Wortmusik

«I read the news today oh boy, about a lucky man who made the grade…», erklingt es vom einsamen Plattenspieler auf der Bühne. Samtig weiche Klarinettenklänge ertönen von Michael Jaeger. Die Worte der Beatles mischen sich mit seiner Musik. Ich sehe mich um. Nur einige wenige haben sich zu dieser späten Stunde noch im «Karl» eingefunden, um der letzten Veranstaltung des Tages zu lauschen. Mir fällt auf, dass ich mit Abstand die jüngste Person im Publikum bin – ob ich auch die einzige im Saal bin, die nicht zur «Plattenspielergeneration» gehört? Meine Ge-Ge-Generation, so heisst auch das neuste Werk von Hugo Ramnek, aus dem er heute für uns lesen will. Darin hat er, wie er sagt, Texte zu bekannten Blues- und Rockscheiben geschrieben. Ausserdem speziell: Jeder, der sein Buch kauft, bekommt nicht nur die Texte, sondern zu jedem Text auch gleich noch einen Link, der auf den entsprechenden Song verweist. Auch im Pack mit dabei, eine Datei, bei dem der/die Leser/-in Ramneks Texte von ihm selbst laut gelesen erleben kann. Sieht so moderne Lyrik aus? Poesie, Musik und Performance in einem unter Einbezug moderner Technologien und Medien – das hört sich schon eher nach meiner Generation an. Ramneks Lesung spiegelt das Verfahren seines Buches gut wider: Text und Musik, Lesung und Performance verschwimmen vollkommen. Mal hüpfen die beiden Männer wie zwei junge Schwermetaller über die Bühne, dann wieder lauschen wir dem stillen Wortlaut von Ramneks Gedichten, untermalt vom Gesang von Jaegers Klarinette (oder ist es umgekehrt?). Ein einzigartiger Klang entsteht, von dem ich nicht mehr sagen kann, ob er Text oder Musik ist. «Sang sie? Sprach sie nicht? Las er? Sang er nicht?», liest Ramnek an einer Stelle. Oder singt er?

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