Bibliothekarinnen hängen sich bisweilen an Lustern auf

Das Kulturzentrum Sphères unweit des Escher-Wyss-Platzes hat seine Besucherinnen und Besucher gestern Abend verheissungsvoll zu einem Glücksseminar geladen. Dass das Glück ein Muskel sei, den es bloss nach genügend Training verlange, wird denn schon bald von den beiden zwielichtigen Anzugsträgerpuppen auf der Bühne proklamiert: Wie in der Folge schnell klar wird, ist es ihnen darum zu tun, die Sehnsucht nach dem flüchtigen Konzept in erster Linie vermarkten zu können. Den gierigen Glücksmarktvertretern zur Seite gestellt werden mit Anna Karger und Delia Dahinden zwei Bibliothekarinnen – musikalisch begleitet wird die Glückssuche von Urs Sibi Sibold –, die in den Untiefen von inneren und äusseren Bibliothekslandschaften nach Texten stöbern gehen, die auf die Risse der Glückslust und -sucht aufmerksam machen und falschen Versprechungen auf die Spur kommen. Was an Text aus der Tiefe an die Oberfläche gehoben wird, reicht von Ingrid Lausunds Sofa-Monolog bis hin zu Lydia Davis’ A Position at the University. In Lausunds Satire geht es um einen Mann, der von der Marktforschung zur Zielgruppe «Leander» gezählt wird. Und dies weiss. Aus Rebellion legt er sich ein Sofa aus der Zielgruppe «Horst» zu. Mit dem er prompt unglücklich wird. Die Lacher im Publikum sind an dieser Stelle laut und legen sich schnell wieder – das Bedauern darüber, nur zu genau zu wissen, worum es hier geht, erfüllt kurzzeitig das gut besuchte Lokal. Bei Davis hingegen, die auch mit dem schönen Text The Professor vertreten ist, in dem die erzählende Figur längstens schon einen Cowboy heiraten möchte, heisst es : «I think I know what sort of person I am. But then I think, But this stranger will imagine me quite otherwise when he or she hears this or that to my credit, for instance that I have a position at the university: the fact that I have a position at the university will appear to mean that I must be the sort of person who has a position at the university.» Damit sind wir aber bei Fragen zur Identität angelangt und der Lust danach, herauszufinden, woraus das so oft und mit Nachdruck ausgesprochene «Ich» überhaupt besteht und von wem dazu gemacht wird – das Glück hat sich also, als wir draussen auf den kalten Stühlen ein letztes Bier bestellen, bereits gewieft aus dem Staub gemacht.