Für uns bei «Zürich liest»:
Shantala Hummler

Shantala wird nicht mit Emeritus Tanner in den Ring der Ideologiekämpfe steigen, um sich den guten alten Tell-Mythos zerschlagen zu lassen. Sie wird sich auch nicht von Anna Schreiber auf die rote Couch legen lassen, um den Abgründen ihrer Grenzerfahrung als Prostituierte nachzuspüren. Weder wird sie sich fragen, ob die heutigen Prekariat-Journis zu Romanschreiberlingen werden, weil ihnen der Zaster fehlt oder weil der Unterschied zwischen harten Fakten und Fiktion hinfällig geworden ist, noch wird sie sich auf ein expressionistisches Pas de deux mit Dada-Pionierin Sophie Taeuber-Arp einlassen.

All das hätte Shantala zweifellos gemacht, täte sie nicht, was ganz Zürich tut: Sie liest. Aber nicht irgendeinen Schund, sondern die Shortlist für den Schweizer Buchpreis. Denn beim Kritiker*innengespräch des Schweizer Buchjahrs wird sie ganz sicher sein, um dort die wichtigen Fragen zur Schweizer Gegenwartsliteratur zu klären: Ist das noch dystopisch oder nur noch kulturpessimistisch – oder etwa einfach realistisch? Sind die „Eidechsenkinder“ die neuen Verdingkinder? Und gibt es eine arkane Verbindung zwischen dem fürchterlichen Revival der 90s Airbrush-Shirts und der aktuellen Prominenz des Wolfmotivs in der Schweizer Literatur?

Wenn sie sich dann den Mund fusselig geredet hat und ihr die brennenden Augen vom exzessiven Lesen tränen, bleibt ihr nur noch Eines: Schreibend zu denken. Was das heissen könnte, hofft sie an der Sonntagsmatinée des «Wochenende über Schrift» zu ermitteln. Es wird aufregend!

Shantala Hummler studiert Kulturanalyse und Germanistik im Master an der Universität Zürich und ist nun schon zum zweiten Mal als Bloggerin für das Schweizer Buchjahr unterwegs.