In der Hafenkneipe

Am Nachmittag füllt sich die Hafenkneipe an der Aare. Man hat viel gesehen, viel gehört. Zeit für einen Apéro. Um das Erlebte Revue passieren zu lassen und sich auf den Abend einzustimmen. Hier habe ich Andrea und Lea getroffen. Sie erzählen, warum sie hier sind, was dieser Tag in Solothurn mit sich gebracht hat, und was sie noch vorhaben am Abend.

Andrea: Meine Mitbewohnerin kommt aus Solothurn und ich studiere Germanistik. Ich habe zuhause von den Solothurner Literaturtagen erzählt und sie fand es auch eine gute Idee, hier hinzugehen. Ich bin heute Mittag angereist, um gleich das literarische Gespräch mit Christian Kiening und Alice Grünfelder zu besuchen. Es ging um das Dokumentarische im Literarischen. Die grosse Frage war: Wie weit kann man Dokumentarisches literarisch umsetzen? Und kann man das überhaupt? Ich fand es sehr spannend, weil ich an der Uni gerade ein Kolloquium zum Thema der Holocaust-Literatur habe, und da kommen all diese Fragen natürlich auch auf. Das Gespräch war im Landhaus. Danach sind wir ein bisschen herumgeschlendert, haben etwas getrunken und haben das beste Glacé von Solothurn gekostet. Dort hinten in der Gelateria. Ich glaube sie heisst einfach Gelateria. Das Wetter war wunderschön, wir haben uns an den Fluss gesetzt und noch lange über die Veranstaltung von vorher gesprochen. Danach sind wir an Hohlers Lesung gegangen, auf der Aussenbühne. Zwar nur eine Viertelstunde, aber sehr voll. Zuerst dachte ich, er würde aus seinem neuen Roman vorlesen, aber dann waren es ältere, kurze und lustige Texte, die er vorgetragen hat. Eine sehr schöne Anekdote, die er erzählt hat, auf die Frage, was die Solothurner Literaturtage ausmacht: Eine Dichterin sitzt im Wald, um sie herum sitzen Kinder auf Kissen. Sie fängt an zu erzählen, es war einmal ein Junge, der zu seiner Mutter rannte und sagte: „Mama, es gibt ein Feuer im Garten!“ In dem Moment, in dem die Dichterin das erzählte und die Geschichte ja noch gar nicht richtig begonnen hatte, sprang ein Junge auf, „Was? Ein Feuer im Garten?“, und lief weg. Für ihn hat die Geschichte schon in ganzem Umfang stattgefunden, er konnte sich alles schon vorstellen. Literatur ist also etwas sehr Individuelles. Und jetzt sind wir halt schon wieder beim Apéro. Am Abend möchten wir dann noch zum Spoken-Word. Was uns aufgefallen ist: Das Publikum hier ist grundsätzlich etwas älter…

Lea: Mir hat der heutige Tag sehr gut gefallen. Die Diskussion über das Dokumentarische im Literarischen war spannend. Es ist schön, sich wieder mal mit Gedanken zu befassen, mit denen sich Autoren beschäftigen. Die Aussenbühne vor dem Landhaus finde ich eine gute Idee. Es ist schön, dass es für alle offen und zugänglich ist. Ich bin auch gespannt, was es heute Abend noch so zu hören gibt!