die Stecknadeln des Herr Nabokov vor.

Haller schafft es, aus Alltäglichem das gewisse Etwas heraus zu kitzeln. Immer wieder muss das Publikum schmunzeln und nicken, wenn es sich an eigene ähnliche Erlebnisse erinnert.

Die morgendliche Zeitung wird zum Blätterteig, der das Übel der Welt bereit hält. Sie wird auch zu einem Ort der Versicherung, dass sich über Nacht nichts grundlegend verändert hat. Ein Ort, wo man seine „heimlichen Laster“ finden kann. Für die Einen mag es der Wetterbericht sein, für andere die Kontaktanzeigen, für Dritte die Rätselseite. Für den Erzähler sind es die Stellenangebote, die Fenster zur unbekannten, möglichen Zukunft öffnen. Oder zumindest waren es die Stellenangebote. Mit fortschreitendem Alter jedoch werden die Todesanzeigen und die näher rückenden Jahreszahlen immer interessanter. Gespannt folgt man den morgendlichen Kämpfen gegen das Altfühlen des Erzählers und fühlt sich ertappt, ähnliche Gedankengänge ebenfalls schon ausgeführt zu haben.

Mit der zweiten Kurzgeschichte entführt Haller uns ins Baltikum. Wir fahren mit einem Übersetzer von Tallinn nach Vilnius. Gestoppt wird auf einem alten Adelshof mit verwildertem Garten und am Meer, um spontan baden zu gehen. Die Halte vergleicht Haller liebevoll detailliert mit bekannten Gemälden und Fotografien. Es gelingt ihm, die grundverschiedenen Atmosphären und Farben der beiden Orte einzufangen.

Kurz vor Schluss flechtet Haller geschickt eine historische Rückblende ein. Achtvoll lässt er die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges an ebendieser Küste aufleben. Die weisse Stille des Strandes wirkt plötzlich nicht mehr ganz so friedlich und wird zum Ort des Vergessenen. Die Erzählungen Hallers berührt unerwartet.

Unaufgeregt endet die Lesung. Schade eigentlich, trotz der Hitze.

„Gottvater kennt kein Pardon“. Adam Schwarz liest aus „Das Fleisch der Welt oder Die Entdeckung Amerikas durch Niklaus von Flüe“.

Adam Schwarz lächelt verschmitzt, während Gabrielle Alioth aus der Programmkommission ihn dem Publikum einführt. Einen Roman hat er geschrieben über, man höre und staune, Bruder Klaus. Um einen historischen Roman im geläufigen Sinn handelt es sich dabei aber freilich nicht, denn Adam Schwarz lässt seinen Niklaus von Flüe, in einer Vision dazu aufgefordert, in Richtung Amerika aufbrechen. Das ist als Ausgangsidee schon so wunderbar hanebüchen, dass es dem Text gut tut, dass Schwarz weder im geschriebenen noch im gesprochenen Wort mit seinem Irrwitz hausieren geht. Er liest ruhig, erzählt detailliert, er lässt sich eben auf das scheinbar abwegige Sujet ein, und man geht mit.

Eine neuerliche Vision ruft Niklaus aus der Einsiedelei zu einer Reise nach Westen, und Niklaus will gehorchen: „Der HERRGOTT habe es ihm befohlen, so, wie er ihm schon ’67 befohlen habe, seine Familie zu verlassen, um Einsiedler zu werden.“ Bei dieser Unternehmung will er seinen Sohn an seiner Seite haben, seinen Sohn, den er Jahre zuvor hinter sich gelassen hatte. Es sei eben auch eine Vater-Sohn-Geschichte, so Adam Schwarz.

Die Zwiespältigkeit dieses Heiligen habe ihn interessiert, sein Leben jenseits der normalen Welt. Die Freude nicht nur am Erfinden und Fabulieren, sondern auch die Lust am Recherchieren, Neugier und pfiffiges Wissenwollen merkt man Adam Schwarz an. Man dürfe dann aber auch nicht seinen Romanprotagonisten mit dem historischen Bruder Klaus verwechseln. Für was denn sein Niklaus von Flüe stehe? „Für Menschen, die alles einer Idee unterordnen“. Der alte Mann vom Flüeliranft nimmt bei Adam Schwarz auch unheimliche, nachgerade dämonische Züge an. „So eine Art Vampir“, setzt er hinzu.

«Kommt ihr Abwesenden alle». Das Furore von Christian Uetz

Bewundernswert ist die Vielstimmigkeit, die Christian Uetz in der Performance seiner Texte mit der einen Stimme zu generieren vermag. Andere tendieren da ja gelegentlich dazu, Intensität mit blosser Lautstärke zu verwechseln. In Uetz’ Organ aber finden sich Instrumente wie für ein Symphonieorchester: Vom matten Seufzer übers irritierte Fragen, bis fast ans Schreien hin führt er seine Texte. Er durchlebt diese Gedichte, statt sie bloss vorzutragen. Er ruft, springt, krümmt sich.

Die Texte von Christian Uetz zeichnen sich aus durch die eingehende Beschäftigung mit Erotik und Glauben, so deutet Beat Mazenauer in seiner Anmoderation. Das trifft die fast mystische Leidenschaft für die Sinnlichkeit der Sprache, die für jedes Wort ausschlaggebend ist, das ich von Uetz gelesen habe. Bedeutungen verdichtet er zu Erfahrungen, in Texten, von denen man nicht weiss, ob sie sehr schwer oder sehr leicht sind. Glossolalie, also Zungenrede, ist eine Gnadengabe, so oder ähnlich steht es ja auch schon in der Bibel.

Dabei ist die eindrückliche Darbietung nirgends etwas dem Textmaterial Äusserliches, sondern scheint konsequent aus der Sprache der Dichtung von Christian Uetz entwickelt. Das hat so viel Selbstverständlichkeit, dass man sich fragt, warum man sich überhaupt darüber wundert. Nach Auszügen aus seinem neuen Gedichtband Engel der Illusion durchquert Uetz als furioses Finale noch einmal ältere Texte, die verbunden sind durch die Bezugnahme auf Engel. Dass die Engel ihn schon so lange beschäftigen, habe er selbst erst spät erkannt, sagt er. Obwohl er all die Texte auswendig weiss.

Dass Denken und Dichten eine Affinität haben, dass man Sprache auch sinnlich erfahren kann, dass eine Performance auch etwas mit einem Publikum macht: Das sind zunächst einmal Gemeinplätze. Umso mehr freut man sich, dass Christian Uetz den Nachweis erbringt, dass mit ihnen auch etwas Wahres gemeint ist. «Spoken Word» sagt das Programmheft dazu. Erstaunlich.

Marco Neuhaus