Johanna Schaible gewinnt 10’000 Franken

Der Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreis geht an Johanna Schaibles Bilderbuch Es war einmal und wird noch lange sein. Tosender Applaus und Jubelrufe im Solothurner Stadttheater, Blumen werden verteilt, es ist ein Fest. Auch die vier anderen Projekte gehen nicht leer aus: Sie erhalten jeweils 2’500 Franken. Verdient, denn alle 5 nominierten Werke und ihre Schöpfer:innen überzeugen auf ihre eigene Art.

Johanna Schaibles Buch sticht durch seine aussergewöhnlichen Machart heraus. Die Erzählung beginnt vor Milliarden von Jahren und bewegt sich dann im Schnelldurchlauf ins Präsens, während die Seiten des Buches immer kleiner werden. In der Mitte des Werks landet man bei einer winzigen Sternschnuppe und dem Apell «Jetzt! Wünsch dir was!» Anschliessend blättert man sich durch nun wieder grösser werdende Seiten in die Zukunft. Schaible erzählt auf der Bühne, dass sie aufgrund des aufwändigen Formats nicht damit gerechnet hatte, dass das Buch verlegt werden würde: «Ich dachte, ich bastle das zehn Mal und schenke es meinen Freunden». Mittlerweile ist das Buch in neun Sprachen erschienen.

Und die anderen Nominierten? Laura d’Arcangelo erweckt in Herr Bert und Alfonso jagen einen Dieb eine etwas andere Detektivgeschichte zum Leben. Statt eines exzentrischen Besserwissers à la Sherlock Holmes steht mit Herr Bert eine Figur im Mittelpunkt der Geschichte, deren Stärke ihre Unscheinbarkeit ist. Vorbild für den unauffälligen Helden des Bilderbuchs sei ihr Bruder gewesen, erklärt d’Arcangelo. Sie teasert an, was einen beim Lesen der Geschichte erwartet: «Eine wilde Verfolgungsjagd und ziemlich viel Knoblauchwurst».

Walid Serageldines textloses Bilderbuch Le Voisin handelt vom – wer kennt es nicht – konfliktgeladenen Verhältnis zwischen Nachbarn. Dass der Rauch vom Elefantengrill über den Zaun zu seiner frischgewaschenen Wäsche hinüberzieht, stinkt dem Nashorn ganz schön. Immer gereizter reagiert es auf das Verhalten seiner Nachbarn, bis das Fass schliesslich überläuft. Ob er denn Team Nashorn oder Team Elefant sei, fragt Susanne Kunz, die die Preisverleihung moderiert. «Team Nashorn», lacht Serageldine, und erläutert entschuldigend: «Mit 30 habe ich die Seiten gewechselt».

Tito Moccia nimmt seine Leser:innen in Astor mit in die Tiefsee. Die schwarzweissen Illustrationen von Tintenfischen und U-Booten erinnern an ein Ausmalbuch. Das mit ihm und dem Meer sei «un coup de foudre» (Liebe auf den ersten Blick) gewesen, erklärt der studierte Meeresbiologe, der seine Faszination nun auch ins Bilderbuch transportiert hat.

Lika Nüssli und Andrea Gerster erhielten eine gemeinsame Nomination für das SJW-Heftchen Mony heisst mein Pony. Gerster schrieb die sprachspielerischen Texte des Bändchens, Nüssli lieferte die farbenfrohen Illustrationen. Es habe sich aber nicht um eine klassische Zusammenarbeit gehandelt, betont Nüssli. «Statt erst den Text und dann die Illustration zu machen, haben wir eine Eieruhr auf den Tisch gestellt und dann gleichzeitig anhand eines Stichworts fünf Minuten drauflosgeschrieben und -gezeichnet». Daraus entstanden ist ein freches und kurweiliges Heft.

Herzlich gratulieren die Nominierten der Gewinnerin, zum Teil kennen sie sich bereits aus dem Bolo-Klub oder vom Studium. Schaible erwähnt in ihrer Dankesrede prompt auch die Dame, die neben mir sitzt: Susanna Stammbach, Professorin für Buchgestaltung an der Hochschule Luzern. Stolz blickt die Dozentin zur Bühne, auf der gleich drei ihrer ehemaligen Student:innen stehen. Johanna Schaible, wie es einer frischgebackenen Preisträgerin gebührt, strahlt.