Schiffbruch in der Liebe?

Schiffbruch in der Liebe?

In Anna Sterns neuem Roman „Wild wie die Wellen des Meeres“ wird mit einer Liebesbeziehung aufgewartet, die schwer wiegt. Stern reisst ihre Leser mit in die tosenden Wellen dieser Beziehung und spielt mit deren Problematik.

Der dritte Roman der 1990 in Rorschach geborenen Autorin Anna Stern dreht sich um die Beziehung eines jungen Liebespaares, die auf einem wackeligen Fundament steht. Die Autorin nimmt ihre Leserschaft mit in einen Strudel aus Gefühlen, der von Verwirrung über Entscheidungskonflikte bis hin zum drohenden Beziehungsende reicht.

Schauplatz der Handlung ist ein Ort am Bodensee in der Schweiz, wo sich die diffuse Liebesbeziehung der Hauptfiguren Ava und Paul aufrollt. Trotz des „guten Lebens“, das sie als Polizist und Studentin der Biologie führen, befinden sie sich in einem Beziehungskonflikt. Durch Avas Antritt eines Praktikums im Nordwesten Schottlands droht die entstehende Distanz zwischen den beiden immer grösser zu werden. Schaffen es Ava und Paul der Krux standzuhalten?

Zu Beginn des Romans wird deutlich, dass vor allem Ava von Unsicherheiten, Bindungsängsten und damit verbundener Einengung geplagt ist. Titel und Inhalt gehen miteinander einher, denn die Liebe der beiden ist das äquivalente Sinnbild für die Bewegung der wilden Wellen. Die Liebe ist in Anna Sterns Roman zentral, wird aber durch die Ängste ihrer Hauptfiguren torpediert. Wird die komplexe Darstellung dieser Liebesbeziehung den Ansprüchen von Sterns Leserschaft gerecht?

Im Roman spiegeln die Beziehungsbilder zunehmend Unsicherheiten und sprunghafte Verhaltensmuster wider. Zwischen dem Paar gibt es Kommunikations- und Bildungsbarrieren. „Findest du, dass es uns gut geht, sagt Ava wieder. […] Ich habe eine vollkommen einfache Frage gestellt. Ich erwarte nicht mehr als eine vollkommen einfache Antwort.“ Die gebildete Ava ist Paul intellektuell überlegen, was sie stets durch ihr Wissen hervorhebt. In Anlehnung an die Geschlechterrollen der Neuzeit porträtiert Stern eine weibliche Figur, die eine akademische Karriere bestreitet und sich aus den Mauern einer Beziehung befreit. Ava fühlt sich von Paul eingeengt und möchte, die sich ihr bietenden Chancen, wie ein Praktikum in Schottland, nicht missen. In ihren Handlungen und Äußerungen wird die junge Ava oft sehr unverfroren und emanzipiert dargestellt. „Nur damit du Bescheid weißt, sagt sie, ich gehe. Zu Elsa. Ich brauche etwas Zeit, etwas Raum.“ Paul ist derjenige, der bis zum Schluss um Avas Liebe kämpft.

Den LeserInnen wird ein Konglomerat an widersprüchlichen Äußerungen und Handlungen von Seiten Avas offenbart. Nicht selten wirft sie fragwürdige Kommentare ein, die teilweise zum Nachdenken anregen, aber häufiger zu Verwirrung führen, weil sie nicht in einen Kontext eingebettet werden. „Die Existenz von Altruismus, sagt Ava, ist ein Problem für Darwins Theorie der Evolution. Das musst du mir erklären, sagt Paul. Ein andermal …, sagt sie. Ich habe übrigens keine Lust auf Weihnachten.“ Neben der Spannung, die evoziert wird, fragt man sich als Leser, warum diese Stelle „mal wieder“ nicht vertieft wird und stattdessen nur angetastet bleibt. Viel zu oft werden nicht relevante Handlungsstränge thematisiert, die folglich überlesen werden möchten. Besonders die diversen biologischen Termini im Hinblick auf Vögel et al., die Ava äußert, und das Verwenden der englischen Sprache verlangsamen den Lesefluss und wirken ermüdend. Warum geht Stern von einem homogenen Wissensstand ihrer Leser im Hinblick auf die Biologie aus?

Anna Stern hat einen Liebesroman mit Happy End verfasst, das leider viel zu lange auf sich warten lässt. Der Roman ist einer geduldigen und am Bios interessierten Leserschaft gewidmet. Stern möchte mit ihrer Literatur Wissen vermitteln, wobei sie es nicht schafft den Bios als Wissensform zu reflektieren. Die Liebe wird über 400 Seiten in einem welligen Auf und Ab seziert, bis sie schließlich mit ruhigem Wellengang endet. Warum Paul um Avas Liebe kämpft,  erschliesst sich dem Leser nicht. Denn die Liebesbeziehung der beiden erreicht die Leser nicht. Vielmehr wiegt diese schwerer, als es sich der ein oder andere Leser wohl wünscht.

Diskussion (1)

  1. Liebe Gloria

    Dir gelingt es schon gut, die komplexe Handlung auf die Stränge zu reduzieren, mit denen du argumentativ arbeiten möchtest. Am Anfang gibt es noch ein paar kleinere Unklarheiten und syntaktische Unebenheiten, aber insgesamt eine gut lesbare und dem Text gegenüber gerechte Rezension!

    Herzlicher Gruss,
    Christoph

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