Gepflegter Trash

Zwei Verlage präsentieren am Solothurner Freitagabend Schund- und Groschenromane fiktionaler Autor_innen. Wir haben uns amüsiert.

Den Anfang macht der Verlag die brotsuppe. Zu zehnt werden in einer ersten szenischen Lesung Perlen des Trashs wie Eine wie keine – oder wie Winnie Grok zum Wunder wurd [sic!] von Raul Rabbassi vorgetragen. Unser Favorit war aber Blut im Mississippi – Vol 1. Die Köter des Todes von Dan D. Dutch. Darin geht es haarsträubend zu – eine lüsterne Witwe «drückt die Zigarette neben dem Sarg ihres Mannes aus» und versucht noch an Ort und Stelle einen unerfahrenen und sehr (!) jungen Buben zu verführen. So viele Tabus auf so wenig Text!

Nach einer Pause empfängt uns das Literaturmagazin Narr mit seiner Auswahl von Groschenromanen zurück. Die Nacht der Todeshandys und Ein Sonnenstrahl kommt selten allein – Verliebt in raue Hände überbieten sich. Dabei tut den Texten die zusätzlich karikierend wirkende szenische Lesung nicht nur gut – es wäre mutiger gewesen, die Texte für sich sprechen zu lassen. Zwischen den Texten werden urkomische Zusammenschnitte fast identischer Kinoszenen (wie durch Dritte gestörte Kussszenen) abgespielt. Diese streichen heraus, dass hier einerseits die relative Einfallslosigkeit der seriellen Groschenromane auf die Schippe genommen werden soll. Andererseits stellt sich dabei auch die Freude am Wiedererkennen von Stereotypen ein, die wohl auch zum Reiz eines einigermassen reflektierten und durchironisierten Trashkonsums gehört.

In diesem zweiten Teil wirkt die Formelhaftigkeit der Groschenroman-Vorlagen besser getroffen, ihre Auswahl parodiert mit grösserer Präzision, aber etwas weniger wilder Fabulierlust. Das lässt die Narr-Texte intelligenter wirken, fast auf groteske Weise analytischer, aber auch ein wenig kühler. Schade, blieben bei diesem Fest des gepflegten Trashs so viele Stühle leer, denn wir waren uns einig: Die pulp fiction bescherte uns kurzweilige drei Stunden mit liebevoll nerdigem Schund.

Marco Neuhaus, Julia Sjöberg