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BLUTBUCH VON KIM DE L'HORIZON
„Blutbuch“ lautet der Titel von Kim de l’Horizons Roman, der kürzlich mit dem Jürgen Ponto Preis ausgezeichnet wurde. Darin erkundet und erschreibt Kim de l’Horizon die eigene fluide Identität, über die Suche nach der eigenen Herkunft, der weiblichen Blutslinie der Familie folgend. Mit Kim de l'Horizon spreche ich über die Macht und die Magie der Sprache, darüber, was wir von Pflanzen lernen können und weshalb das Schreiben für Kim und für Menschen jenseits der Geschlechterbinarität nichts weniger als existenziell ist.
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DIE VERENGUNG VON JULIA WEBER
Unter dem Namen «Literaturdienst» schreibt Julia Weber an privaten und öffentlichen Anlässen und übersetzt ihre Beobachtungen von Menschen, Begegnungen und Stimmungen in Worte. Intimität ist denn auch das Schlüsselwort für ihren zweiten Roman, «Die Vermengung», in den sie grosszügig autobiographischen Stoff eingearbeitet hat. Doch die Autorin ist, im Buch wie auch als Schreibende vor Ort, nur scheinbar verfügbar. In beiden Fällen durchbricht sie spielerisch die sakrale Aura des einsamen Schriftstellers, der allein im Schreibkämmerlein über seinen Texten brütet. In «Die Vermengung» macht Julia Weber genau dies zum Gegenstand literarischer Reflexion und denkt über ihr Schreiben und ihre Rolle als Frau und Mutter nach. Shantala Hummler traf Julia Weber auf ein Gespräch.
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FEDERN LASSEN VON REGINA DÜRIG
Im Winterthurer Industriequartier fand vor Kurzem die Sofalesung mit Regina Dürig statt. Bei ihrem letzten, grossartigen Hörspiel «Das Schweigen entziffern», begibt sich die Autorin Regina Dürig auf die Spuren der amerikanischen Altphilologin Alice Kober begibt, die anfangs 20. Jahrhunderts gelebt hat und ihr Leben der Entzifferung der «Linearschrift B» gewidmet hatte. Um das «Schweigen» und den Versuch das Schweigen zu entziffern, geht es auch in Regina Dürigs Prosadebüt, der Novelle „Federn lassen“, über die wir bei dieser Sofalesung gesprochen haben.
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DIE GRÜNE FEE VON HANSJÖRG SCHERTENLEIB
Die Geschichte sei ihm "wie im Rausch" gekommen, sagt der Autor Hansjörg Schertenleib. In gerade einmal drei Wochen sei die Erzählung in ihrer Rohfassung gestanden, die nun am 3. Februar unter dem Titel "Die grüne Fee" bei Kampa erscheint. Und damit sind wir auch schon mitten in der Novelle. Denn "grüne Fee", so wird auch der Absinth genannt, also jenes Getränk das in der Schweiz wegen seiner halluzinogenen Wirkung lange Zeit verboten war. Der Rausch ist also auf mehr als einer Ebene zentral für die "Gespenstergeschichte", so der Untertitel, und wirft immer wieder die Frage auf: Was ist hier Erinnerung? Was rauschhafte Fantasie?
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EINE SCHULE DES SCHAUENS DIE POETIK VON TERESA PRÄAUER
Die diesjährige Zürcher Poetikdozentin ist Teresa Präauer. Kaum eine Autorin verbindet Literatur und bildende Kunst derzeit so raffiniert wie die österreichische Schriftstellerin. In Linz geboren und in Graz aufgewachsen, studierte Teresa Präauer Germanistik und bildende Kunst in Salzburg, Berlin und Wien. Die Kunst ist in all ihren Texten präsent, sei es im Nachdenken über berühmte Gemälde, sei es in poetischen Verfahren wie der Bricolage oder der Montage. Die Kunst ist der Spiegel, in dem sich Teresa Präauers Literatur reflektiert und umgekehrt.
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ULTRAVIOLETT VON FLURIN JECKER
Held ist die Hauptfigur in Flurin Jeckers neuem Roman «Ultraviolett». Er liebt das Leben, wenn er durch die Berliner Clubs tanzt, manchmal mehrere Nächte und Tage am Stück. Held heisst Held, weil ein guter Freund ihn einmal so genannt hat, «weil er den Mut gehabt hatte, nach Berlin zu kommen und sein Leben so zu leben, wie er es wollte.» Doch wenn in einem Roman eine Figur «Held» genannt wird, dann ist es wahrscheinlich, dass das mit dem Held-Sein so einfach nicht ist. Die Geschichte, die Held sich selbst erzählt – dass der nach Berlin gekommen sei, um frei zu sein, um das Leben wie ein einziges rauschhaftes Fest zu feiern – entpuppt sich als Rastlosigkeit; als Flucht vor den Geistern, die ihn seit früher Kindheit heimsuchen.
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ADELHAID DUVANEL
Zusammen mit dem Literaturwissenschaftler Aurel Sieber gehen wir diesen "Komödien der Einsamkeit", wie sie Peter von Matt einmal genannt hat, auf die Spur. Adelheid Duvanel gilt als die literarische Wiederentdeckung des Jahres. Grund dafür war das Erscheinen von Duvanels gesammelten Werken mit dem Titel «Fern von hier» beim Limmat Verlag. 251 Geschichten, davon manche nur knapp eine Seite lang. Die FAZ feierte es als eines der «grossartigsten erzählerischen Werke des 20. Jahrhunderts». Tatsächlich sind Adelheid Duvanels dichte Erzählungen trotz oder gerade wegen ihrer kurzen Form keine einfache Lektüre. Sie handeln ausschliesslich von Ausgestossenen, Versehrten, von verlassenen Müttern und Drogenabhängigen; gleichzeitig sperren sie sich gegen einfache Sinnstiftungen.
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VON UNTERWEGS VON ECKHART NICKEL
"Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen", lautet ein Sprichwort von Matthias Claudius. Momentan ist das Reisen noch ziemlich eingeschränkt, umso mehr suchen wir Ferne und Abenteuer in der Literatur. In seinem Erzählband "Von unterwegs" begibt sich der deutsche Autor und Journalist Eckhart Nickel auf die Spuren grosser SchriftstellerInnen und FilmemacherInnen und lässt sich von Orten, Leuten und Geschichten inspirieren. In dieser Folge sprichtEckhart Nickel über die Kunst des guten Reisens.
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MAGDALENAS SÜNDE VON ROMANA GANZONI
Romana Ganzonis Roman beginnt mit dem so banalen wie spektakulären Satz: «Magdalena sass im Schaufenster der Bäckerei-Konditorei Märky, leckte sich den Puderzucker aus den Mundwinkeln und schloss das Langeweileheft.» Der Roman spielt in der Zürcher Altstadt, nahe des Bellevue, wo die Hauptfigur Magdalena, geborene Madlaina, also wie ein Gemälde im Schaufenster thront und Süssgebäck verkauft. Dass es in diesem Roman nicht nur um den Verkauf und den Verzehr von Süssspeisen geht, sondern – sozusagen unter einer dicken Schicht Zuckerguss – auch immer um ein Geschäft anderer Lüste und Begehren, das verrät schon der Titel «Magdalenas Sünde». In dieser Folge spricht Romana Ganzoni über ihren zweiten Roman.
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INSOMNIA. NACHTGEDANKENS VON IVO ANDRIĆ
Franz Kafka, ETA Hoffmann, Hermann Hesse – sie alle waren hoffnungslose Insomniker. Doch worin liegt das unsichtbare Band zwischen Schlaflosigkeit und Schriftstellerei? Auch der jugoslawische Jahrhundertschriftsteller Ivo Andrić litt zeit seines Lebens an Schlaflosigkeit. Das kürzlich erschienene Buch «Insomnia. Nachtgedanken» versammelt seine bisher z.T. unveröffentlichten Notizen darüber, was ihm nachts den Schlaf geraubt hatte. Ich habe mit meinem Kollegen Sebastien Fanzun über das Buch gesprochen.
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DIE ERFINDUNG DES UNGEHORSAMS VON MARTINA CLAVADETSCHER
Eine chinesische Sexpuppenfabrik ist der Arbeitsort von LING, eine der drei Protagonistinnen in Martina Clavadetschers neuem Roman "Die Erfindung des Ungehorsams". Und es ist der Ort, an dem später der Keim des Ungehorsams zu wachsen beginnt. Das Gespräch mit Martina Clavadetscher über künstliche Intelligenz, weibliche Selbstermächtigung und den uralten Wunsch nach Unsterblichkeit.