Au cœur bestial des langues

Suivre les traces des bêtes au fil des mots, au fil des récits, au fil des poèmes. Esquisser des rencontres sauvages et nous transporter dans la jungle de la littérature. C’est l’ambition de la revue Viceversa, qui a eu l’occasion de présenter son 16ème volume (intitulé « La part sauvage / Wildewege / Per sentieri selvaggi ») à un public sagement assis dans la cérémonieuse salle des fêtes de l’hôtel-restaurant La Couronne (un lieu contrastant d’ailleurs fortement avec le thème de l’après-midi !). À cette occasion, se sont mêlées les voix de trois autrices (Rebecca Gisler, Julia Weber et Flurina Badel) et d’une traductrice (Anna Allenbach), l’ensemble orchestré par la responsable de la revue, Ruth Gantert. Une expérience pour le moins inhabituelle et surprenante : entrer en contact avec les quatre langues nationales en même temps, quelle puissance !

C’est à la lecture de deux récits et de quelques poèmes composant le volume que « La part sauvage », un intitulé pourtant bien mystérieux, a pris tout son sens. Certes, il y avait les récits et les poèmes, qui ont propulsé l’imaginaire du public dans des lieux hostiles et inexplorés. Mais il y avait surtout ces quatre langues, ces quatre identités, ces quatre cultures qui ont dansé et tourbillonné dans la salle de La Couronne. Textes lus, textes entendus, textes projetés… de quoi habiller l’espace, aussi bien physique que mental, au carrefour des vivacités. Voilées dans leurs ambiguïtés, ces langues se sont parfois révélées farouches : comment traduire le sens exact d’un terme, provenant d’une langue qui ne se laisse que peu dompter ? Pour écouter ces langues parler, il était nécessaire de se laisser bercer par leurs particularités et ne pas vouloir à tout prix y chercher du sens, lâcher ce contrôle obnubilant qui emplit notre quotidienneté.

« La part sauvage », c’est un appel, une invitation à découvrir l’Autre, comprendre son cadre de référence, et ne pas forcément y chercher une correspondance um jeden Preis. Laisser parler le lingue, les laisser nous emmener, les laisser s’emparer de nos impissamaint.

Pour vous engouffrer dans la « La part sauvage » de la littérature :

En français, aux éditions Zoé.

En allemand, au Rotpunktverlag.

En italien, aux Edizioni Casagrande.

Das «vocabulaire incroyable» auf den Verpackungen von Tiernahrung

Eric Facon beginnt das Gespräch mit Rebecca Gisler auf Französisch. Dann fragt er in die Runde, wer in der Säulenhalle überhaupt mit dem fliegenden Wechsel zwischen Deutsch und Französisch klarkommt. Im Publikum breitet sich ein zustimmendes Nicken aus. Es geht also weiter, oder besser gesagt, erst richtig los. Und zwar mit der ersten, bei diesem Buch wohl zentralsten Frage: «Pourquoi l’oncle?»

Rebecca Gisler ist in Zürich geboren und aufgewachsen, ihre Muttersprache ist aber eigentlich Französisch. Sie studierte literarisches Schreiben gleich doppelt. Einmal auf Deutsch in Biel und einmal auf Französisch in Paris. Die Zweisprachigkeit von Rebecca Gisler hat denn auch zur Folge, dass es zwei Romane von ihr gibt, die beide vom Onkel handeln.

Eine Parallel-Lesung, die funktioniert

Sie hat sich, so Gisler als Antwort auf Facons Frage, mit dem Onkel befasst, weil es über diese Figur viel weniger Literatur gibt, als über andere Familienmitglieder: Mütter, Väter, Grosseltern, Geschwister, Kinder. Der Onkel als Figur hat sie interessiert und sich aus ihrem Schreiben quasi herauskristallisiert. Die Figuren machen das Schreiben und das Schreiben macht die Figuren. Der Onkel lebt in einem grossen Haus in der Bretagne. Seine Nichte, die dort mit ihm lebt, beschreibt ihn und seine kuriosen Gewohnheiten bis ins kleinste Detail.

Nach den ersten Fragen liest Rebecca Gisler aus ihren Büchern, parallel eine Stelle aus «D’oncle» und eine aus «Vom Onkel». Bereits lässt sich erahnen, was am Wechselspiel zwischen diesen beiden Sprachen interessant und anregend sein kann.

Das eigene Buch nochmal neu schreiben

Es ist tatsächlich ungewöhnlich, dass die deutsche Fassung, die nach der französischen erschienen ist, nicht einfach übersetzt, sondern von der Autorin selbst neu geschrieben wurde. Es ist ein Wiederlernen des Deutschen gewesen, ein Spiel aus Hin- & Her-Übersetzen, in dem eine Sprache jeweils als Kontrollinstanz der anderen funktionierte. Am spannendsten wurde es, wenn es zwischen den beiden Sprachen Zweifelsfälle gab. Es ist schon fast ein offenes Geheimnis der Literatur: Das Poetische findet sich im Dazwischen.

Rebecca Gislers Art, auf die Fragen von Facon zu antworten, macht es deutlich: Literatur, wie Gisler sie schreibt, macht Spass. Sie lebt vom Witz und von kuriosen Figuren, wie Eric Facon anfügt. Dass die Chemie zwischen Moderator und Autorin so gut passt, überträgt sich auf die Besucher:innen der Lesung. Voller Energie, Elan und Esprit unterhalten sich die beiden angeregt.

Irgendwie sind doch alle Famililen merkwürdig

Die Absurdität des Textes und die merkwürdigen Figuren entstanden also aus dem ewigen Phantasie-Spiel zwischen Deutsch und Französisch. Ab und an schlummert im Buch aber auch ein Funke Wahrheit. Genau wie die Nichte und der Neffe vom Onkel hat auch die Autorin selbst schon Verpackungstexte von Tiernahrungsprodukten vom Französischen ins Deutsche übertragen. Sie bieten, so Gisler, einen unglaublichen Wortschatz, ein «vocabulaire uncroyable». Als Eric Facon von der Autorin wissen möchte, warum die Familie des Onkels so merkwürdig ist, muss sie lachen. Irgendwie sind doch alle Familien komisch: aus dem Publikum zustimmendes Nicken oder verhaltenes Grinsen.

Zu den Schilderungen der Toilettengänge des Onkels und zu seiner vernachlässigten Hygiene passt auch, was Gisler über ihren Schreibstil erzählt: Jemand hat ihn schon mal als «chasse d’eau» (WC-Spülkasten) beschrieben. Er fliesst beständig, manchmal entsteht ein merkwürdiges Blubbern und der Text ist nie ganz leer, sondern füllt sich immer wieder von neuem.

Ein in allen Belangen passendes Bild und ein erfrischendes, kurzweiliges Gespräch, bei dem ich, fast ohne es zu merken, mein verstaubtes Französisch reaktivieren konnte.

Ein Odradek geistert über die St. Ursen-Treppe

Wie, was war nochmals ein «Odradek»? Diese Frage klärte sich heute an Rebecca Gislers Kurzlesung auf der St. Ursen-Treppe. Nach einer kurzen Anmoderation von Anna Rosenwasser las Gisler aus ihrem Romandebüt «Vom Onkel», eine Geschichte voller Kuriositäten.

Im Zentrum des Romans steht ein Onkel, der so stark übergewichtig ist, dass ihm der Bauch über die Tischplatte quillt. Ein einsames Warzenhaar, sogenannter «Lauch», wächst ihm am Hinterkopf. Wenn der Onkel nicht gerade auf dem Moped durch die Küstenlandschaft düst, spinnt er beim Essen die Fernsehnachrichten zu irrwitzigen Geschichten weiter oder fabuliert Definitionen darüber, was alles «Heavy Metal» sei.

Und dann die Sache mit dem Odradek, was war nochmals ein Odradek?

Der Onkel gleicht den Schnäppchen aus dem Supermarkt, die er liebt und massen- und messie-haft sammelt: Da ist die «Zahnstocherschachtel in Form einer Muschel, die eine Zigarette raucht», ein «Multipack emotionaler Schwämme», der «Marienkäfer-Timer» oder die «Wurstguillotine in einer Schachtel mit dem Abbild von Danton und Robespierre.» Exakt diese Schäppchen erinnern die Erzählerin an die Figur des Odradek aus Kafkas Erzählung «Die Sorge des Hausvaters», dort ist es ein undefinierbares Lebewesen in der Gestalt einer «Flachdrahtrolle». Gislers Onkel-Beschreibungen strotzen vor überbordernder Anschaulichkeit und Detailiertheit. Was ist ein Odradek? – Ein Schnäppchen, ein Ungeklärtes, ein Onkel, ein Odradek ist Odradek.