Die für ihr eigenes Werk bereits vielfach preisgekrönte Dichterin liest auf Deutsch und Englisch, erzählt charmante Anekdoten und trägt die Gedichte als traurig-schöne Jazz-Melodien vor. «Wenn Sie sehen könnten was ich sehe, so viele schöne Gedichte!», sagt Gomringer augenzwinkernd zum Publikum. Die Gedichte handeln meist von unglücklicher Liebe, doch nicht nur. Parker befand sich stets in Gesellschaft eines Dackels mit dunklem Fell. Der letzte dieser Art, der sie bis zu ihrem Tod begleitete, trug den sprechenden Namen «C’est tout.» Ihm widmete Parker ein paar besonders witzige Zeilen, welche die innige, aber auch ambivalente Beziehung von Tier und Mensch andeuten. Ein weiterer Text gibt den inneren Dialog einer Walzer tanzenden Frau wieder. «I’d love to waltz with you», beteuert diese noch, während sie ihren Tanzpartner gedanklich bereits in Stücke reist.
Lauscht man den emphatischen Realisierungen dieser geistreichen Texte, so kann man sich durch Gomringers leidenschaftliche und authentische Einverleibung letztlich nicht erwehren, diese feinfühlige und bissige Künstlerin lieben zu lernen. Parkers Texte ermöglichen diese Zuwendung zu weiten Teilen gerade auch durch ihren zuweilen erfrischenden Gehalt an Selbstironie. Man spürt aus ihnen ein ambivalentes Verhältnis zum anderen Geschlecht heraus. Gerade diesbezüglich erweisen sich Parkers selbstkritische Reflexionen als wohltuend. Sie versöhnen einen sofort mit diesem mehrfach gebrochenen Herzen. So lautet denn die zweite Strophe von Parkers Gedicht «On being a woman»:
And why with you, my love, my lord,Am I spectacularly bored,Yet do you up and eave me – thenI scream to have you back again?
Gomringer performt aber nicht nur überzeugend, sondern reflektiert ihrerseits die Texte sowie den eigenen Umgang damit. So empfindet sie Parkers «Frustration», womit sie den Lyrikmorgen beendet, als ein aus heutiger Perspektive schwieriges Gedicht. Künstlerisch trägt sie dem in so weit Rechnung, als sie das Gedicht gesanglich adaptiert, wodurch dieses eine neue Dynamik bekommt. Gomringer selbst stellt sich in ihrem Vortrag ganz in den Dienst der Sache, erscheint gewissermassen als Medium, durch das der Geist Parkers spricht. So schliesst man sich ihr gerne an, wenn sie zum Schluss auffordert: «Lesen sie Dorothy Parker!» und wünscht sich, dass dieses Plädoyer schon bald ein «superfluous advice» werde.
Kurz nachgefragt