«Rotwein steht für den Tod, Weisswein steht für das Leben»

Am Anfang und im Titel der Veranstaltung in der Bar des Hotels Greulich steht die Frage «Was soll das alles?». Zu Gast sind Vanessa Sonder und Patrizia Hausheer, zwei Philosophinnen, die miteinander viel getrunken und ein Buch über ihre Gespräche dabei geschrieben haben. Und tatsächlich wird sich die Frage danach, was das alles soll, an diesem Abend noch ein paarmal stellen. Doch der Reihe nach.

Nach eigener Angabe haben die Autorinnen sechs der sieben Kapitel des Buches in «höchstens leicht angetrunkenem Zustand» verfasst. Diese Kapitel drehen sich um Themen wie den Sinn des Lebens, Liebe, Tod, Sterben oder Selbstverwirklichung. Das siebte Kapitel trägt den Titel «Rausch».

Die Kapitel beginnen jeweils mit einem literarischen Teil, der auf das Gespräch zwischen den beiden Autorinnen hinführt. Das eigentliche Gespräch ist dann jeweils als Dialog konzipiert – und folgt damit einer uralten Tradition, mitsamt der damit verbundenen Probleme.

Obwohl die Dialoge eine mündliche Gesprächssituation simulieren wollen, merkt man ihnen ihre Schriftlichkeit stark an: Wer sagt mal eben im Café an der Ecke einen Satz, der so beginnt: «Wie der französische Philosoph Badiou sagt, und damit greift er eine Tradition auf, die seit Aristoteles besteht, …»? Und vor allem: Wenn zwei Philosophinnen auf Augenhöhe diskutieren, wo ist die Notwendigkeit, diese Tradition extra zu erläutern? Bargespräche in angeheitertem Zustand haben – wir alle wissen das – einen gewissen Zauber. Doch durch die starke Verschriftlichung, die wohl dem Publikum beim Verstehen helfen soll, scheint von diesem Zauber einiges verloren zu gehen. Die Distanz wird zu gross, die Unmittelbarkeit fehlt.

Zwischen den Leseblöcken diskutieren die Autorinnen mit der Moderatorin über die Entstehung und den Zweck ihres Buchs, und sie gehen auf einzelne Themenbereiche aus dem Buch noch zusätzlich ein. Sonder und Hausheer betonen wiederholt, dass ihnen Themen, die nah am Leben liegen, besonders wichtig gewesen seien; Themen, die auch abseits des Philosophiestudiums von Bedeutung sind. Darum eben Tod, Liebe, Leben und so weiter. Ihr Anspruch sei es aber gewesen, zu solchen Themen nicht einfach ein weiteres Ratgeberwerk zu produzieren, sondern ihr Publikum zum Weiterdenken anzuregen.

Schade daran ist, dass ihre Reflexionen leider gar oft nach Gemeinplätzen tönen  («Das Leben ist ein stetes Abschiednehmen von sich selbst»), und dass auch die Diskussionsteile dazwischen zuweilen gar beliebig anmuten. So überrascht auch die Frage, die dem Publikum nach einer Stunde am meisten unter den Nägeln brennt, nicht mehr besonders: «Trinkt ihr lieber Rotwein oder Weisswein?». Die Frage, was das alles sollte, wird indes nicht wirklich beantwortet.

Alexandra Wittmer und Simon Leuthold

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