Schreiben und Denken in der Kunsthalle

Im Rahmen des «Wochenendes über Schrift» findet in der Kunsthalle am Sonntag Nachmittag eine Reihe von Kurzvorträgen über das Verhältnis zwischen Schreiben und Denken statt. Dabei geben WissenschaftlerInnen Einblicke in ihren aktuellen Forschung. Am spannendsten ist der Vortrag der Germanistin Christa Dürscheid über den Einfluss der Schreibwerkzeuge auf das Schreiben im heutigen Zeitalter. Sie erwähnt mit Humor wie die Autokorrektur auf dem Smartphone «dir» durch «Bier» ersetzt und so einen spielerischen Umgang mit der Sprache ermöglicht. Die Linguistin zeigt auch, wie die immer häufigere Verwendung von Emojis anstelle von ganzen Wörtern dazu führt, dass unser digitales Schreiben immer mehr aus Bildern und immer weniger aus Buchstaben besteht. Die Zuhörer sind u.a. auch eingeladen, nach China, Japan, Nordafrika oder noch Indien zeitlich in Gedanken zu reisen. Es stellt sich z.B. heraus, dass Schrift in ihren Anfängen nicht nur der Kommunikation diente, wie man aus heutiger Perspektive annehmen könnte, sondern in den unterschiedlichen Kulturräumen zu rituellen, wirtschaftlichen oder noch verwaltungstechnischen Zwecken eingesetzt wurde. Vieles mehr wird in den 30 minütigen Vorträgen präzise angesprochen, aber es stellt sich die Frage, ob der Fokus nicht mehr auf die Vermittlung hätte gesetzt werden können: Wörter wie «logographisch» oder «phonographisch» – um nur einige zu nennen – hätten eine genauere Erklärung verdient. Es hätte ausserdem auf teilweise komplizierte Detaillierungen zugunsten der besseren Veranschaulichung verzichtet werden können. Nach zwei Stunden ununterbrochener Vorträge ist man froh, sich mit einer klassischen indianischen Performanz erholen zu dürfen. Der nächste Schritt der Veranstaltung ist interaktiv gedacht: An fünf Stationen, die im Saal verteilt sind, darf man selber experimentieren, Ansichtskarten auf japanisch schreiben, Memory spielen und noch viel mehr. Die Wissenschaftler sind sehr zugänglich, beantworten unsere Fragen und lassen sich auf spontane Gespräche ein. Eben: Wissenschaft kann auch Spass machen.

 

 

 

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