Frieden dem Unfrieden – warum Gotthelf immer aktuell ist

Jeremias Gotthelfs Werk erhält eine «Zürcher Ausgabe»! Die ersten drei Bände sind seit dem 25. Oktober beim Diogenes Verlag erhältlich. Zu diesem Anlass trafen sich Literaturprofessor Philipp Theisohn (Disclaimer: Herausgeber auch des Schweizer Buchjahrs), welcher die Neuauflage herausgibt, und die bekannte Autorin Monika Helfer, die als «Gotthelf-affine» Autorin ein Nachwort für «Uli der Pächter» verfasst hat. Die Frage, die sie gemeinsam zu beantworten suchen: Kann man Gotthelf heute überhaupt noch lesen? Die Vielzahl der Anwesenden am Freitagabend deutet an – ja, kann man!


Gastgeber ist an diesem Abend ein Salon. Und sehr gemütlich ist es im Salon zum Rehböckli! Man fühlt sich, als ob man bei jemandem zu einem Abendessen eingeladen ist und vor dem Essen noch ein wenig über Literatur spricht. Der Holzboden, das gedimmte Licht und eine Katze, die sich auf dem Sofa ausbreitet und streicheln lässt, haben einen entspannenden Effekt auf das Publikum.


Die Veranstaltung startet mit der Autobiographie von Jeremias Gotthelf, dessen Leben auf ein paar wenigen Seiten zusammengefasst werden kann, wenn man sich an die Eckdaten hält. Aber er habe trotzdem genügend Stoff für seine Werke gefunden, merkt Herausgeber Theisohn an. Gotthelf, der bürgerlich eigentlich Bitzius hiess, musste für seine Vorgesetzten häufig Berichte über die Ereignisse und Missstände in seiner Pfarreigemeinde anfertigen. Seine Erzählungen, besonders auch die «Uli»-Bücher, erben diese Feinfühligkeit für ihre Figuren.


Diese Sorgfalt und Empathie für Figuren, die nicht immer perfekt sind, sondern auch Schwächen haben, zieht auch Monika Helfer schon seit langem zu Jeremias Gotthelfs Werk. Als Kind habe sie oft Gotthelf-Hörbücher gehört. Die österreichische Autorin ist auch in ihrem eigenen Schreiben von solchen Charakteren fasziniert. «Ist nicht deine Gloria ein wenig wie Gotthelfs Elisi?», fragt Theisohn schmunzelnd. Damit ist eine Figur in Helfers neuem Roman «Die Jungfrau» gemeint, der gerade dieses Jahr erschienen ist und von einer jahrelangen Freundschaft zwischen zwei Frauen handelt.


Schliesslich kommen die beiden auf die Bedeutung des Geldes in Gotthelfs Romanen zu sprechen. Geld vor allem im Sinn vom richtigen Umgehen damit, wie sowohl Gier als auch Faulheit für Uli Konsequenzen haben. Helfer greift im Nachwort zu «Uli der Pächter» diesen Aspekt ebenfalls auf. In einer kurzen Erzählung wird Uli zum Hotelier in einem Ausflugsgebiet und muss sich mit ähnlichen Problemen herumschlagen wie als Knecht und Pächter. Der Beweis also, dass die Uli-Geschichten kaum an Aktualität verloren haben.