Carte Blanche: Reto Hänny macht, was er will – Er liest aus «Sturz»

Beitrag von Lara Buchli und Severin Lanfranconi

Der Moderator Rico Valär führt humorvoll durch das Gespräch. So unterstellt er gleich zu Beginn Reto Hänny drei Obsessionen: Interpunktion, Fliegen und das Wieder- und Überschreiben seiner Trilogie Ruch, Flug und Sturz. Tatsächlich, ohne Punkt und am liebsten auch ohne Komma: Reto Hänny spricht, wie er schreibt, in einem fort. Die Lesung und das Gespräch sind kurzweilig und in wunderbarem Bündnerhochdeutsch. Der Grand Prix Literatur 2022 für das Lebenswerk, diesen Preis nahm Reto Hänny am vergangenen Mittwoch in Empfang.

Für Hänny sind alle Geschichten auserzählt, also hat er irgendwann beschlossen, nur noch eine einzige zu erzählen, und diese begleitet ihn schon sein Leben lang: Vom Bergbauernjungen, der beflügelt von den Sagen, die sein Grossvater ihm erzählte, hinaus in die Welt fliegt. Schon die dritte Neuauflage ist es seit dem erstmaligen Erscheinen 1984, heute unter dem Titel Sturz. Das dritte Buch vom Flug.

Die Obsession der Interpunktion bei Hänny entspringt seiner Experimentierfreude mit Sprach-Rhythmus, Melodie und Phrasierung. Wenn man sich so intensiv mit diesen Aspekten befasst, scheint sich der Punkt von alleine zu erübrigen: Denn laut Hänny ersetzen die Atembögen den Punkt. Seine Bandwurmsätze sind legendär und mit den vielen intertextuellen Bezügen eines sehr belesenen Autors wirken sie für das Publikum manchmal auch etwas überfordernd. Valär nennt den Stil treffenderweise: «Explosionsartig intertextuell und intermedial».

Hänny beschliesst seine Lesung mit dem Ende seines Romans über das Flugfieber, das noch beim Lesen zum fiebrigen Fliegerflug für die Ohren wird. Hier räblets nochmals gewaltig mit Verweisen auf Philosophen wie Adorno, auf Komponisten wie Wagner, Schubert und Anton Webern, auf Heine und und und. Für einen Moment wirkt der abstürzende Fliegercockpit wie eine musikphilosophische Denkstube. Ob das aber wirklich dem Fieberwahn geschuldet ist?

Unser Team in Solothurn:
Lara Buchli

Lara weiss nicht genau, wie sie hier reingeraten ist, freut sich aber umso mehr auf all die kultivierten Menschen und das, was diese so zu bieten haben.

Lebt in Graubünden und manchmal auch in Züri, wo sie Germanistik und TAV an der Uni studiert. Lacht am lautesten über die eigenen Witze, nimmt aber auch grossen Anteil am Humor anderer. Überhaupt mag sie es am liebsten lustig und hofft, dass es in Solothurn auch einiges zu lachen geben wird.