«Das letzte Buch» – ein Gespräch über das Sterben

Ich schlage mich bei Karl*a durch das lebendige Gewühl im Erdgeschoss zum Barockzimmer hoch, in den schwarzen Stuhlreihen sind noch ein paar Plätze frei. Gleich fällt mir auf, dass die meisten im Publikum ebenfalls schwarz gekleidet sind – sehr passend, wie ich finde. Die Stimmung ist spürbar konzentriert, alle haben sich auf die schwierige Thematik des Abends eingestellt.

Im neonpinken Blazer tritt die Moderatorin des Abends, Anne Rüffer, gemeinsam mit der Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Corina Caduff, ein. Das Gespräch wird eröffnet und der Blick auf das Werk und Thema des heutigen Abends, ebenfalls in pinkem Umschlag, gelenkt: «Ein letztes Buch. Autorinnen und Autoren schreiben über ihr Sterben».

Herausgegeben von Caduff und erschienen bei Rüffers Verlag wird bereits zu Beginn klar, wie viel persönliche Sorgfalt und Hingabe in diesem Projekt stecken. Das Buch stellt eine Sammlung von Auszügen aus neun Sterbebüchern, vorwiegend aus den 2010er Jahren, dar. Ist es auch dieser Zeitraum, welchem das Genre dieser autobiographischen Sterbeliteratur entstammt, so Caduffs These.

«Im Sterben sind wir alle Anfänger*innen.»

Corina Caduff

Sterben und der Tod sind gleichsam universale wie auch persönliche Erfahrungen, zeitlos und zeitspezifisch zugleich. Jede*r stirbt, abhängig von Kultur, Alter und Umfeld, anders. Fragen und Aspekte wie gesellschaftlicher Erwartungsdruck, Verfall des eigenen Körpers, Angst und Sprachlosigkeit, beschäftigen uns dennoch alle gleichermassen. Gerade durch den letzten Punkt wird sichtbar, dass eine solche Extremsituation eine neue Art von Sprache erfordert: Was soll man zu einem Zustand sagen, der nicht verbalisiert werden kann?

Auch das Publikum ist ruhig, alle Blicke sind nach vorne gerichtet und eine beinahe andächtige Atmosphäre hat sich ausgebreitet. Besonders bei den Stellen, an welchen vorgelesen wird, ist Empathie und Anerkennung zu spüren. Das pointierte Greifen einer unbegreifbaren Situation durch die Autor*innen, sei es via Humor oder Wut, berührt sehr. Es ist überraschend befreiend über das Sterben lesen und sprechen zu können.

Wem ist die Lektüre also zu empfehlen? Besonders den Palliativpflegekräften, meint Caduff, und natürlich auch Angehörigen und Betroffenen. Aber schlussendlich uns Allen: «Für mehr Empathie dem eigenen zukünftigen Ich gegenüber».

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert