Matto Kämpf: Tante Leguan

Matto Kämpf: Tante Leguan

Der Berner Satiriker Matto Kämpf nennt seinen neusten Roman «Tante Leguan», angesiedelt in der Szene des Kulturjournalismus, ein «klassisches Feel-Bad-Book». Das Werk hält was es verspricht – ob es das sollte, ist fraglich.

Lena, Hans und Martina, drei Kulturjournalisten Mitte dreissig, fürchten, ihre besten Zeiten schon hinter sich zu haben. Ihre Arbeit in einer kleinen Tageszeitung, wo sie sich mit ihrem Mitarbeiter «Sportarsch» und ihrem Vorgesetzten «Idiot» herumschlagen müssen, hat sie zu weltmüden Zynikern gemacht, mehr bedacht auf die nächste Mittagspause als auf die Qualität ihrer Rezensionen. «Lena schreibt über Kunst, Hans über Film und ich über Musik. Literatur machen wir alle. Theater müssen wir alle. Tanz hassen wir alle». Ihr sediertes Leben zwischen Apero, Kulturbetrieb und Lieblingsbar gerät aus der Bahn als eine mysteriöse CD der chinesischen Band «Tante Leguan» auf ihren Schreibtischen landet. Sie beschliessen, der Sache auf den Grund zu gehen und nach Peking zu reisen.

Was von Matto Kämpf zunächst als Road-Trip, inklusive Kulturschock und Detektivarbeit, aufgegleist wird, kommt bald wieder zum Stillstand. Nach knapp einem Drittel des Romans sitzen die drei Freunde wieder in ihrer Redaktion, ohne lebensverändernde Erfahrungen gemacht zu haben. Nichtsdestotrotz sind sie nun auf den Geschmack gekommen. Sie überzeugen den «Idioten» zu immer neuen Reiseberichten, führen investigative Interviews in Neapel, essen Kalbsköpfe in Lyon, stellen sich in La Brévine in Unterwäsche in den Schnee und frieren. Schlauer werden sie dabei aber nie, ihr Pessimismus hält sich wacker.

Der Roman liest sich stellenweise als eine gelungene Satire auf den kulturjournalistischen Betrieb, wird aber – trotz einer Länge von nur knapp 150 Seiten – zunehmend repetitiv. Die drei Protagonisten bleiben flach gezeichnet, ihre ironische Distanz, die sie zu der Welt, aber auch zwischen sich selbst, gewohnheitsmässig aufrechterhalten, wird nur selten durchbrochen. Ihre sarkastischen, vor popkulturellen Referenzen triefenden Gespräche über Kunst und die allgemeine Schlechtigkeit der Welt sind oft eher bemüht absurd als liebenswert schrullig. Das mag beabsichtigt sein, wirkt nach einer Weile aber trotzdem eher ermüdend als gewinnend. Kämpfs Versprechen, ein «Feel-Bad-Book» geschrieben zu haben, bewahrheitet sich somit – aber sollte dies wirklich das Ziel sein?

Diskussion (1)

  1. ptheis sagt:

    Lieber Lorenz,

    schon sehr gut geworden, das könnte so in den allermeisten Schweizer Feuilletons gedruckt werden. Im Grunde – das war jetzt aber noch nicht gefragt – müsste man von Deinen Beobachtungen aus versuchen, ein paar Schneisen zu schlagen. Zum einen geht es da ja um das Genre „Punkroman“, was sich vertiefen liesse (Traditionen, Vorbilder, Definition überhaupt), zum anderen wäre noch zu klären, ob sich über diesen Text auch etwas Substantielles über den Zustand des Kulturjournalismus herausfiltern liesse. Wäre aber ein zweiter Schritt. Der erste ist bereits gelungen.

    Herzlich,
    Philipp

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