Gespitzte Ohren, gespitzte Federn

Luftig, warm, duftend: So stellt man sich die Geschichten vor, die in der GeschichtenBäckerei am Predigerplatz das Licht der Welt erblicken. Neugierig wage ich das Experiment und versuche mich unter Anleitung von Franz Kasperski im kreativen Schreiben.

In der GeschichtenBäckerei herrscht am Freitagmorgen Grossandrang: Der Workshop ist ausgebucht, alle Plätze sind besetzt. Die verwinkelten Altstadt-Räume mit Kaffeeküche versprühen eine gemütliche Atmosphäre; nichts scheint natürlicher, als sich hier an einen der Tische zu setzen und seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Anfang 2020 öffnete die GeschichtenBäckerei ihre Tore, seither bieten Gabriela und Franz Kasperski hier Schreibkurse an. Beide sind seit Jahren als Autor*innen tätig und schöpfen aus einem grossen Erfahrungsschatz.

Wir starten heute mit einer Übung, die das Gehirn «in Aufregung versetzen» soll. Gemeinsam mit meiner Tischnachbarin verfasse ich schweigend eine Geschichte. Abwechslungsweise dürfen wir genau ein Wort festhalten – und tranieren in den folgenden Minuten unsere Frustrationstoleranz. Die Story rund um ein panamaisches Huhn kommt nur langsam in Schwung. Auch bei der anschliessenden Übung darf man die anderen Kursteilnehmer*innen nochmals richtig ins Schwitzen bringen: Wer auf das Wort «Teufel» reimen soll, wird sich gewiss ein paar Zähne ausbeissen.

Weiter geht es klassisch mit der Écriture automatique, wobei ohne Unterbruch geschrieben werden soll – ganz egal, was dabei auf das Papier kommt. Anschliessend müssen wir aus ebendiesen Texten einzelne Wörter herausgreifen und auf kleine Zettel übertragen. Meine Partnerin hält anschliessend Wort-Zettel für Wort-Zettel in die Höhe und ich soll im Teleprompterstil eine Geschichte «ablesen». Es ist leichter als gedacht, die disparaten Stichwörter in meiner Geschichte unterzubringen. Richtig knifflig wird es, wenn meine Partnerin länger kein Wort nachliefert und mir der zündende Impuls von aussen fehlt.

In der letzten Übung muss einer solchen Impro-Geschichte ein individuelles Ende angedichtet werden. Selbstredend entstehen ganz unterschiedliche kurze Erzählungen. Die neunzig Minuten sind schnell vorüber. Immer wieder gab Franz Kasperski Inputs, Regeln zum «guten Schreiben» werden hier aber keine gelehrt. Vielmehr geht es darum, die Lust am Prozess selbst zu wecken. Statt peinlichem Vorlesen vor versammeltem Plenum stehen herausfordernde und abwechslungsreiche Übungen zu zweit auf dem Programm. Immer wieder schallt lautes Lachen durch die Räume: In dieser unbeschwerten Atmosphäre braucht es glücklicherweise keinen Held*innenmut, um etwas zu wagen.