Meine Katzen sehen alle wie Hunde aus

Heute Nachmittag ist im Gewölbekeller der Zeichenworkshop mit dem Finalisten des Kinderjugendpreises, Tom Reed.
Das Publikum besteht zu einem grossen Teil aus Kindern im Alter zwischen 4 und 6 Jahren. Toms Frau Miriam erzählt, dass dieser Workshop heute ein Sprachengemisch sei und sie alles übersetze, was Tom auf Englisch sagt.

Zu Beginn liest Miriam Toms neu übersetztes Kinderbuch Lea und Finn langweilen sich vor. Miriam ist dabei immer in Interaktion mit den Kindern. Sie stellt ihnen Fragen, wie die Geschichte wohl weiter gehen könnte oder ob die Kinder auch an einem so schönen Ort leben möchten. Miriam betont und zeigt mit ihren Gesichtsausdrücken, wie die Hunde Lea und Finn sich jeweils fühlen. Die Kinder hören dabei gespannt zu und wollen wissen, wie es weiter geht.

Tom und Miriam erzählen am Schluss, dass die deutsche Übersetzung ein anderes Ende hat als das englische Original. Der deutsche Verlag dachte nämlich, dass die Kinder Angst vor dem gruseligen Schluss mit den Kröten hätten und daher besser ein offenes Ende stehen sollte. Dadurch können die Kinder selber entscheiden, wie die Geschichte weiter gehen soll.

Nach der Lesung erklärt Tom den Kindern, dass er jetzt zeigen möchte, wie er seine Hunde und besonders deren Gesichtsausdrücke zeichnet. Im Anschluss an seine Erklärungen könne die Kinder dann selbst Hunde zeichnen.

Tom erklärt, dass das wichtigste am Anfang die Augen sind. Denn diese machen sehr viel mit dem Gemütszustand, ob sich der Hund nun zufrieden, traurig, müde oder böse fühlt.

Wenn Tom seine Hundecartoons zeichnet, versucht er immer selber wie ein Schauspieler die Gefühle nachzumachen. Um diese selber zu fühlen und im Anschluss auch besser zeichnen zu können.

Tom Reed meint, dass, weil er selbst einen Hund hat und auch immer wieder Hunde zeichnet, andere Tiere wie Katzen oder Kühe zum Teil wie Hunde aussehen.

Zum Schluss zeichnet Tom noch verschiedene Tiere, die die Kinder vorschlagen.

Als Geschenk für alle gibt es eine Bildkarte von seinen Cartoons und wer will, darf sich diese auch gerne signieren lassen.

Fehlt dir eigentlich noch dein Hotelgeister-Diplom?

Wie vermittelt man als Autorin einem Kinderpublikum sein neues Buch? Diese und viele weitere Fragen beantworten Katja Alves und Marion Arnold heute morgen in ihrem Workshop «Hilfe, es sind Kinder im Saal».

Um 09:55 ist der Gemeindesaal noch nicht wirklich gefüllt, es sind lediglich eine Hand voll Gäste im Publikum. Alves fragt in die Runde, ob es sich hier um die Frühaufsteher handle, weil zu Beginn nicht mehr als 10 Gäste inklusive zwei Autorinnen gekommen sind.

Marion Arnold stellt sich als Literaturpädagogin und Buchhändlerin vor. Sie kennt sich in der Vermittlung von Büchern bestens aus, da sie bereits seit knapp 8 Jahren auf diesem Gebiet arbeitet. Ihr Ziel ist es Kinder fürs Lesen von Geschichten zu begeistern.

Katja Alves schreibt seit vielen Jahren Kinderbücher. Letztes Jahr hat sie die 100er Grenze an Lesungen geknackt. Aus ihren Lesungen erwähnt sie ein paar Anekdoten, die ihr besonders in Erinnerung geblieben sind.

Während Schullesungen habe ich stündlich ein neues Publikum, in welchem immer etwas Bemerkenswertes passiert. Ausserdem habe ich bei meiner ersten Lesung in Deutschland die Frage gestellt bekommen, ob es stimme, dass man in der Schweiz Pferde esse. Ich habe diese Frage mit «Ja, und auch Hunde» beantwortet, worauf es ganz still im Publikum wurde.

Alves und Arnold beginnen damit, dass sie aufzeigen möchten, wie sie abwechselnd ein und dasselbe Buch einer Schulklasse vermitteln würden. Arnold in der Rolle der Vermittlerin und Alves in der Rolle der Autorin.
Das vorzustellende Buch ist Pernille und die Geisterschwestern – Fauler Zauber im Hotel Mirabell von Katja Alves geschrieben und im Winter dieses Jahres veröffentlicht worden.

Alves fängt ihre Präsentation nach anfänglichen technischen Problemen damit an, dass sie sich und das Buch als erstes vor der Klasse vorstellt. Aus dem Buch erzählt sie, wo die Geschichte spielt, wer die Protagonist*innen sind sowie das weitere Personal. Daraufhin gelangt sie zum Plot der Geschichte, nämlich den eines Hoteldiebes. Um ständig in Interaktion mit ihrem Publikum zu bleiben, fragt sie die Kinder, was man denn alles aus einem Hotelzimmer mitnehmen könne. Auch dazu hat Alves Beispiele aus ihren Lesungen, nämlich, dass die Mama den Bademantel mitnimmt oder der Papa die Klopapierrolle. So schreitet Alves weiter in ihrer Erzählung und endet letztlich mit einem Cliffhanger, welcher zur nächsten Geschichte übergehen würde. Sie erwähnt, dass die Geisterschwestern sich vor Lavendel hüten müssten, weil dieser sie sichtbar mache.
Ihr Ziel sei es, die Kinder zum Lesen zu ermutigen, so dass sie auch Freude daran fänden und das Buch selber weiterlesen möchten.
Als weiteres Appetithäppchen erzählt Alves ihrem jungen Publikum, dass sie zum Schluss ihr Hotelgeister-Diplom machen könnten. Dies erhalten sie, wenn sie gut aufgepasst und alle Fragen richtig beantwortet haben. Dieses Diplom könne man überall benutzen und sei auch für die spätere Berufswahl noch von grosser Bedeutung.
Alves hat 16 Jahre beim Rundfunk gearbeitet, wobei sie immer Geräuschkulissen eingesetzt hat. Diese verwendet sie auch heute noch an ihren Lesungen, produziert von einem Soundboard.

Arnold hingegen arbeitet nicht mit eigenen Büchern wie Alves, sondern sucht diese über die Bibliothek aus und muss daher zuerst die Bewilligung einholen. Oft wählt sie Bücher, die nicht auf den ersten Blick verständlich sind und eben noch Vermittlungsarbeit benötigen. Für ihre Lesungen liest sie selbst nur sehr wenig aus den Büchern vor, sondern versucht viel mehr aufzuzeigen, wie denn genau das Erzählen einer Geschichte funktioniert. Zu diesem Zweck nimmt sie unter anderem verschiedene Gegenstände mit, die im Buch vorkommen, um diese den Kindern zu präsentieren. Arnold arbeitet daher viel mehr mit Gegenständen, wie einem selbstgebastelten Schloss aus Papier, das die Kinder anfassen können. Auch wenn Arnold keinen Sampler besitzt, erzeugt sie trotzdem Geräuschkulissen durch einen Gong etwa, der die Geisterstunde einläutet. So löst sie gemeinsam mit den Kindern anhand der verschiedenen Gegenstände den Fall. Zum Schluss möchte Arnold noch, dass die Kinder ihren eigenen Hausgeist zeichnen, um zu sehen wie dieser denn aussieht.

Die beiden Frauen bemerken recht schnell, wo die Unterschiede in ihrer Vermittlungsarbeit liegen.
Alves arbeitet viel plakativer und ist oft in einem Saal mit 80 bis 120 Kindern, wohingegen Arnold in Bibliotheken unterwegs ist und dabei zwischen 10 und 45 Kindern betreut. Beide sind sich einig, dass nicht jede Art der Vermittlung bei unterschiedlichen Gruppengrössen möglich ist. Wichtig sei ausserdem zu beachten, dass Kinder ein anderes Publikum als Erwachsene seien. Sie kämen oft im Klassenverband oder würden durch die Eltern gezwungen an einer Lesung teilzunehmen. Arnold bestätigt diese Aussage, sie meint dazu, dass in Deutschland von 20 Kindern gerade einmal 3 regelmässig lesen würden.

Das ist auch der Grund, wieso Arnold weniger liest und eher versucht, den Kindern ein Buch auf andere Art schmackhaft zu machen. Ihr Ziel ist es dabei, dass Kinder denken «Aha, Bücher sind vielleicht doch nicht so schlimm». In der Rolle der Autorin ist Alves das Vorlesen doch ziemlich wichtig, für sie ist es aber ein Spass zwischen den einzelnen Sequenzen immer wieder in Kontakt mit dem Publikum zu treten und deren Reaktionen wahrzunehmen. Auch sie möchte, dass die Kinder am Ball bleiben und ihren Geschichten gespannt folgen. Arnold und Alves ist es beiden wichtig, dass die Buchvermittlung nicht zu didaktisch ist. Kinder sollen ein gutes Erlebnis mit den Büchern haben und tolle neue Geschichten kennenlernen. Sie sollen die Bücher nicht als «Ufzgi» wahrnehmen, sondern viel mehr als Bereicherung für ihr eigenes Leben.

Für Alves ist es wichtig, dass sie immer neue Ideen hat um ihre Bücher zu präsentieren. Sie überlegt sich für jedes einzelne eine neue Vermittlungsidee und selbst die bekannten Bücher versucht sie auf unterschiedlichen Wegen zu präsentieren, damit sie nicht immer dasselbe Kapitel vorliest, sondern sich dem Publikum anpasst.
Arnold stellt die Frage, wie sich die Vermittlung im Laufe der Zeit verändert habe. Die Autorin Brigitte Schär erzählt, dass es schon immer schlecht gewesen sei, wenn sich Kinder langweilen würden. Für sie hat sich daher nicht viel verändert. Die andere Autorin Ruth Tüscher erwähnt, dass man sich das gar nicht gross überlege, was man machen wolle, sondern sich vielmehr an den Kindern anpassen müsse. Darauf erwidert Alves, dass es ein Mythos sei, dass Kinder mit riesig glänzenden Augen einer Vorlesung folgen, man müsse das Interesse in ihnen wecken, was aber gleichzeitig nicht bei allen möglich sei.

Nach dem vielen Präsentieren ist es nun endlich an der Zeit, dass auch das (immer kleiner werdende) Publikum sich an die Arbeit macht. Wir konnten uns zwischen drei Büchern entscheiden, zu denen wir selbst Ideen sammeln müssen, wie wir denn jetzt dieses Buch einem Kinderpublikum vorstellen würden. Zur Auswahl stehen uns die Bücher: Der Wolf, die Ente und die Maus von Mac Barnett, Eine Maus namens Julian von Joe Todd-Stanton und Sonntag, Montag, Sternentag von Anna Woltz.

In kleineren Gruppen suchen wir also gemeinsam nach Ideen, wie wir das jeweilige Buch vermitteln könnten. Nach einer 15-20 minütigen Arbeitsphase präsentieren wir im Plenum, welche Ideen uns eingefallen sind und Alves und Arnold fassen die wichtigsten Punkte zusammen.

Für sie als Autorin und Vermittlerin sei es wichtig, dass ein Austausch zwischen Kindern und der Präsentatorin bestehe. Wenn keine Technik vor Ort vorhanden sei, müsse man sich immer einen Plan B überlegen, wie beispielsweise ausgedruckte grosse Papiere. Bei Bilderbüchern sei es normal, dass man das ganze Werk vorlese, im Gegensatz zu einem Roman. Für Alves ist es zudem wichtig, dass das vorgelesene Buch als Teil der Kulturvermittlung immer an den Schulen vorhanden ist, damit die Kinder nach der Lesung nicht zu frustriert sind. Zudem können sie sich das Buch dann selbst in der Bibliothek ausleihen, um den Schluss der Geschichte zu erfahren.