Unter uns, aber unsichtbar

Die Idee zum Buch «Die Unsichtbaren» von Tanja Polli und Ursula Markus entstand während der Corona-Krise. Die Pandemie brachte die Situation der sogenannten Sans-Papiers in der Schweiz ans Licht. Menschen standen im Zürcher Kreis 4 Schlange für Grundnahrungsmittel und die Autorinnen begannen sich dafür zu interessieren, wer diese Menschen eigentlich sind. Auch die Medien berichteten zu Beginn des Lockdowns viel über die Sans-Papiers, doch die Aufmerksamkeit flachte schnell wieder ab, wie der ehemalige Sans-Papier Weimar Arnez in der Poduiumsdiskussion berichtet.

Die Buchvernissage und die anschliessende Diskussion geben sowohl Grund zur Hoffnung als auch zur grossen Verständnislosigkeit. Tanja Polli präsentiert zu Beginn Auszüge aus den einzelnen Portraits der Sans-Papiers, und schnell wird klar, eines haben sie alle gemeinsam: Sie alle wollen ihren Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen und Arbeiten dafür extrem hart. Sie putzen, kochen, arbeiten als Nanny, Coiffeuse oder Sexarbeiterin und leben mit der Angst aufzufliegen. Sie sind gezwungen unter prekären Arbeitsverhältnissen und skandalös tiefen Löhnen illegal zu arbeiten. Der einzige Ausweg aus der Illegalität scheint meist nur durch Heirat zu gelingen – so auch in einigen Portraits beschrieben.

Mit ihrem Buch möchten Tanja Polli (Text) und Ursula Markus (Fotos) den Unsichtbaren ein Gesicht und eine Stimme geben. Und damit nicht genug, auch bei der Vernissage sind einige der Portraitierten anwesend, zeigen sich nach der Lesung ihrer Geschichte kurz auf der Bühne. Einige richten sogar noch ein paar Worte ans Publikum. Es ist beeindruckend, die Geschichten dieser unterschiedlichen Menschen zu hören und sie anschliessend auf der Bühne zu sehen. In der Podiumsdiskussion wurde die Schweizer Justiz von den Sans-Papiers kritisiert und Fragen vom Publikum direkt beantwortet, was ein sehr authentisches Gespräch ermöglichte. Auch Bea Schwager der Sans-Papier Anlaufstelle (SPAZ) kritisiert immer wieder, dass diese Personen keine Möglichkeit haben, sich zu wehren. Die Angst oder Chance verhaftet oder ausgeschafft zu werden überwiegt fast immer.

Zu guter Letzt stellt sich die Frage, was wir als Gesellschaft beitragen können, um diesen Menschen zu helfen? Weimar Arnez hat darauf eine klare Antwort: Geht abstimmen! Wenn man Politiker*innen wählt, die sich für Migrant*innen einsetzten, leiste man bereits einen Beitrag, so Arnez. Er schliesst sein Votum mit einem Zitat von Bea Schwager: «Eine Gesellschaft kann nicht funktionieren, wenn Menschen ihre Grundrechte nicht wahrnehmen können.»

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