En attendant Göldin

Hüt heissts Rap-Showdown – HipHop trifft uf Literaturfestival – Göldin und Big Zis! Nume Göldin’s missing… abr keis Problem, d’Rapperin Big Zis bewiist Flexibilität und improvisiert: Tanz de Räge! Du treisch sLache als Uni-uni-uniform. Big Zis schaffts sbildete und au eher ältere Publikum zfasziniere mit ihrer Rhythmusgwalt, Satzmelodie und Wortvielfalt. Abr ned nur das, sie stellt sich au de Frage usem Publikum wo zerst no zögerlich aber denn immer muetiger chömed.

Chauvinismus im Rap? Das isch hüt ned viel anders wie früener, es git di einte und di andere. Es gaht drum sich zverkaufe mit Videoclips. Grad au Fraue, wo ihre Sex verkaufed unds Befreiig nenned, isch fürd Big Zis en zweischniidigi Sach, aber Manneärsch verkaufed sich halt ned. Mit de Klischees im Hiphop het sie scho vo Afang a gern gspielt und abgrechnet. De Rap het sie azoge – de Sexismus, Chauvinismus und und Neoliberalismus findet sie unmögli. Hüt het sie mit ihrem Rap en eigeti Welt gschaffe wo sie di eigentlich Szene gar nüm so intressiert.

Wie entstönd ihri Text? Schriftlich und ned mündlich zum Erstuune vom Publikum. Und stets mit emne Bispiel a Musigg als Basis, nachher wachst das ganze fast scho organisch zäme. Ihri Text treit sie komplett uswendig vor. Ihres Gedächtnis seg wiene Lagerhalle, alles schön in Regalgstell sortiert. Sie bereuts ned chönne Schlagzüg und Gitarre zspiele, und somit ned komplett unabhängig zsi vo andere, aber grad das Zämespiel machts wertvoll. Für ihri „Limitiertheit“ isch sie au dankbar.

Wie isches für sie Teil vomne etablierte Literaturfestival zsi? En Ritterschlag, isch die ironischi Antwort vo de Big Zis. Endlich seg sie acho i de Hochkultur, sowie ja au de Bob Dylan de Nobelpriis bercho het. Aber die einte wüsseds villech no: dBig Zis isch bereits vor drü Jahr am Solothurner Literaturfestival uftrete.

D’Sympathie vom Publikum het dBig Zis mit ihrer direkte Art und ihrer Ironie scho lang gunne. So lacht sPublikum au, wo sie meint, sie heg doch iz de doppelti Lohn verdient, da de Göldin ja uf sin Teil verzichtet. Zum Abschluss bringt sie no es paar Bispiel us ihrne früenere Raps. Si git debi Acht, ned die zpräsentiere wo si hüt Abig am 6i no zum Beste wird gäh. Und mit es bizeli Glück taucht au de Göldin für die musikalisch literarischi Performance uf.

 

Messerscharfe Mundakrobatik

Drei Performer mit je einem eigenen Stil, die sich aber alle in der Mundart-Szene bewegen. Eine Rapperin, die energiegeladen nach Reimen sucht, um Grenzen aufzubrechen; ein junger Texter, der sich den Schaden der Neophyten in der Schweiz zu Nutzen macht für seinen literarischen Werdegang; und eine Autorin, die das Sprachenwirrwarr mag, von sich aber behauptet, die Sprachen nicht gut zu beherrschen – das war SRF Schnabelweid «spoken word», live aus der Cantina del Vino in Solothurn. Moderatorin Monika Schärer stellte gezielt Fragen und Mundart-Redaktor Markus Gasser versuchte die Gäste Big Zis, Emanuel Bundi und Ariane von Graffenried sprachlich aus der Reserve zu locken, worauf sich diese aber nicht immer einliessen.

Big Zis’ Performance war geprägt von den klaren Rhythmen und wechselnder Stimmlage und beeindruckte durch schnelle Reime und Wortwiederholungen. Gasser meint dazu: «In diesen Wörtern kann man sich treiben lassen, sie sind mehr als nur Spielerei, denn es sind ernste Themen, die angesprochen werden.» Der Text lebt genau von diesen Bewegungen und Veränderungen und nicht vom einzelnen Wort. «Ich mag es gar nicht, wenn man diese Sachen so genau auseinandernimmt, denn dann bleibt nicht mehr viel übrig», ergänzt sie lachend. Dies hat leider auch zur Folge, dass der Zuschauer nicht jede Anspielung nachvollziehen kann, da das Tempo der vermittelten Gedanken unglaublich schnell ist. In dem Moment, indem sie von der beschwerlichen Planung des neuen Albums spricht, fliegt eine Taube aus dem hinteren Barraum zielstrebig durch die offene Tür nach draussen. Ob dies wohl die Muse war, scherzt Schärer.

Bundis Text in nicht ganz reinem Berndeutsch, wie Gasser betont, nimmt den Zuhörer mit zu einer Begegnung mit Zipfel, der im Zivildienst Neophyten zupft mit Asylanten, die dadurch lernen, wie mit Eindringlingen umgegangen wird. Was erstmal ernsthaft klingt, wird durch Bundis Performance zu einem amüsanten Erlebnis. Laut Gasser bleibt denn auch die Frage offen, wer denn jetzt wem wodurch schade und ob man darin einen gewissen Rechtspopulismus lesen könne. Bundi umschifft die Frage und betont das Positive: «Die Neophyten sind nützlich für meinen literarischen Werdegang, PUNKT.» Was wieder für einige Lacher sorgt.

Weiter über den Schweizer Tellerrand wagt sich Ariane von Graffenried hinaus. Sie trägt Texte vor, die von Fernweh und fremden Welten durchdrungen sind, und die durch wortgewandte Wendungen in Deutsch, Mundart, Französisch und Italienisch imponieren. Ihr gefalle der Klang der verschiedenen Sprachen, durch die auch immer wieder neue Reimmuster entstehen. Durch die Globalisierung vermische sich alles neu. Gasser deutet darauf hin, dass verschiedene Traditionen in ihren Texten vorkommen, z.B. Sätze von Mani Matter. Dürfe man Tradition in Häppchen servieren? «Man darf alles», ist von Graffenrieds eindeutige Antwort darauf.

Auf die Schlussfrage, was die drei denn von Trauffer und seiner Art der Mundart-Performance in «Heiterefahne» halten, überschlagen sich die Antworten. Big Zis findet es problematisch, die eigene Heimat derart zu idealisieren; von Graffenried bezeichnet Trauffers Musik als folkloristischen Schlager, der nicht zu vergleichen ist mit dem, was sie machen; und Bundi plädiert dafür, den Fans diese Illusion der schönen Heimat zu belassen. Hätte Monika Schärer die Diskussion nicht unterbrochen, wäre sie wohl noch deutlich explosiver geworden. Sie schliesst auch mit den Worten: Wir sind nun in einem kleinen Tümpel der spoken-word-Welt geschwadert und haben spannende Einblicke in das Schaffen der Performer erhalten. Und sie hat Recht, dies war ein Ausschnitt, der aufzeigt, wieviel es noch zu diskutieren und entdecken gibt, wie beispielsweise die musikalisch literarische Performance von Big Zis mit Göldin und Narcisse  am Samstag oder die Kurzlesung von Emanuel Bundi am Sonntag 

Simone Ullmann & Pia Weidmann