Menschen statt Zahlen


Am Mittwochabend sollen in der Helferei Menschen im Fokus stehen – insbesondere Frauen auf der Flucht. So lautet auch der Titel des vorgestellten Buches von Tina Ackermann. Darin sind verschiedene Frauen porträtiert, die eine Flucht hinter sich haben, die sich noch auf der Flucht befinden oder Menschen die andere bei ihrem Weg auf der Flucht helfen. Tina Ackermann ermöglicht mit ihrem Buch, dass die individuellen Geschichten an die Öffentlichkeit gelangen.

Die Anfrage nach diesen Geschichten ist gross, grösser noch, als angenommen. Denn weder die Stühle, noch der anschliessende syrisch-kurdische Apéro sind dafür ausgerichtet. Es werden zusätzliche Stühle herangetragen und vor dem Apéro wird auf ein brüderliches und schwesterliches Teilen hingewiesen. Diese improvisierten Lösungen stören nicht, im Gegenteil, sie schaffen eine angenehm unkomplizierte Atmosphäre. 

Der Abend wird mit einem Gespräch zwischen der – vom grossen Andrang überwältigten – Moderatorin Patrizia Grab vom Rotpunkt Verlag und der Autorin, die sich selbst jedoch eher als Chronistin versteht, Tina Ackermann eröffnet. Es geht um den Entstehungsprozess des Buches. Tina Ackermann führt aus, dass sie die Menschen hinter den wohl bekannten Statistiken kennenlernen wollte. Sie begründet den Fokus auf Frauen auf der Flucht dadurch, dass diese oft genderbasiert andere Fluchtgründe haben als Männer, beispielsweise Zwangsheirat oder häusliche Gewalt. Sie erzählt auch, was sie selbst alles erlebt hat während des Prozesses. Obwohl sie sich selber nie in Gefahr wägte, musste die Gefahr für die Frauen auf der Flucht stets berücksichtigen. Sie greift stets einzelne Beispiele heraus, denn jede Geschichte ist individuell, jede Bekanntschaft ist individuell, jede Flucht ist individuell.

Bei all diesen Ausführungen wird das eingangs erklärte Ziel eingehalten: Es soll um Menschen gehen und im zweiten Teil der Veranstaltung kommen diese Menschen dann auch selber zu Wort. Einige Frauen aus dem Publikum werden auf die Bühne gebeten. Es sind Frauen, die im Buch porträtiert wurden. Sie erzählen von ihrer Flucht, aber auch von ihren Erfahrungen nach der Flucht, als sie in der Schweiz angekommen sind. Nach anfänglicher Scheu, wird die Veranstaltung immer lebhafter, denn es melden sich stets mehr Frauen aus dem Publikum, die im Buch porträtiert wurden oder die ihren persönlichen Bezug zur Fluchtthematik teilen.  

Das Publikum darf aus erster Hand erfahren, dass diese Frauen nicht nur als Opfer zu betrachten sind. Die Frauen zeigen ihren Charakter und ihre Aufgeschlossenheit, denn obwohl sie von so schweren Themen sprechen, bringen sie immer wieder das gesamte Publikum zum Schmunzeln. Beispielsweise geht Shahinaz Bilal selbstbewusst auf die Bühne um ihr Catering Unternehmen persönlich vorzustellen und witzelt mit ihrem Mann, der noch im Publikum sitzt, hin und her wer die köstlichen Süssigkeiten erfunden hat. Obwohl die Idee mit dem Catering daraus entstanden ist, dass sie in der Schweiz nicht ihre eigentlichen Berufe ausüben können. Es zeigt die Stärke der Frauen, die immer wieder Wege aus schwierigen Situationen finden. 


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