Das Leben ist verrückt!

Zwei Autoren, die sich vorher nicht kennen, lesen das Werk des anderen und tauschen aus – soweit das Konzept von „Im Dialog“.  Ein Risiko, wie Urs Faes betont, schliesslich sind Autoren aufmerksame und kritische Leser und nicht zuletzt auch Rivalen. Das Gespräch zwischen Faes und Kathy Zarnegin verläuft jedoch harmonisch.

Die Diskussion kommt bald auf die übliche Leserfrage: Wie autobiographisch  sind ihre Werke? Weder Faes noch Zarnegin negieren das autobiographische Fundament. Beide schreiben aufgrund von Beobachtungen an sich selbst und ihrem Umfeld. Doch diese Eindrücke werden versprachlicht, werden exemplarisch, damit der Leser sie nachvollziehen kann. Zarnegin spricht gar davon, den Leser an die Leine zu nehmen. Sie meint damit, den Rhythmus so zu gestalten, dass die Leseraufmerksamkeit fokussiert bleibt.

Wie sehr übertreiben Autoren? Fazit; gar nicht. Im Gegenteil, sie untertreiben massiv, um ihre Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren. So meint Zarnegin: Ein Mann, der auf ein Dekolleté starrt, ist ja eine Kleinigkeit. Faes kann nur hinzufügen: Die Wirklichkeit ist so verrückt, dass man eher zurücknimmt. Die Wahrhaftigkeit des Erzählten sei jedoch zentral. Es geht dabei nicht um Fakten, sondern um die präzise Erzeugung eines Bildes im Kopf. Dabei soll jedoch auch ein Leerraum bestehen bleiben, denn der mündige Leser selbst ausfüllt mit seinen eigenen Erfahrungen.

Eine besondere Herausforderung sieht gerade Faes im Verhältnis von Leben und Schreiben. Verpasst man über dem Schreiben das Leben? Zarnegin empfindet es nicht so: Wir haben das Glück verschiedene Leben haben zu können, mehrere. Beide haben jedoch Mühe mit den Übergängen, mit dem Anfangen. So putzt Zarnegin vorher die Badewanne, statt gleich mit Schreiben zu beginnen, während Faes auf stur schaltet. Er kann auch mehrere Stunden einfach dasitzen und auf das Startwort warten.

Nachdem im Kontext von Übertreibungen die Männerfiguren in Zarnegins Buch „Chaya“ angesprochen wurden, springt das Thema später auf die Frauenfiguren bei Faes. Zarnegin empfindet das Buch „Halt auf Verlangen“ als eine Widmung an die Frauen, die das Leben repräsentieren. Faes will da stärker differenzieren: Seine Frauen seien an das Leben gebunden, selbstbewusst und pragmatisch im Alltag.

Doch wie so oft, wenn das Gespräch richtig in Schwung kommt, ist das Ende bereits vor der Tür. Wer den beiden Autoren weiterfolgen möchte, kann Urs Faes heute um 16:00 Uhr im Palais Besenval hören und Kathy Zarnegin liest am Sonntag Nachmittag aus ihrem Romandebüt „Chaya“.