Vom Word-Dokument zum Buch oder Aus dem Leben eines Zwiebelfisches

Im schönsten Saal vom Karl wollen wir innert zwei Stunden herausfinden, wie ein Buch entsteht. Dass das ein unmögliches Unterfangen ist, machen uns Ulrike Groeger und Patrizia Grab, Herstellerinnen im Rotpunktverlag, schon zu Beginn klar. Trotzdem erhaschen wir einen flüchtigen Einblick in die Welt der Buchherstellung.

Groeger und Grab sind wahre Multi-Talente. Als Herstellerinnen müssen sie nicht nur organisatorische und kaufmännische sondern auch technische und gestalterische Fähigkeiten aufweisen. Eingebunden in das Verlagsteam stehen sie in Kontakt mit externen Partnern wie Autoren, Lithografen oder Druckereien. Sie holen Angebote ein, kalkulieren und versuchen die Ideen umzusetzen, die sie sich leisten können.

Anhand des Beispiels «Wandern in der Stadt Zürich» wird uns nähergebracht, wie ein Buch hergestellt wird. Man beginnt mit dem, was potenzielle Leser*innen als erstes wahrnehmen: dem Umschlag. Dieser birgt oft grosses Diskussionspotenzial, nicht nur an den Verlegerkonferenzen sondern auch in Absprache mit den Autor*innen. Nach dem Erstellen von Musterkapiteln werden Offerten von Druckereien eingeholt. Der Text, noch immer als Word-Dokument, wird formatiert und mit den Bildern abgestimmt. Diese Arbeit kann viel Zeit in Anspruch nehmen, weshalb mögliche Terminverschiebungen rechtzeitig kommuniziert werden müssen. Dann geht’s ans mühselige Überprüfen, Korrigieren, Abstimmen und Revidieren, bis schliesslich die Daten als PDF an die Druckerei gelangen. Anhand des «Gut zum Druck» werden die letzten Feinheiten überprüft. Läuft hier etwas schief, wird aus einem Kriminalroman schnell einmal ein Kriminaloman. Nach dem Druck gelangt das Buch in die Läden und so im besten Fall in viele Leser*innen-Hände.

Auch unsere Hände werden nach so viel Theorie endlich beschäftigt. Anhand von zahlreichen Anschauungsexemplaren realisieren wir, wie vielfältig die Gestaltungsmöglichkeiten von Typographie, Papier, Bindung und Umschlägen sind. Zum Beispiel das Buch, das in Schleifpapier eingebunden ist, der Gletscherführer mit der SAC-Hüttendecke als Umschlag oder das in der Nacht leuchtende Werk über die Atomenergie.

Zum Schluss erfahren wir endlich, was es mit dem provokativen Veranstaltungstitel «Von Hurenkindern und Umbrüchen» auf sich hat. Dabei geht es nämlich um typographische Gestaltungsfehler, die mit abschreckenden Namen versehen wurden. Neben dem Hurenkind (die letzte Zeile eines Absatzes ist die erste Zeile der neuen Seite) oder dem Deppen-Apostroph treffen wir hier auch auf den Zwiebelfisch. Dieser unsympathische Zeitgenosse hat sich auch in unseren Text eingeschlichen. Findest du ihn?

Um 16.00 Uhr wäre der Workshop eigentlich vorbei. Das Thema ist es aber noch lange nicht. Die hohe Teilnehmerzahl zeigt, wie gross das Interesse am Gegenstand Buch noch immer ist. Das gedruckte Werk ist trotz E-Book nicht tot zu kriegen. Hoffen wir, dass es so bleibt.

Von Fabienne Suter und Olivia Meier

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