Meze mit Herz

Eine Kochbuchpräsentation in der Buchhandlung Mille et deux feuilles

Vom Libanon in die Türkei, nach Griechenland, Kreta und Zypern – Gabi Kopp reist auf den Spuren von Meze-Kulturen von Küche zu Küche, besucht Köche und Köchinnen und sammelt Rezepte. Sie ist Kochbuchautorin und Illustratorin und verbindet in ihrem neuen Buch beide Leidenschaften. In einer Fotopräsentation nimmt sie uns mit in Meze-Welten und lässt uns so an den Etappen ihrer Reise teilhaben. Meze sind in kleinen Portionen und mehreren Gängen servierte, kalte oder warme Gerichte. Der Titel des Buches, Meze ohne Grenzen, bezieht sich einerseits auf die Vielzahl der Rezepte, andererseits auf die Koch-Inspirationen aus unterschiedlichen Ländern. Zu den bekannteren Speisen gehören etwa Hummus, Baba Ganoush, gefüllte Weinblätter und Tartar.

Neben den vertiefenden Einblicken in die Meze-Kulturen waren für Gabi Kopp auch die unterschiedlichen Begegnungen bereichernd. So beinhaltet ihr über dreihundertseitiges Buch nicht nur einen unglaublichen Rezeptereichtum sondern erzählt in kleinen Porträts auch von den Menschen und den Orten dahinter. Die Autorin spricht beispielsweise von Oum Ali, von ihrer besonderen Kebbeh-Zubereitungsart und wie sie diese verfeinert hat und davon wie die Köchin inzwischen ein eigenes Geschäft führt. Beeindruckend ist, wie der Pitabrotbäcker den Teig auswirft! Von dieser Technik ist die Autorin genauso begeistert wie das Publikum: sie zeigt uns die Bildabfolge des Wurfes gleich zwei Mal. Der Teig fliegt und nimmt beinahe die Grösse eines Lakens an. Was in allen Portraits aber gleichermassen spürbar ist, ist die Hingabe, die grosse Kunstfertigkeit der Köche und Köchinnen und die Liebe zum Kochen – die gleichzeitig wohl wichtigste Zutat.

Denn, so Gabi Kopp, Meze bedeute vor allem: zusammen sein. Teilen. Und für einen Augenblick alle Sorgen vergessen. Im Anschluss an die Präsentation dürfen wir von Gabi Kopps Entdeckungen probieren und teilen unter anderem Pitabrot, Randenhummus, ein libanesisches Hummus, Lammköfte und Teigtaschen mit Lauch-Karotten-Füllung.

Fallender Schnee

Eigentlich passiert nicht viel: Raunächte von Urs Faes ist ein Buch, in dem es nur schneit. Mit dem Schnee beginnt es bereits auf der ersten Seite, schon im ersten Satz liegt Schnee.

Damit zieht der Autor in der Buchhandlung Beer uns in seinen Bann. Inspiriert von seinen eigenen vielen Wanderungen durch den Schwarzwald, wandert dort nun der Protagonist, Manfred, durch ein verschneites Tal. Dort hofft er nach vierzig Jahren seinen Bruder Sebastian wiederzusehen. Dort, wo sie sich damals verstritten haben, dort, wo es nicht mehr zu einem klärenden Gespräch mit Minna gekommen ist. Minna, die sich für seinen Bruder entschieden hat, statt für ihn. Der Protagonist wandert. Wandert durchs Tal und durch seine Erinnerungen. Es ist die Zeit der Raunächte. Die Übergangszeit zwischen den Jahren, zwölf Nächte zwischen dem 21. Dezember und dem Dreikönigstag. Wilde Wesen, uralte Bräuche, Gespenster, Stürme, Anderstweltliches durchziehen diese Zeit.

Der Autor liest. Der Protagonist wandert. Er geht durch Schnee, lauscht den Klängen und Tönen der Raunächte und denkt an Minna. «Warum konnte er noch immer nicht ohne Erinnerung an Minna hier sein? Warum war jeder Schritt in diese Landschaft hinein einer auf sie zu, auch jetzt, nach Jahrzehnten?» Und sein Bruder. Würde er kommen? Wird es versöhnende Worte geben? Wie wäre sein Leben geworden, wenn er geblieben wäre? Wenn er mit Minna gesprochen hätte, statt abzureisen?

Die Tür des Buchladens wird geöffnet, der Lärm unterbricht die Worte des Autors, die sich sanft wie Schnee auf uns gelegt hatten. Eine Frau betritt die Buchhandlung. Auch sie wandert durch die Reihen, sucht ihren Platz und findet einen der letzten nicht besetzten Stühle.

Auch ist es eine Frau, Frau Holle, die die Schutzpatronin dieser Nächte ist. Frau Holle, die mit Frea und Perchta in Verbindung gebracht wird. In den Raunächten herrschen die Frauen, erklärt der Autor. Einem Brauch zufolge ist es eine Aufgabe der Männer, während der Raunächte den Schnee von den Bäumen zu schütteln, damit sie von den Frauen einen Holzspan erhalten, der sich dann in Gold verwandeln soll. Eine tatsächliche Überlieferung dessen gäbe es allerdings nicht. Urs Faes schmunzelt. Er liest. Es entsteht ein Bild in dem sich Erinnerungen, Landschaftsbilder und Sagen der Raunächte übereinander legen. Leise, sanft, magisch – wie fallender Schnee eben.