Bedrohte Arten im Buchhandel

Es ist ein paradoxes Bild, das sich im Gespräch zur Bibliodiversität und dem Beitrag von unabhängigen Verlagen dazu abzeichnet: Weil so viel diverse Literatur produziert wird, geht das Diverse im Mainstream unter. Christiane Schmidt vom Rotpunktverlag stellt dabei fest: «Ich sehe im Literaturmarkt schon bedrohte Arten.» Darunter fallen beispielsweise Sachbücher und Lyrikbände.

Wer kennt es nicht: Man geht durch eine der grossen Buchhandlungen und ist beinahe erschlagen von den vielen Regalen voller Bücher. Da ist bestimmt schon einigen Bücherwürmern durch den Kopf geschossen: Too many books, too little time. Nie im Leben könnte man all diese Bücher nach ihrem Inhalt prüfen, geschweige denn vollständig lesen. Damit Bücher gekauft werden, müssen sie zuerst ins Bewusstsein der Kund*innen geraten. Da das Feuilleton immer weiter schrumpft und dabei weniger Platz für Rezensionen bleibt, liegt es oft besonders an den Buchhandlungen ihren Kund*innen die Titel nahezulegen. «Buchhändler sind unsere Verbündeten», hält Claudio Barandun aus der Verlagsleitung der Edition Moderne fest. Besonders diejenigen Buchhändler*innen kleinerer Buchhandlungen, welche um ein weitläufiges Sortiment bemüht sind. Doch unter all den vielen Neuerscheinungen die Perlen zu finden ist schwierig. Gerade weil den Buchhändler*innen eine solch zentrale Rolle für die Büchervielfalt zugesprochen wurde, waren sich die Gesprächsteilnehmer*innen darüber einig , das jemand von dieser Seite des Literaturbetriebs eigentlich ebenfalls an diesem Gespräch teilhaben sollte.

Auch auf die wichtige Rolle der Person der Autorin und des Autors wurde von den Gesprächsteilnehmer*innen hingewiesen. Deren Bekanntheit nimmt ebenfalls Einfluss auf die Wahrnehmung der Bücher und werde durch Veranstaltungen wie die Solothurner Literaturtage gefördert. Deshalb war es leider ein wenig schade, dass Julia Weber, die Autorin in der Runde der Gesprächsteilnehmer*innen, eher wenig zu Wort kam. Sie hielt trotzdem fest: «Ich lebe vor allem von den Veranstaltungen. Auftritte nehmen zwar viel Platz ein, aber ich mache es gerne.»

Schlussendlich geht es aber auch bei Literatur leider doch meistens ums Geld. «Bücher aus Kalkül machen, bringt es nicht», hält Claudio Barandun fest, «Aber natürlich sind wir ökonomischen Zwängen unterlegen.» Die diversen Fördergelder nehmen alle Verlage gerne an und sie sind auch auf sie angewiesen. Ausserdem steuern die Förderbeiträge zur Diversität der Bücher bei. Beispielsweise gäbe es beinahe keine Übersetzungen von Westschweizer oder Tessiner Literatur, würden diese nicht gefördert werden. Dass diese Fördergelder aber nicht ausreichen, darüber sind sich alle Gesprächsteilnehmer einig. Deshalb meint Schmidt: «Bücher müssten dringend teurer werden.» Das geht aber leider nicht so einfach. Den die Schweiz als Teil des deutschsprachigen Raumes, ist auch vom Eurokurs und den Buchpreisen im Ausland abhängig. Um dort konkurrenzfähig zu bleiben, können die Preise der Situation der Verlage nicht angepasst werden. Erwin Künzli von der Verlagsleitung des Limmat Verlags bringt es folgendermassen auf den Punkt: «Entweder man verliert den deutschen Markt oder Geld in der Schweiz.»

Teil des deutschsprachigen Raums zu sein, birgt aber auch Vorteile. Denn obwohl oft davon ausgegangen wird, dass Schweizer Literatur auch bloss in der Schweiz gelesen wird, weiss Christiane Schmidt: «Interessante Bücher werden auch in Deutschland und Österreich gelesen.» Und interessant kann Schweizer Literatur bestimmt sein, wie Künzli ergänzt: «Das Lokale darf nicht mit dem Provinziellen verwechselt werden.»

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