Die Kaffeemaschine rauscht, Gläser klappern. Barbara Helbling erzählt im Interview mit Sabina Ribaudo von einem geheimnisvollen schwarzen Heft und gibt uns einen Einblick in die Entstehung ihres neuen Buches.
Wie kamen Sie zur Idee und zu den Dokumenten in Ihrem neusten Buch Meine Schwiegermutter, der Mondmann und ich?
Am Anfang stand sicher der Fund dieses schwarzen Notizbuches. Damit beginnt auch die Geschichte im Buch. Es ist ein erstaunliches Dokument, das meiner Schwiegermutter eine Stimme gibt; eine sehr persönliche Stimme, die ich so von ihr nicht kannte. Dieser Fund war sehr toll und ich wusste, dass ich etwas damit machen möchte. Schnell war klar, dass ich ihre Stimme erhalten und nicht fiktionalisieren möchte. Trotzdem bleibt es ein interpretativer Akt, den ich gemacht habe, ohne weiter darauf einzugehen. Das Gegengewicht ist, dass man seine eigene Geschichte dagegen stellt in Form der Erzählerin, die mir im essayistischen Sinn durchaus nahe ist. Ich zitiere da gerne Cynthia Ozick, eine amerikanische Schriftstellerin und Essyistin. Sie sagt, das essayistische Ich sei dem eigenen Ich näher als das Ich in Romanen, und trotzdem bin ich es nicht.
Und die anderen Figuren?
Das Interessante war, wie sich in dem Moment, als die Stimme der Schwiegermutter und irgendwann auch die Stimme meines Vorfahrs, der auch der Vorfahr der Erzählerin ist, eingearbeitet waren, sich Fragen ergeben haben. Woran wird in den Dokumenten eigentlich erinnert? Was war bei den Aufzeichnungen bedacht worden? Ich fand diese Ansichten meiner Schwiegermutter als Achtzehnjährige extrem spannend, auch wie diese in der Zeit stehen geblieben sind.
Sie verwenden noch ein zweites Dokument…
Der Vorfahr schreibt an seinen vierjährigen Sohn zu einer Zeit, in der er arbeitsbedingt wenig in der Familie präsent sein kann. Er hatte jedoch auch eine enge Beziehung zu seinen Töchtern und am Schluss des Dokuments heisst es auch, es sei eine Erinnerung für seine Kinder. Er erzählt sehr offen, auch Freizügiges. Darum auch die Frage, ob er bei den Aufzeichnungen wirklich an seine Kinder und deren Belehrung dachte, wie er anfänglich schreibt.
Die beiden Dokumente finden sich erkennbar in Originaltönen im Buch wieder. Helbling wechselt in raschen Schnitten von einer Figur zur andern und lässt und lässt die Lesenden an der Entstehung der Liebesgeschichten über drei Generationen teilhaben.